Beschluss des BPatG München 4. Senat vom 06.05.2021, AZ 4 Ni 2/20 (EP)

BPatG München 4. Senat, Beschluss vom 06.05.2021, AZ 4 Ni 2/20 (EP), ECLI:DE:BPatG:2021:060521U4Ni2.20EP.0

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent EP 1 931 052

(DE 60 2007 022 348)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2021 durch die Vorsitzende Richterin Grote- Bittner sowie die Richter Dipl.-Ing. Müller, Dipl.-Ing. Matter, Dr. Söchtig sowie Dipl.- Ing. Tischler

für Recht erkannt:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Nichtigerklärung des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 931 052 (im Folgenden: Streitpatent). Die Beklagte ist als Inhaberin des Streitpatents mit der Bezeichnung „Method and system for sharing LNA circuitry in a single chip bluetooth and wireless LAN system“ („Verfahren und System zur gemeinsamen Benutzung eines LNA-Schaltkreises in einem Ein-Chip-Bluetooth- und einem drahtlosen LAN-System“), das am 9. Juli 2007 angemeldet und dessen Erteilung am 2. Mai 2012 veröffentlicht worden ist, in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführten Register eingetragen. Das Streitpatent, das die Prioritäten der US-Patentanmeldungen … vom 6. Dezember 2006 und … vom 12. Januar 2007 in Anspruch nimmt, wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 60 2007 022 348.2 geführt.

2

Das Streitpatent, das vollumfänglich angegriffenen wird, umfasst in seiner erteilten Fassung 14 Ansprüche mit dem unabhängigen Anspruch 1, den auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüchen 2 bis 10 sowie dem nebengeordneten Anspruch 11, nebst auf diesen rückbezogenen Unteransprüche 12 bis 14.

3

Die Klägerin macht geltend und begründet dies, das Streitpatent sei im Umfang der angegriffenen Ansprüche sowohl in der erteilten wie auch im Folgenden in den hilfsweise verteidigten Fassungen nicht patentfähig, nämlich weder neu noch auf erfinderischer Tätigkeit beruhend. Mit Schriftsatz vom 30. September 2020 bzw. mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2020 macht sie darüber hinaus hinsichtlich der unabhängigen Ansprüche 1 und 11 und der abhängigen Ansprüche 3 und 13 gemäß Hauptantrag, sowie mit Schriftsatz vom 13. November 2020 hinsichtlich der unabhängigen Ansprüche 1 und 10 gemäß Hilfsantrag 4 den Nichtigkeitsgrund der unzureichenden Offenbarung der Erfindung geltend.

4

Die Beklagte verteidigt das Streitpatent in der erteilten Fassung sowie in geänderten Fassungen mit den Hilfsanträgen 1 und 2, eingereicht mit Schriftsatz vom 30. September 2020, und mit den Hilfsanträgen 3 bis 6, eingereicht mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2020.

5

Die angegriffenen Ansprüche 1 und 11 lauten in der erteilten Fassung in der englischen Verfahrenssprache (mit hinzugefügten Merkmalsgliederungen in deutscher/englischer Sprache) wie folgt:

6

Anspruch 1

7

M1a Verfahren zum Verarbeiten von über ein Kommunikationsmedium empfangenen Signalen, wobei das Verfahren umfasst:

8

A method for processing signals received via a communication medium, the method comprising:

9

M1b – Empfangen,

10

receiving,

11

M1c über einen in einem Chip (302) integrierten, gemeinsam genutzten LNA (Low-Noise Amplifier/ rauscharmer Verstärker) (308),

12

via a shared LNA (308) integrated within a chip (302),

13

M1b1 eines Signals für ein erstes drahtloses Protokoll und

14

a signal for a first wireless protocol and

15

M1b2 eines Signals für ein zweites drahtloses Protokoll,

16

a signal for a second wireless protocol,

17

M1d wobei ein Transkonduktanzverstärker (315A)

18

wherein a transconductance amplifier (315A)

19

M1d1 in dem Chip (302)

20

within said chip (302)

21

M1d2 genutzt wird, um einen Ausgang des gemeinsam genutzten LNA (308) mit einem ersten Funkgerät (305) oder ersten Empfänger in dem Chip (302) zu koppeln,

22

is utilized to couple an output of said shared LNA (308) to a first radio (305) or first receiver in said chip (302)

23

M1d3 der zum Verarbeiten des Signals für das erste drahtlose Protokoll verwendet wird,

24

used for processing said signal for said first wireless protocol;

25

dadurch gekennzeichnet, dass

26

characterized in that

27

M1e – der gemeinsam genutzte LNA (308) in einem zweiten Funkgerät (303) oder zweiten Empfänger in dem Chip (302) integriert ist,

28

said shared LNA (308) is integrated within a second radio (303) or second receiver in said chip (302)

29

M1f der zum Verarbeiten des Signals für das zweite drahtlose Protokoll verwendet wird.

30

used for processing said signal for said second wireless protocol.

31

Anspruch 11

32

M11a System zum Verarbeiten von über ein Kommunikationsmedium empfangenen Signalen, wobei das System umfasst:

33

A system for processing signals received via a communication medium, the system comprising:

34

M11b – einen

35

a chip (302)

36

M11b1 ein erstes Funkgerät (305) oder ersten Empfänger umfassenden

37

comprising a first radio (305) or first receiver

38

M11b Chip (302),

39

M11b2 der zum Verarbeiten eines Signals für ein erstes drahtloses Protokoll verwendet wird, und

40

used for processing a signal for a first wireless protocol; and

41

M11c – wobei der Chip (302) einen gemeinsam genutzten LNA (308) umfasst,

42

said chip (302) comprises a shared LNA (308)

43

M11c1 der das Empfangen des Signals für das erste drahtlose Protokoll und

44

that enables receiving said signal for said first wireless protocol and

45

M11c2 eines Signals für ein zweites drahtloses Protokoll ermöglicht,

46

a signal for a second wireless protocol,

47

M11d wobei ein Transkondaktanzverstärker [sic!] (315A)

48

wherein a transconductance amplifier (315A)

49

M11d1 in dem Chip (302)

50

within said chip (302)

51

M11d2 dazu genutzt wird, einen Ausgang des gemeinsam genutzten LNA (308) mit dem ersten Funkgerät (305) oder ersten Empfänger zu koppeln,

52

is utilized to couple an output of said shared LNA (308) to said first radio (305) or first receiver;

53

dadurch gekennzeichnet, dass

54

characterized in that

55

M11e – der gemeinsam genutzte LNA (308) in einem zweiten Funkgerät (303) oder zweiten Empfänger in dem Chip (302) integriert ist,

56

said shared LNA (308) is integrated within a second radio (303) or second receiver in said chip (302)

57

M11f der zum Verarbeiten des Signals für das zweite drahtlose Protokoll verwendet wird.

