Erfolgloser Eilantrag gegen inzidenzabhängige Kontaktbeschränkungen bzgl privater Zusammenkünfte gem § 28b Abs 1 S 1 Nr 1 IfSG idF vom 22.04.2021 – Folgenabwägung (Ablehnung einstweilige Anordnung des BVerfG 1. Senat 1. Kammer)

BVerfG 1. Senat 1. Kammer, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 20.05.2021, AZ 1 BvR 900/21, ECLI:DE:BVerfG:2021:rk20210520.1bvr090021

Art 2 Abs 1 GG, Art 2 Abs 2 S 1 GG, § 32 Abs 1 BVerfGG, EpiBevSchG 4, § 28b Abs 1 S 1 Nr 1 IfSG vom 22.04.2021

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

1

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG (Kontaktbeschränkungen) hat keinen Erfolg.

I.

2

Der Beschwerdeführer macht geltend, § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG, der Zusammenkünfte der Angehörigen eines Haushalts nur mit einer weiteren Person zulasse, greife willkürlich in seine Grundrechte ein.

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1. Die Beschränkung privater Zusammenkünfte nach § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG ist eine der als sogenannte „Bundesnotbremse“ in § 28b IfSG geregelten Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 bei besonderem Infektionsgeschehen. Diese Maßnahmen kommen nur im Fall einer durch den Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite und nach derzeitiger Gesetzeslage längstens bis zum Ablauf des 30. Juni 2021 zur Anwendung (§ 28b Abs. 10 IfSG). Sie setzen außerdem voraus, dass die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 im Landkreis oder in der kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen den Schwellenwert von 100 je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (Sieben-Tage-Inzidenz) überschreitet (§ 28b Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz IfSG) und dieser Schwellenwert nicht an fünf aufeinander folgenden Werktagen wieder unterschritten ist (§ 28b Abs. 2 IfSG). § 28c IfSG ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung für Personen, bei denen von einer Immunisierung auszugehen ist oder die ein negatives Ergebnis eines Tests vorlegen können, Erleichterungen oder Ausnahmen von den in § 28b IfSG vorgesehenen Beschränkungen zu regeln.

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Der vom Beschwerdeführer angegriffene § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG hat folgenden Wortlaut:

§ 28b Bundesweit einheitliche Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bei besonderem Infektionsgeschehen, Verordnungsermächtigung

(1) Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die durch das Robert Koch-Institut veröffentlichte Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (Sieben-Tage-Inzidenz) den Schwellenwert von 100, so gelten dort ab dem übernächsten Tag die folgenden Maßnahmen:

1. private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum sind nur gestattet, wenn an ihnen höchstens die Angehörigen eines Haushalts und eine weitere Person einschließlich der zu ihrem Haushalt gehörenden Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres teilnehmen; Zusammenkünfte, die ausschließlich zwischen den Angehörigen desselben Haushalts, ausschließlich zwischen Ehe- oder Lebenspartnerinnen und -partnern, oder ausschließlich in Wahrnehmung eines Sorge- oder Umgangsrechts oder im Rahmen von Veranstaltungen bis 30 Personen bei Todesfällen stattfinden, bleiben unberührt; […]

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§ 28b Abs. 2 IfSG regelt, wann diese Maßnahme außer Kraft tritt:

(2) Unterschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt ab dem Tag nach dem Eintreten der Maßnahmen des Absatzes 1 an fünf aufeinander folgenden Werktagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 100, so treten an dem übernächsten Tag die Maßnahmen des Absatzes 1 außer Kraft. Sonn- und Feiertage unterbrechen nicht die Zählung der nach Satz 1 maßgeblichen Tage. Für die Bekanntmachung des Tages des Außerkrafttretens gilt Absatz 1 Satz 3 und 4 entsprechend. Ist die Ausnahme des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 Halbsatz 2 Buchstabe b wegen Überschreitung des Schwellenwerts von 150 außer Kraft getreten, gelten die Sätze 1 bis 3 mit der Maßgabe entsprechend, dass der relevante Schwellenwert bei 150 liegt.

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Die Verordnungsermächtigung in § 28c IfSG lautet wie folgt:

§ 28c Verordnungsermächtigung für besondere Regelungen für Geimpfte, Getestete und vergleichbare Personen

Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung für Personen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Corona-virus SARS-CoV-2 auszugehen ist oder die ein negatives Ergebnis eines Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlegen können, Erleichterungen oder Ausnahmen von Geboten und Verboten nach dem fünften Abschnitt dieses Gesetzes oder von aufgrund der Vorschriften im fünften Abschnitt dieses Gesetzes erlassenen Geboten und Verboten zu regeln. Rechtsverordnungen der Bundesregierung nach Satz 1 bedürfen der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat. Wenn die Bundesregierung von ihrer Ermächtigung nach Satz 1 Gebrauch macht, kann sie zugleich die Landesregierungen ermächtigen, ganz oder teilweise in Bezug auf von den Ländern nach dem fünften Abschnitt dieses Gesetzes erlassene Gebote und Verbote für die in Satz 1 genannten Personen Ausnahmen zu regeln.

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2. In zahlreichen der jüngst beim Bundesverfassungsgericht erhobenen Verfassungsbeschwerden wird die Kontaktbeschränkung nach § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG vor allem deshalb beanstandet, weil sie zunächst auch für private Zusammenkünfte mit bereits gegen COVID-19 geimpften Personen uneingeschränkt galt. Daher hat das Bundesverfassungsgericht in anderen Verfahren am 28. April 2021 zur weiteren Aufklärung schriftlich Fragen an den Deutschen Bundestag, die Bundesregierung, den Bundesrat, die Landesregierungen und an sachverständige Dritte gerichtet. Diese Fragen betrafen allein die Einbeziehung immunisierter Personen in die Kontaktbeschränkung.

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Kurz darauf hat die Bundesregierung von der Ermächtigung des § 28c IfSG Gebrauch gemacht. Auf der Grundlage der Ermächtigung des § 28c IfSG hat die Bundesregierung mit der Zustimmung des Bundestags und des Bundesrats die Verordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung – SchAusnahmV) vom 8. Mai 2021 erlassen. Nach § 4 Abs. 1 und 2 SchAusnahmV sind geimpfte und genesene Personen von der Beschränkung privater Zusammenkünfte nach § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG ausgenommen:

§ 4 Ausnahmen von der Beschränkung privater Zusammenkünfte nach § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Infektionsschutzgesetzes

(1) Die Beschränkung privater Zusammenkünfte nach § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Infektionsschutzgesetzes gilt nicht für eine private Zusammenkunft, an der ausschließlich geimpfte Personen oder genesene Personen teilnehmen.

(2) Bei einer privaten Zusammenkunft im Sinne von § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Infektionsschutzgesetzes, an der andere als geimpfte oder genesene Personen teilnehmen, gelten geimpfte Personen und genesene Personen nicht als weitere Person.

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Mit dieser Ausnahmeregelung ist die Belastung aus § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG entfallen, soweit sie allein in der Einbeziehung geimpfter oder auf andere Weise immunisierter Personen in die Kontaktbeschränkung gesehen wurde. Ob der Erlass einer einstweiligen Anordnung geboten wäre, wenn Personen, die genesen oder geimpft sind, hier nicht ausgenommen wären, muss nun nicht mehr entschieden werden. Im vorliegenden Verfahren beanstandet der Beschwerdeführer § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG indessen unabhängig von der Frage der Einbeziehung immunisierter Personen in die Kontaktbeschränkung.

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3. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG verfassungswidrig sei. Die Regelung habe für ihn zur Folge, dass sein Vater ihn und seine Ehefrau besuchen dürfe, seine Mutter allerdings zu Hause bleiben müsse, obwohl sie mit dem Vater in einem Haushalt lebe. Umgekehrt dürfe er seine Eltern besuchen, dann müsse aber seine Frau zu Hause bleiben. Dies lasse sich auf andere Kontakte im Familien- und Freundeskreis übertragen. Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen seien durch die Beschränkung nicht zu erkennen und zu erreichen. Er beantragt in der Sache den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

II.

11

Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Die dafür nach § 32 Abs. 1 BVerfGG erforderlichen Voraussetzungen (1) liegen nicht vor (2).

12

1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Bei der Entscheidung über die einstweilige Anordnung haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Maßnahmen vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die in der Hauptsache zu entscheidende Verfassungsbeschwerde erwiese sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 140, 99 <106 Rn. 11>; 143, 65 <87 Rn. 35>; stRspr). Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens muss das Bundesverfassungsgericht im Rahmen einer Folgenabwägung die Nachteile abwägen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber in der Hauptsache Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 140, 99 <106 Rn. 11>; 143, 65 <87 Rn. 35>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. April 2021 – 2 BvR 547/21 -, Rn. 73 jeweils m.w.N.; stRspr). Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, gelten dafür besonders hohe Hürden (vgl. BVerfGE 140, 99 <106 f. Rn. 12>; stRspr). Denn das Bundesverfassungsgericht darf von seiner Befugnis, den Vollzug eines Gesetzes auszusetzen oder bereits das Inkrafttreten eines Gesetzes vorläufig zu unterbinden, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen, weil dies einen erheblichen Eingriff in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers darstellt (vgl. BVerfGE 140, 99 <106 f. Rn. 12>). Das Bundesverfassungsgericht setzt ein Gesetz nur dann nach § 32 Abs. 1 BVerfGG vorläufig außer Vollzug, wenn die Gründe für den Erlass der einstweiligen Anordnung überwiegen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 5. Mai 2021 – 1 BvR 781/21 u.a. -, Rn. 20 m.w.N.).