58

used for processing said signal for said second wireless protocol.

59

Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 10 sowie 12 bis 14 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen. Wegen des Wortlauts der Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 6 wird auf die Anlagen zu den Schriftsätzen vom 30. September 2020 (Hilfsanträge 1 und 2) sowie vom 30. Oktober 2020 (Hilfsanträge 3 bis 6) verwiesen.

60

Die Klägerin ist der Auffassung, die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 11 gemäß Hauptantrag seien nicht so offenbart, dass der Fachmann sie ausführen könne. Sie begründet dies damit, dass eine räumliche Verortung des gemeinsam genutzten LNA innerhalb des zweiten Empfängers gemäß den Merkmalen M1e und M11e etwas technisch Unmögliches verlangen würde, da der gemeinsam genutzte LNA einerseits das erste Glied in der Kette der Systemkomponenten (gemeinsam genutzter LNA, erster Empfänger, zweiter Empfänger) sein müsse, und andererseits räumliche Grenzen in einem Chip nicht zu ziehen seien. Unterscheidungen jenseits der Funktion einer Systemkomponente im Sinne einer exakten räumlichen Grenzziehung seien auf einem Chip nicht möglich. Es sei daher nicht möglich, den gemeinsam genutzten LNA innerhalb oder außerhalb einer visualisierten Grenze eines angeblichen Empfängers anzuordnen.

61

In analoger Weise begründet die Klägerin die ihrer Ansicht nach mangelnde Ausführbarkeit der Gegenstände der abhängigen Ansprüche 3 und 13 des Streitpatents, gemäß denen der Transkonduktanzverstärker in dem zweiten Funkgerät oder zweiten Empfänger integriert ist.

62

Hinsichtlich der von ihr bestrittenen fehlender Patentfähigkeit stützt die Klägerin ihr Vorbringen insbesondere auf folgende Druckschriften:

63

NK7 US 6 917 815 B2,

64

NK8 US 2006 / 0 063 493 A1,

65

NK9 US 2005 / 0 070 325 A1,

66

NK10 US 2006 / 0 252 403 A1,

67

NK11 US 6 657 491 B2,

68

NK12 WO 2004 / 036 777 A1,

69

NK14 EMIRA, AHMED A. [et al.]: A Dual-Mode 802.11b/Bluetooth Receiver in 0.25µm BiCMOS. 2004 IEEE International Solid-State Circuits Conference. IEEE 2004 – ISBN 0-7803-8267-6/04

70

NK15 JP 2002 – 237 764 A,

71

NK15a englische Übersetzung der NK15

72

NK16 US 5 343 170 A,

73

NK17 JP 2005 – 348 109 A,

74

NK17a englische Maschinenübersetzung der NK17

75

NK18 EP 1 583 292 A2,

76

und meint, das Streitpatent sei bereits nicht neu gegenüber der Druckschrift NK7. Für die Einordnung als erstes und zweites Funkgerät komme es nach dem Wortlaut der Ansprüche 1 und 11 lediglich darauf an, dass das System funktional dazu eingerichtet sei, Signale eines ersten sowie eines zweiten Protokolls zu empfangen. Der Fachmann verstehe nämlich im Streitpatent die Einordnung lediglich funktionale, nicht aber als physische Trennung, wie auch der Beschreibung in den Absätzen 0021 und 0023 der Streitpatentschrift zu entnehmen sei. Dieselbe funktionale Trennung offenbare auch die NK7. Ob es sich darüber hinaus auch um physisch unterscheidbare Geräte oder Schaltkreise handele, sei hingegen unerheblich. Der Dual-Band LNA sei bei der NK7 in das erste Funkgerät integriert. Insoweit sei es ausreichend, wenn sich der LNA räumlich in der Nähe des zweiten Funkgeräts befinde, also dem zweiten Funkgerät „zugeordnet“ sei und funktional für die Verarbeitung des Signals für das zweite Protokoll verantwortlich sei. Entsprechendes gelte auch für die Druckschrift NK8. Auch dort seien die beiden gemeinsam genutzten LNA jeweils für die Bearbeitung eines Signals für ein zweites Kommunikationsprotokoll verantwortlich und räumlich auch dem zweiten Funkgerät zugeordnet. Auch die Druckschrift NK9 sei neuheitsschädlich. Dass es sich dort bei dem dem gemeinsam genutzten LNA nachfolgenden Schaltkreis in körperlicher Hinsicht um denselben Schaltkreis handele, sei unerheblich. Entscheidend sei allein, dass über diesen Schaltkreis unterschiedliche Protokolle verarbeitet würden, so dass in funktionaler Hinsicht von unterschiedlichen Funkgeräten auszugehen sei. Schließlich sei der gemeinsam genutzte LNA auch in das zweite Funkgerät integriert, da er funktional für die Verarbeitung der Signale für das zweite Protokoll zuständig und dem zweiten Funkgerät zugeordnet sei.

77

Darüber hinaus beruhten die Lehren der Ansprüche 1 und 11 des Streitpatents zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Denn der mit der objektiven Aufgabe betraute Fachmann sei veranlasst gewesen, die NK10 oder die NK11 als Ausgangspunkt heranzuziehen und diese Lehren jeweils in naheliegender Weise entsprechend den Ansprüchen 1 und 11 des Streitpatents weiterzuentwickeln.

78

Die Druckschrift NK10 offenbare zwar nicht die Implementierung des dortigen Systems auf einem Chip. Jedoch habe die Implementierung eines Schaltkreises auf einem Chip zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents zum allgemeinen Handwerkszeug des Fachmanns gehört, und könne bereits deshalb kein erfinderisches Tun begründen (vgl. z. B. NK12). Der Fachmann wäre somit auch aufgrund einer naheliegenden Kombination der NK10 jeweils mit der NK7, NK8 oder NK9 zur streitpatentgemäßen Lehre gelangt.

79

Darüber hinaus sei die Lehre der Ansprüche 1 und 11 des Streitpatents auch ausgehend von der NK11 nahegelegt. Deren Gegenstand unterscheide sich vom Streitpatent lediglich durch das Fehlen einer drahtlosen Übertragung. Die Implementierung des Systems der NK11 für die Kommunikation mittels drahtloser Protokolle habe für den mit der objektiven Aufgabe betrauten Fachmann nahegelegen. Denn er habe erkennen können, dass die Lehre der NK11 ohne Weiteres auch in einer drahtlosen Umgebung, sei es im Rahmen eines drahtlosen Tuners oder in einer anderen drahtlosen Netzwerkumgebung, habe implementiert werden können.

80

Die zusätzlichen Merkmale der Unteransprüche könnten den unabhängigen Ansprüchen 1 und 11 nichts hinzufügen, was Neuheit oder erfinderische Tätigkeit begründen könne.

81

Die Klägerin hält sämtliche Hilfsanträge für nicht zulässig, da sie Schutzbereichserweiterungen oder unzulässige Erweiterungen gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen enthielten oder die Erfindungen nicht hinreichend deutlich und vollständig offenbart seien. Jedenfalls seien die Gegenstände aller Hilfsanträge ebenfalls nicht patentfähig.

82

Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 21. Juli 2020 mit einer Frist zur abschließenden Stellungnahme bis zum 30. Oktober 2020 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2021 einen weiteren rechtlichen Hinweis erteilt.

83

Die Klägerin beantragt,

84

das europäische Patent 1 931 052 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

85

Die Beklagte beantragt,

86

die Klage abzuweisen,

87

hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 6, eingereicht mit den Schriftsätzen vom 30. September 2020 und 30. Oktober 2020, erhält.

88

Sie tritt der Auffassung der Klägerin in allen Punkten entgegen. Das Streitpatent sei neu gegenüber der NK7, weil diese Druckschrift. an keiner Stelle einen gemeinsamen Chip, der ein erstes Funkgerät oder einen ersten Empfänger umfasse, der einen gemeinsam genutzten LNA umfasse, in dem ein Transkonduktanzverstärker vorgesehen sei und in dem ein zweites Funkgerät oder zweiter Empfänger integriert sei, offenbare. Auch enthalte die NK7 keine Offenbarung, dass der Simultan-Dualband-Empfänger die Fähigkeit haben könnte, Signale für mehrere unterschiedliche drahtlose Protokolle verarbeiten zu können. Entsprechend verhalte es sich mit dem Transkonduktanzverstärker. Schließlich sei der LNA auch in kein zweites Funkgerät oder zweiten Empfänger integriert. Angesichts der vielfältigen strukturellen und konzeptionellen Unterschiede zwischen der beanspruchten Erfindung gemäß Streitpatent einerseits und NK7 andererseits beruhten die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 sowie 11 gegenüber der NK7 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

89

Das Streitpatent sei auch neu gegenüber der NK8. So fehle zum einen in der Offenbarung der NK8 ein Transkonduktanzverstärker, der dazu genutzt werde, einen Ausgang des gemeinsam genutzten LNA mit dem ersten Funkgerät oder ersten Empfänger zu koppeln. Ferner offenbare die NK8 nicht, dass der gemeinsam genutzte LNA in einem zweiten Funkgerät oder zweiten Empfänger in dem Chip integriert sei, der zum Verarbeiten eines Signals für ein zweites drahtloses Protokoll verwendet werde.

90

Der Gegenstand des Streitpatents beruhe gegenüber dem Inhalt der NK8 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da diese dem Fachmann bereits keinerlei Hinweis auf das anspruchsgemäße Vorsehen eines einem gemeinsam genutzten LNA örtlich zugeordneten zweiten Funkgeräts oder zweiten Empfängers zum Verarbeiten eines Signals für ein zweites drahtloses Protokoll zusätzlich zu einem ersten Funkgerät oder ersten Empfänger zum Verarbeiten eines Signals für ein erstes drahtloses Protokoll gebe.

91

Das Streitpatent sei auch neu gegenüber der NK9. Die NK9 offenbare weder einen zweiten Empfänger, noch die Lehre, dass ein gemeinsam genutzter LNA in einem zweiten Funkgerät oder zweiten Empfänger in dem Chip integriert sei. Schließlich fehle es auch an einer Offenbarung dergestalt, dass der das erste Funkgerät oder den ersten Empfänger umfassende Chip auch den gemeinsam genutzten LNA umfasse.

92

Aufgrund der konzeptionell grundsätzlich unterschiedlichen Architekturen von den aus der NK9 bekannten Gegenständen einerseits und der gemäß Streitpatent beanspruchten Erfindung andererseits sei zudem in keiner Weise ersichtlich, wie ein Fachmann ausgehend von der NK9 naheliegend zu den Gegenständen der unabhängigen Patentansprüche 1 oder 11 gemäß Streitpatent gelangen könnte.

93

Die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche beruhten auch unter Berücksichtigung der NK10 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

94

Die NK10 offenbare nicht, dass die diversen Komponenten der Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 bzw. 11 des Streitpatents in einem gemeinsamen Chip integriert seien.

95

Die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 11 beruhten ferner auch gegenüber der NK10 in Zusammenschau mit der NK7, NK8, NK9 oder NK12 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

96

Keines der Dokumente NK7, NK8, NK9 lehre die Integration eines gemeinsam genutzten LNA, eines Transkonduktanzverstärkers, eines ersten Funkgeräts oder ersten Empfängers und eines zweiten Funkgeräts oder zweiten Empfängers in einem einzigen Chip. Schon aus diesem Grund wäre für den Fachmann, selbst wenn er die NK10 mit einem der Dokumente NK7, NK8 oder NK9 kombinieren würde, weder die Merkmalsgruppe 11b), 11b1), 11c), 11d), 11d1), 11e) noch die Merkmalsgruppe 1c), 1d), 1d1), 1e) nahegelegt.

97

Die NK12 wiederum lehre von der Implementierung mehrerer Funkgeräte bzw. Empfänger zum Verarbeiten unterschiedlicher Kommunikationsstandards auf einem gemeinsamen Chip gerade weg. Ein Fachmann würde daher eine Kombination der NK10 mit der NK12 zum Implementieren von zwei Empfängern bzw. Funkgeräten – und zusätzlich eines gemeinsam genutzten LNA und eines Transkonduktanzverstärkers – in einen einzigen Chip nicht in Betracht ziehen. Stattdessen würde der im naheliegenden Bereich operierende Fachmann die Halbleiterfläche dadurch klein halten, dass er ein Funkgerät oder einen Empfänger für verschiedene drahtlose Protokolle umkonfigurierbar gestalten würde, wie dies die NK12 lehre.