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2. Danach hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob der Antrag den insoweit geltenden Zulässigkeitsanforderungen genügt (vgl. dazu BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 22. Dezember 2020 – 1 BvR 2756/20 u.a. -, Rn. 4; stRspr) und ob die hier gleichzeitig erhobene Verfassungsbeschwerde überhaupt zulässig oder begründet sein könnte. Jedenfalls überwiegen die Nachteile, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Antrag aber in der Hauptsache Erfolg hätte, nicht gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die gesetzliche Regelung antragsgemäß vorläufig außer Vollzug gesetzt würde, der Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache aber der Erfolg zu versagen wäre. Dass durch den Vollzug der Kontaktbeschränkung trotz der Ausnahme für alle Personen, die genesen oder geimpft sind, Nachteile drohten, die nach § 32 Abs. 1 BVerfGG den Erlass einer einstweiligen Anordnung gebieten würden, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt und ist auch ansonsten nicht ersichtlich.

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a) Im Regelfall beschränkt § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG jedenfalls die Zusammenkunft mit älteren Angehörigen wegen deren Möglichkeit, Impfungen zu erhalten, nicht mehr unüberwindbar. Allerdings sind Freiheiten insofern weiterhin beschränkt, als für Personen, die weder genesen noch geimpft sind, eine private Zusammenkunft von Angehörigen eines Haushalts mit mehr als einer weiteren Person auch jetzt noch unzulässig ist. Davon sind aber Kinder, die zu einem der beiden Haushalte gehören, bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres ausgenommen. Dies erleichtert vor allem die Gestaltung des Alltags in Familien, auch soweit sie noch nicht von der Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 1 und 2 SchAusnahmV profitieren können. Zudem ist die Geltung der Kontaktbeschränkung an den Schwellenwert der Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 gekoppelt und regional auf den jeweils betroffenen Kreis beschränkt. Entfalten die Maßnahmen zum Schutz vor der Ansteckung die vom Gesetzgeber erstrebte Wirkung, tritt die Kontaktbeschränkung nach § 28b Abs. 2 Satz 1 IfSG außer Kraft. Ohnehin ist die Geltungsdauer der Regelung nach der derzeitigen Rechtslage bis längstens zum 30. Juni 2021 begrenzt (§ 28b Abs. 10 IfSG).

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b) Auf der anderen Seite dient die nach der Ausnahme für immunisierte Personen verbleibende Einschränkung als Teil des Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite dazu, eine Abschwächung des Infektionsgeschehens zu erreichen (BTDrucks 19/28444, S. 1) und die Wahrscheinlichkeit zu senken, dass es zu vermehrten Ansteckungen kommt (ebd., S. 11). Das Gesetz wurde im April 2021 in Kraft gesetzt. Der Gesetzgeber sah die aktuelle infektionsepidemiologische Lage der COVID-19-Pandemie in Deutschland als besorgniserregend an: Die weltweite epidemiologische Situation im Hinblick auf die Ausbreitung von Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 entwickle sich weiterhin sehr dynamisch. Verschiedene neue Virusvarianten (Mutationen) mit ernst zu nehmenden Veränderungen in den Viruseigenschaften verbreiteten sich rapide. Virusvarianten seien infektiöser und tödlicher. Durch die Verbreitung der Virusvarianten sei auch der Impferfolg gefährdet, da es möglicherweise zur Reinfektion der Geimpften kommen könne (ebd., S. 8). Das Coronavirus SARS-CoV-2 werde vornehmlich durch die Atemluft übertragen. Wechselnde Zusammenkünfte zwischen Menschen erhöhten das Risiko im Hinblick auf Ansteckungen. Deshalb sei eine Begrenzung auf Zusammenkünfte von einem Haushalt mit höchstens einer weiteren Person vorgesehen. § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG trage dazu bei, Infektionsketten besonders wirksam zu unterbrechen (ebd., S. 11).

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Die Situation gebiete effektive Maßnahmen zur Reduzierung der zwischenmenschlichen Kontakte, um der staatlichen Schutzpflicht für das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nachzukommen. Dabei sei insbesondere auch die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems weiterhin sicherzustellen (ebd., S. 8), dessen Überlastung sich auch in der Verschiebung ansonsten planbarer Behandlungen bei anderen Erkrankungen und der Erhöhung des Anteils vermeidbarer Todesfälle ausdrücke (ebd., S. 9). Der Gesetzgeber geht davon aus, dass eine Überlastung des Gesundheitswesens bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 drohe (ebd., S. 9). Daher greift die Kontaktbeschränkung, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten ist, gilt aber nur, solange eineSieben-Tage-Inzidenz von 100an fünf aufeinander folgenden Werktagen nicht unterschritten wird (§ 28b Abs. 2 IfSG). Seine Einschätzungen stützt der Gesetzgeber auch auf Erfahrungen in früheren Phasen der Pandemie; sie haben eine nachvollziehbare Grundlage (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 5. Mai 2021 – 1 BvR 781/21 u.a. -, Rn. 41).

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c) Solange die vom Gesetzgeber geregelte Inzidenzschwelle überschritten ist, überwiegen vor diesem Hintergrund die Nachteile der verbleibenden Kontaktbeschränkung nicht gegenüber den Nachteilen für einen wirksamen Infektionsschutz, wenn die Regelung in § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG als ein Baustein im Gesamtkonzept des Gesetzgebers zur Bekämpfung der Pandemie trotz der Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 ausgesetzt würde. Damit ist die einstweilige Anordnung nicht zu erlassen.

18

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.