98

Auch die NK11 stehe der Annahme einer erfinderischen Tätigkeit nicht entgegen. So seien drahtlose Protokolle in der NK11 nicht erwähnt. Entsprechend verhalte es sich auch mit dem Transkonduktanzverstärker, der dazu genutzt werde, einen Ausgang eines gemeinsam genutzten LNA mit einem ersten Funkgerät oder ersten Empfänger zu koppeln. Schließlich sei bei der NK11 der LNA auch in keinem der Empfänger integriert.

99

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und den weiteren Inhalt der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

100

Die Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Patentfähigkeit und mangelnden Offenbarung gemäß Art. 138 Abs. 1 Buchstaben a), b) i. V. m. Art. 54, 56 EPÜ i. V. m. Art. II § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 IntPatÜG geltend gemacht werden, ist zulässig.

101

Die von Amts wegen zu prüfende Prozessführungsbefugnis der Beklagten ist zu bejahen. Die Beklagte ist zwar nicht im europäischen Register als Inhaberin des Streitpatents eingetragen (dort ist noch ihre Rechtsvorgängerin eingetragen) – sie ist jedoch im Register des Deutschen Patent- und Markenamtes als Inhaberin des Streitpatents vermerkt. Vorliegend ist die Klage gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 PatG i.V.m. § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG in zulässiger Weise gegen die im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragene Beklagte gerichtet, da das nationale Register insoweit maßgeblich ist (vgl. BPatG Urteil vom 26. Juni 1991, 2 Ni 34/90; BPatG Urteil vom 29. November 2005, 4 Ni 53/04; Busse, PatG, 9. Aufl., § 81, Rdn. 116; Schulte, PatG, 11. Aufl., § 81, Rdn. 13).

102

Bei dem von der Klägerin mit Schriftsatz vom 30. September 2020 bzw. vom 29. Oktober 2020 neu geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der unvollständigen Offenbarung der Erfindung handelt es sich um eine zulässige Klageänderung gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 263 ZPO. Sie ist sachdienlich, da mit der Zulassung des neuen Nichtigkeitsgrundes ein weiterer Prozess vermieden werden kann (vgl. hierzu BeckOK ZPO, 40. Edition, Stand 01.03.2021, § 263, Rdnr. 10). Nicht zuletzt hat sich die Beklagte hierauf auch rügelos eingelassen, so dass ihre Einwilligung in die Klageänderung gemäß § 99 Abs. 1 PatG i.V.m. § 267 ZPO anzunehmen ist.

103

Die Nichtigkeitsklage ist jedoch unbegründet, weil der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung sowohl ausführbar offenbart ist, als auch patentfähig, nämlich gegenüber dem verfahrensgegenständlichen Stand der Technik als neu und auf erfinderischer Tätigkeit beruhend gilt, mithin rechtsbeständig ist. Auf die Hilfsanträge 1 bis 6 kam es daher nicht an.

I.

104

1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und ein System zur gemeinsamen Benutzung eines LNA Schaltkreises in einem Ein-Chip-Bluetooth- und WLAN-System.

105

Ausgangspunkt der Erfindung sei, dass sich mobile, drahtlose und/oder tragbare Endgeräte in zunehmendem Maße zu multifunktionalen “
All-in-One„-Kommunikationsgeräten entwickeln würden. D. h., dass in ihnen eine zunehmende Anzahl von Funktionen zum Bedienen einer Vielzahl von drahtlosen Kommunikationsdiensten integriert sei. So könne ein einziges tragbares Endgerät beispielsweise eine Kommunikation über ein Bluetooth-Netzwerk und eine Kommunikation über ein drahtloses lokales Netzwerk (WLAN) ermöglichen (Streitpatentschrift, Abs. 0002).

106

Ein Großteil der Frontend-Verarbeitung für drahtlose Kommunikationsdienste werde in analogen Schaltungen durchgeführt. Die Frontend-Verarbeitung in einem tragbaren Gerät könne hierbei eine Reihe von Schritten umfassen, die den Empfang von Hochfrequenz-(HF-)Signalen über eine Antenne beinhalten würden. Zu den Aufgaben eines Empfängers für HF-Signale könnten beispielsweise eine Demodulation, Filterung und Analog-Digital-Wandlung (ADC) gehören. Eine Berücksichtigung des Rauschens sei wichtig, da die Stärke des empfangenen HF-Signals möglicherweise gering sei. Das resultierende Ausgangssignal des Frontends werde als Basisbandsignal bezeichnet. Das Basisbandsignal enthalte in der Regel digitale Daten, die anschließend in einer digitalen Schaltung im tragbaren Endgerät verarbeitet werden könnten (Abs. 0003).

107

Die Frontend-Verarbeitung innerhalb eines tragbaren Endgeräts könne auch das Senden von HF-Signalen umfassen. Zu den Senderaufgaben, die ausgehend von einem Basisbandsignal ausgeführt würden, gehörten beispielsweise eine Digital-Analog-Wandlung (DAC), Filterung, Modulation und Leistungsverstärkung (PA). Das leistungsverstärkte HF-Signal werde in der Regel über eine Antenne gesendet. Die Antenne, die zum Empfang eines HF-Signals verwendet werde, könne dieselbe Antenne sein, die zum Senden eines HF-Signals an dem tragbaren Endgerät verwendet werde (Abs. 0004).

108

Eine Limitierung im Zusammenhang mit einer zunehmenden Integration von drahtlosen Kommunikationsdiensten in einem einzigen tragbaren Endgerät bestünde darin, dass der analoge HF-Schaltungsteil für jeden einzelnen drahtlosen Kommunikationsdienst in einer separaten integrierten Schaltung (IC) oder Chip implementiert würde. Dies könne zu einer Reihe von Nachteilen und/oder Einschränkungen bei solchen tragbaren Endgeräten führen. Zum Beispiel könne die zunehmende Anzahl von Chips das Ausmaß begrenzen, in dem die physikalischen Abmessungen des tragbaren Endgeräts miniaturisiert werden könnten. So könne die zunehmende Integration zu klobigen Endgeräten führen, die den Bedürfnissen der Verbraucher weniger gerecht würden (Abs. 0005).

109

Weiter könne sich die Anzahl der Chips dadurch erhöhen, dass die Notwendigkeit bestünde, die mit jedem HF-IC verbundenen Zusatzschaltungen zu replizieren. Zum Beispiel könne jeder HF-IC eine separate rauscharme Verstärkerschaltung (LNA), eine separate Leistungsverstärkerschaltung und eine separate Quarzoszillatorschaltung zur Erzeugung von Takt- und Zeitsignalen innerhalb jedes HF-ICs erfordern. Eine ähnliche Replikation könne bei digitalen IC-Vorrichtungen auftreten, die für die Verarbeitung von Basisbandsignalen von jedem separaten drahtlosen Kommunikationsdienst verwendet würden (Abs. 0005).

110

Einhergehend mit einer steigenden Anzahl von IC-Komponenten könne es auch zu einem entsprechenden Anstieg des Stromverbrauchs innerhalb des tragbaren Endgeräts kommen. Dies könne zusätzliche Nachteilen nach sich ziehen, wie z. B. eine erhöhte Betriebstemperatur und eine verringerte Batterielebensdauer (Abs. 0006).

111

Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe besteht vor dem Hintergrund der Gesamtoffenbarung des Streitpatents darin, eine gegenüber dem Stand der Technik verbesserte integrierte Schaltung zum Empfang von Signalen für mehrere drahtlose Protokolle bereitzustellen, wobei die Schaltung den begrenzten räumlichen Kapazitäten innerhalb eines solchen Gerätes Rechnung trägt.

112

2. Diese Aufgabe wird mit einem Verfahren nach Anspruch 1 sowie einem System nach Anspruch 11 gelöst.

113

3. Als zuständigen Fachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik mit Schwerpunkt Nachrichtentechnik und mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Telekommunikation, insbesondere der Konzeption und Entwicklung von integrierten, analogen Hochfrequenz-Schaltungen für Telekommunikations-Endgeräte.

114

4. Der Fachmann versteht den Gegenstand des Streitpatents und die Angaben in den Ansprüchen wie folgt:

115

a) Da das Streitpatent einerseits von mobilen, drahtlosen und/oder tragbaren Endgeräten als Ausgangspunkt ausgeht (Abs. 0002), in den Figuren 1 bis 3 jeweils eine Antenne (121, 201, 301) zum Empfangen von Signalen dargestellt ist, und andererseits im Zusammenhang mit den abhängigen Ansprüchen 12 bzw. 14 ein WLAN- bzw. Bluetooth-Funkgerät oder -Empfänger als erstes bzw. zweites Funkgerät oder Empfänger definiert wird, entnimmt der Fachmann dem Streitpatent, dass es sich bei dem im Merkmal M11a genannten Kommunikationsmedium um die Luftschnittstelle handelt. Gemäß den Absätzen 0003, 0004, 0018, 0021, 0024, 0032, 0038 und 0044 der Beschreibung des Streitpatents handelt es sich bei den über das Kommunikationsmedium empfangenen Signalen um Hochfrequenzsignale („
RF signals“).

116

b) Gemäß dem Merkmal M11b umfasst das System einen Chip. Als Chip versteht der Fachmann ein Plättchen oder Trägersubstrat aus einem Halbleitermaterial, auf und/oder in dem sich eine elektrische Schaltung und/oder mikroelektronische Schaltelemente befinden.

117

c) Der Chip umfasst gemäß dem Anspruch 11 zumindest die folgenden Komponenten:

118

– ein erstes Funkgerät oder ersten Empfänger (Merkmal M11b1) und

119

– einen gemeinsam genutzten LNA (Merkmal M11c).

120

In dem Chip befinden sich zudem

121

– ein Transkonduktanzverstärker (Merkmale M11d und M11d1) und

122

– ein zweites Funkgerät oder zweiten Empfänger (Merkmal M11e).

123

Die verbindliche englischsprachige Fassung des Merkmals M11b1 lautet „
comprising a first radio (305) or first receiver“. In der deutschsprachigen Fassung der Patentansprüche gemäß Streitpatentschrift ist der englische Begriff „
radio“ zwar mit „
Funkgerät“ übersetzt, ein Fachmann übersetzt bei integrierten Schaltungen „
radio“ jedoch typischerweise mit „
HF-Teil“ oder mit „
Sender-/Empfängerschaltung“, insbesondere zur Abgrenzung gegenüber einem „
Basisbandteil“ oder „
Basisbandchip“. Entsprechendes gilt für die Übersetzung des Merkmals M11e. Nachfolgend verwendet der Senat dennoch weiterhin den Begriff „
Funkgerät“, jedoch mit dem Wissen, dass dieser inhaltlich für den englischsprachigen Begriff „
radio“ steht.

124

Da Halbleiterchips üblicherweise eine Vielzahl von Bauelementen bzw. Schaltkreisen aufweisen, liest der Fachmann beim Anspruch 11 mit, dass der Chip außer den explizit genannten Komponenten auch noch weitere Komponenten aufweisen kann.

125

d) Die Gesamtoffenbarung des Streitpatents berücksichtigend, insbesondere auch aufgrund der verwendeten Zahlwörter “
erstes“ und “
zweites„, versteht der Fachmann die mit den Merkmal M11b1 und M11e eingeführten Funkgeräte oder Empfänger dahingehend, dass es sich bei dem ersten Funkgerät oder ersten Empfänger (Merkmal M11b1) einerseits und dem zweiten Funkgerät oder zweiten Empfänger (Merkmal M11e) andererseits um separate körperliche Schaltungen handelt, d. h. um räumlich unterscheidbare Funkgeräte oder Empfänger. Dabei gehört es zum Wissen des Fachmanns, dass auf einem Kommunikationschip das Layout (die Anordnung) der verschiedenen Schaltungsblöcke, insbesondere der analogen Hochfrequenzschaltungen, wie Sender oder Empfänger, regelmäßig möglichst kompakt ausgeführt wird, um gegenseitige Störungen zu vermeiden.

126

e) Unter einem rauscharmen Verstärker (LNA, „
Low Noise Amplifier“) (Abs. [0011]) versteht der Fachmann einen Verstärker, der sich schaltungstechnisch durch besondere Rauscharmut auszeichnet, insbesondere um extrem schwache Eingangssignale zu verstärken. LNAs bilden bei Vorrichtungen zum Empfang und zur Weiterverarbeitung von drahtlos empfangenen Signalen, deren Signal-zu-Rausch-Verhältnis häufig klein ist, regelmäßig eine der ersten Baugruppen im Empfangspfad bzw. Frontend eines Empfängers. Gemäß dem Merkmal M11c soll ein LNA „
gemeinsam“ genutzt werden. Aus den Angaben in den Merkmalen M11c1 und M11c2, sowie dem Absatz [0047] der Beschreibung des Streitpatents geht hervor, dass der gemeinsam genutzte LNA das Empfangen eines Signals für ein erstes drahtloses Protokoll und eines Signals für ein zweites drahtloses Protokoll ermöglichen soll. Dies kann aus fachmännischer Sicht auf mindestens zwei unterschiedliche Arten erfolgen: entweder gleichzeitig oder zeitlich nacheinander. Die Gesamtoffenbarung des Streitpatents berücksichtigend, erfolgt durch das Merkmal M11c keine Einschränkung auf lediglich eine der beiden Funktionsweisen.

127

f) Der Fachmann versteht im Zusammenhang mit den Merkmalen M11b1, M11b2 und M11f, dass mit den Formulierungen „
a signal for a […]
wireless protocol“ ein „
Signal gemäß einem Protokoll für ein drahtloses Kommunikationssystem“ gemeint ist.

128

Aus fachmännischer Sicht handelt es sich bei einem „
Protokoll“ um eine im Allgemeinen in Standards bzw. Konventionen festgelegte Vereinbarung für eine Datenübertragung zwischen Kommunikationseinheiten. Im Absatz 0020 der Beschreibung der Streitpatentschrift wird als Beispiel eines drahtlosen Protokolls der Standard IEEE 802.11g/n für drahtlose lokale Netze (WLAN, Wireless Local Area Network) aufgeführt. In den Absätzen 0011, 0047 und 0048 sowie den abhängigen Ansprüchen 4 und 5 werden im Zusammenhang mit dem ersten bzw. dem zweiten drahtlosen Protokoll ein Bluetooth- sowie ein WLAN-Protokoll erwähnt. Gemäß Absatz 0021 können die Signale für die beiden drahtlosen Protokolle auch in unterschiedlichen Frequenzbändern empfangen werden.

129

g) Gemäß dem Merkmal M11e ist der gemeinsam genutzte LNA in dem zweiten Funkgerät oder zweiten Empfänger des Chips integriert.

130

Aus Sicht des Fachmanns resultiert aus einer Integration von analogen (HF- )Schaltungen – wie bereits dargelegt – eine räumliche Verortung des gemeinsam genutzten LNA innerhalb des zweiten Funkgeräts oder zweiten Empfängers.

131

h) Wie auch im Absatz 0042 der Beschreibung des Streitpatents ausgeführt, handelt es sich bei einem Transkonduktanzverstärker (Merkmal M11d) um eine Schaltung zur Signalverstärkung, die eine Differenzspannung an ihren beiden Eingängen in einen hierzu proportionalen Ausgangsstrom wandelt. Bei der in der Figur 4 des Streitpatents dargestellten Ausführungsform ist der Transkonduktanzverstärker durch zwei miteinander als Differenzverstärker gekoppelte Feldeffekttransistoren gebildet (Abs. 0042).

132

Gemäß dem Merkmal M11d2 wird der Transkonduktanzverstärker dazu genutzt, einen Ausgang des gemeinsam genutzten LNA mit dem ersten Funkgerät oder ersten Empfänger zu koppeln.

133

Aus Sicht des Fachmanns resultiert aus dem Merkmal M11d2, dass der Transkonduktanzverstärker in Signalflussrichtung nach dem gemeinsam genutzten LNA angeordnet ist.

134

Aus dem Merkmal M11d1 geht zwar hervor, dass sich der Transkonduktanzverstärker in dem Chip befindet. Eine weitere Konkretisierung der räumlichen Anordnung/Positionierung des Transkonduktanzverstärkers in Bezug auf den Chip kann dem Anspruch 11 des Streitpatents nicht entnommen werden. Eine entsprechende Präzisierung erfolgt erst im abhängigen Anspruch 13, wonach der Transkonduktanzverstärker in dem zweiten Funkgerät oder zweiten Empfänger integriert ist.

135

i) Da der Verfahrensanspruch 1 in der Sache nicht über die korrespondierende Vorrichtung nach dem nebengeordneten Anspruch 11 hinausgeht, gelten für den Anspruch 1 die voranstehenden Ausführungen zum Anspruch 11 entsprechend.

II.

136

Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit (Art. 83 und Art. 138 Abs. 1 Buchstabe b) EPÜ i. V. m. Art. II § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 IntPatÜG) liegt nicht vor. Denn nach Überzeugung des Senats ist die Erfindung im Streitpatent so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

137

Dass in den Ansprüchen 3 und 13 statt einem „
Transkonduktanzverstärker (315A)“ ein „
Transkonduktanzempfänger (315A)“ erwähnt wird, ist ein offensichtlicher Fehler, den der Fachmann bei verständigem Lesen der Streitpatentschrift gedanklich korrigiert, was im Übrigen offensichtlich auch die Klägerin macht.

138

Zwar sind weder im Merkmal M11e, noch im Rest des Patentanspruchs 11 des Streitpatents Details hinsichtlich der technischen Umsetzung der Integration der verschiedenen Systemkomponenten auf dem Chip über jene Anforderung hinaus beschrieben, wonach der gemeinsam genutzte LNA innerhalb des zweiten Empfängers angeordnet, d. h. integriert, ist. Aus fachmännischer Sicht ist es jedoch selbstverständlich möglich, auf einem einzigen Chip eine Komponente (z. B. einen gemeinsam genutzten LNA) physikalisch innerhalb einer anderen Komponente (z. B. einem Empfänger) anzuordnen, d. h. zu integrieren, wobei diese integrierte Komponente (z. B. der gemeinsam genutzter LNA) bestimmte Funktionen für die andere Komponente (z. B. den Empfänger) und ggfs. auch noch für zusätzliche weitere Komponenten (z. B. einen zusätzlichen weiteren Empfänger) übernimmt.

139

Gleiches gilt auch für den Verfahrensanspruch 1, der in der Sache nicht über die korrespondierende Vorrichtung nach dem nebengeordneten Anspruch 11 hinausgeht, sowie für die abhängigen Ansprüche 3 und 13 des Streitpatents.

III.

140

Auch der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (Art. 138 Abs. 1 Buchstabe a) i. V. m. Art. 54, 56 EPÜ i. V. m. Art. II § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 IntPatÜG) liegt nicht vor.

141

1. Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften steht dem System gemäß Anspruch 11 des Streitpatents neuheitsschädlich entgegen.

142

1.1 Der Gegenstand des Anspruchs 11 nach Streitpatent ist gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift NK7 (US 6 917 815 B2) neu.

143

Die Druckschrift NK7 beschreibt ein System („
dual-band receiver architecture“) zum Empfangen und Verarbeiten von über eine Luftschnittstelle übertragenen Signalen. Bei den empfangenen Signalen handelt es sich um Gesamtsignale, die sich aus zwei Teilsignalen in unterschiedlichen Frequenzbändern zusammensetzen, z. B. im 2.45GHz- und im 5.25 bzw. 5.80GHz-Frequenzband (Spalte 10, Zeilen 45 bis 49; Spalte 15, Zeilen 41 bis 44).

144

Aus der Druckschrift NK7 ist in den Worten des erteilten Anspruchs11 ausgedrückt Folgendes bekannt:

145

M11a A system (300, 400) for processing signals received via a communication medium, the system comprising:

146

(Spalte 2, Zeilen 49 bis 53, der Beschreibung der NK7;

147

Spalte 6, Zeilen 30 bis 32;

148

Figur 6: „
receiver 300“; Figur 8: „
receiver 400“)

149

M11b a chip

150

(Für den Fachmann ist es selbstverständlich, dass das aus der NK7 bekannte System üblicherweise unter Verwendung von zumindest einem Chip realisiert wird.

151

Darüber hinaus wird in der Spalte 16, Zeilen 27 bis 30, der NK7 erläutert, dass der gemeinsam genutzte LNA zu Messzwecken monolithisch integriert auf einem Chip realisiert wurde. Des Weiteren wird in der NK7 an mehreren Stellen darauf hingewiesen, dass eine monolithische Integration von Schaltungskomponenten von Transceivern bzw. Empfängern für Hochfrequenzsignale eine bekannte Realisierungsmaßnahme sei (Spalte 1, Zeilen 23 bis 29; Spalte 2, Zeilen 41 bis 46).)

152

M11b1
teilscomprising a first radio or first receiver

153

(Bei den in den Figuren 6 und 8 dargestellten Systemen (300, 400) stellt das jeweilige Ausgangssignal (Figur 6: (a); Figur 8: ohne Bezugszeichen) des gemeinsam genutzten LNA (306, 416) das Eingangssignal für eine Schaltungskomponente (Figur 6: ohne Bezugszeichen; Figur 8: (420)) dar, die dazu dient, Basisbandsignale (Figur 6: (A, B); Figur 8: (BB,I
A, BB,Q
A, BB,I
B, BB,Q
B)) als Ausgangssignale bereitzustellen, die zu den beiden über die Antenne (302, 412) empfangenen hochfrequenten Teilsignalen korrespondieren. Die Schaltungskomponente weist daher zwei Empfänger auf, wobei jeder dieser beiden Empfänger zur Ermittlung der korrespondierenden Basisbandsignale zu einem der beiden hochfrequenten Teilsignale dient. D.h.:

154

– bei dem aus der Figur 6 bekannten System (300) dient ein erster Empfänger zur Ermittlung des Basisband-Ausgangssignals (A) und ein zweiter Empfänger zur Ermittlung des Basisband-Ausgangssignals (B), wobei für beide Empfänger das Ausgangssignal (a) des gemeinsam genutzten LNA (306) als Eingangssignal dient;

155

– bei dem aus der Figur 8 bekannten System (400) dient ein erster Empfänger zur Ermittlung der Basisband-Ausgangssignale (BB,I
A, BB,Q
A) und ein zweiter Empfänger zur Ermittlung der Basisband-Ausgangssignale (BB,I
B, BB,Q
B), wobei für beide Empfänger das Ausgangssignal (ohne Bezugszeichen) des gemeinsam genutzten LNA (416) als Eingangssignal dient.)

156

Figur 8 der NK7 mit Ergänzungen durch den Senat

157

Figur 8 der NK7 mit Ergänzungen durch den Senat

158

M11b2
teils used for processing a signal for a first wireless
protocol; and

159

(Die in den Figuren 6 und 8 dargestellten Systeme empfangen jeweils ein Gesamtsignal auf der Luftschnittstelle, d. h. drahtlos, über eine Antenne (302, 412). Dieses Gesamtsignal setzt sich aus zwei Teilsignalen in unterschiedlichen Frequenzbändern zusammen (Spalte 2, Zeilen 29 bis 31; Spalte 10, Zeilen 46 bis 49, in Verbindung mit Figur 8).

160

Nicht explizit erläutert wird in der NK7, dass es sich bei diesen Teilsignalen um Signale für drahtlose Protokolle handelt.)

161

M11c said chip comprises a shared LNA (306, 416)

162

(Figuren 6 und 8: gemeinsam genutzter LNA (306, 416);

163

Spalte 10, Zeilen 57 bis 60, in Verbindung mit Figur 8.

164

Darüber hinaus wird in der Spalte 16, Zeilen 27 bis 30, der NK7 erläutert, dass der gemeinsam genutzte LNA zu Messzwecken monolithisch integriert auf einem Chip realisiert wurde (siehe Ausführungen zum Merkmal M11b).)

165

M11c1
teils that enables receiving said signal for said first wireless
protocol and

166

(Spalte 3, Zeilen 12 bis 18;

167

Spalte 9, Zeilen 49 bis 55, in Verbindung mit der Figur 6;

168

Spalte 10, Zeilen 57 bis 60, in Verbindung mit der Figur 8.

169

Wie bereits im Zusammenhang mit dem Merkmal M11b2 ausgeführt, wird in der NK7 nicht explizit erläutert, dass es sich bei den Teilsignalen um Signale für drahtlose Protokolle handelt.)

170

M11c2
teils a signal for a second wireless
protocol,

171

(Es wird auf die Ausführungen zu den Merkmalen M11b2 und M11c1 verwiesen.)

172

M11d
teils wherein a transconductance
amplifier

173

(Die NK7 offenbart eine Transkonduktanz in Form einer Eigenschaft des aktiven Elements des gemeinsam genutzten LNA (306, 416) (Spalte 7, Zeilen 20 bis 34; Spalte 12, Zeilen 11 bis 27).

174

Weiterführende Details zur Struktur des gemeinsam genutzten LNA (306, 416) inklusive einer Beschreibung seiner intrinsischen Transkonduktanz können der NK7 nicht entnommen werden.)

175

M11d1 within said chip

176

(Da der Chip gemäß dem Merkmal M11c den gemeinsam genutzten LNA (306, 416) umfasst, umfasst er folglich auch seine intrinsische Transkonduktanz.)

177

M11d2is utilized to couple an output of said shared LNA (306, 416) to said first radio or first receiver;

178

characterized in that

179

M11e
teils said shared LNA (306, 416) is integrated
within a second radio or second receiver in said chip

180

(Es wird auf die Ausführungen zum Merkmal M11b verwiesen.)

181

M11f
teils used for processing said signal for said second wireless
protocol.

182

(Es wird auf die Ausführungen zum Merkmal M11b2 verwiesen.)

183

Nicht entnehmbar ist der Druckschrift NK7 somit, dass

184

– es sich bei den über die Luftschnittstelle empfangenen Teilsignalen in den beiden unterschiedlichen Frequenzbändern um Signale für drahtlose Protokolle handelt (Teile der Merkmale M11b2, M11c1, M11c2 und M11f);

185

– der Chip auch den ersten Empfänger umfasst (Teil des Merkmals M11b1);

186

– die aus ihr bekannten Systeme einen Transkonduktanzverstärker (Teil des Merkmals M11d) aufweisen, der dazu genutzt wird, einen Ausgang des gemeinsam genutzten LNA (306, 416) mit dem ersten Empfänger zu koppeln (Merkmal M11d2);

187

– dass der gemeinsam genutzte LNA (306, 416) in dem zweiten Empfänger in dem Chip integriert ist (Teil des Merkmals M11e).

188

1.2 Der Gegenstand des Anspruchs 11 nach Streitpatent ist gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift NK11 (US 6 657 491 B2) neu.

189

Die Druckschrift NK11 offenbart ein Empfängersystem („
tuner system“) mit einem Eingangsanschluss zum Empfangen eines drahtgebundenen Eingangssignals, das einer aktiven Splitterverstärkeranordnung („
active splitter amplifier arrangement“) zugeführt wird.

190

Aus der Druckschrift NK11 ist in den Worten des erteilten Anspruchs 11 ausgedrückt Folgendes bekannt:

191

M11a A system (400) for processing signals received via a communication medium, the system comprising:

192

(Spalte 1, Zeilen 15 bis 22, der Beschreibung;

193

Figur 4; Spalte 6, Zeilen 3 bis 5)

194

M11b a chip

195

(Die in der Figur 4 dargestellte Splitterverstärkeranordnung (406) ist auf einem einzigen Chip integriert (Figur 4; Spalte 6, Zeilen 34 bis 38).)

196

M11b1 comprising a first radio or first receiver

197

(Das aus der Figur 4 bekannte System weist drei Empfänger auf, von denen jeder einen der drei Verstärker (418, 420, 422), einen der drei Tuner (430, 460, 470) und einen ersten Zwischenfrequenzfilter („
high intermediate frequency (HI-IF) filter 436”) umfasst).

198

Ob ein Fachmann zusätzlich auch noch die in der Figur 4 dargestellten zweiten Zwischenfrequenzfilter („
standard intermediate frequency (IF) filter 444”) und Demodulatoren (446) als zu den drei Empfängern gehörig betrachten würde, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben.

199

Figur 4 der NK11 mit Ergänzungen durch den Senat

200

Der IC der Splitterverstärkeranordnung (406) umfasst somit auch Teile der drei Empfänger – nämlich die funktional den Empfängern zugeordneten Verstärker (418, 420, 422).)

201

M11b2
teils used for processing a signal
for a first wireless protocol; and

202

(Jeder der in der vorstehenden Figur 4 gekennzeichneten drei Empfänger wird zum Verarbeiten eines Signals verwendet. Bei den am Eingangsanschluss (402) empfangenen Signalen handelt es sich um drahtgebundene Signale.)

203

M11c said chip comprises a shared LNA (302, 408)

204

(Das Verstärkungsmodul (408) der Figur 4 ist Teil der mittels eines einzigen ICs realisierten Splitterverstärkeranordnung (406) (siehe Merkmal M11b).

205

Das Verstärkungsmodul (408) dient der rauscharmen Verstärkung eines Gesamtsignals, das sich aus Teilsignalen in unterschiedlichen Frequenzbändern zusammensetzt. Die Teilsignale werden somit durch das Verstärkungsmodul (408) gemeinsam verstärkt, daran anschließend auf drei parallele Signalpfade aufgesplittet und von drei unterschiedlichen Empfängern verarbeitet.

206

Figur 4; Spalte 8, Zeilen 50 bis 53;

207

Als Besonderheit der aus der NK11 bekannten Systeme wird im Zusammenhang mit der Figur 3 erläutert, dass – im Gegensatz zum Stand der Technik – der gemeinsam genutzte LNA (Fig. 3: (302); Figur 4: (408)) außerhalb der jeweiligen Tuner (Figur 3: (108, 110, 112); Figur 4: (430, 460, 470)) positioniert würde.

208

Spalte 5, Zeilen 55 bis 67)

209

M11c1
teils that enables receiving said signal
for said first wireless protocol and

210

(Der gemeinsam genutzte LNA (408) der Figur 4 ermöglicht das Empfangen und Verstärken eines ersten Teilsignals in einem ersten Frequenzband, eines zweiten Teilsignals in einem zweiten Frequenzband und eines dritten Teilsignals in einem dritten Frequenzband.)

211

M11c2
teils a signal
for a second wireless protocol,

212

(siehe Ausführungen zum Merkmal M11c1)

213

M11dwherein a transconductance amplifier

214

M11d1within said chip

215

M11d2is utilized to couple an output of said shared LNA to said first radio or first receiver;

216

characterized in that

217

M11e
teils said shared LNA (302, 408) is integrated
within a second radio or second receiver in said chip

218

(Der gemeinsam genutzte LNA (408) der Figur 4 (siehe Merkmal M11c) ist Teil der mittels eines einzigen ICs realisierten Splitterverstärkeranordnung (406) (siehe Merkmal M11b).)

219

M11f
teils used for processing said signal
for said second wireless protocol.

220

(Der IC der Splitterverstärkeranordnung (406) wird auch zum Verarbeiten des zweiten Teilsignals (siehe Merkmal M11c1) verwendet.)

221

Somit unterscheidet sich der aus der NK11 bekannte Gegenstand von dem Gegenstand des Anspruchs 11 nach Streitpatent dadurch, dass in der NK11

222

– nicht offenbart ist, dass es sich bei den von den drei Empfängern verarbeiteten (Teil)signalen um Signale für unterschiedliche drahtlose Protokolle handelt (Teile der Merkmale M11b2, M11c1, M11c2 und M11f);

223

– kein Transkonduktanzverstärker offenbart ist (Merkmale M11d, M11d1 und M11d2); und

224

– der gemeinsam genutzte LNA (408) nicht in dem zweiten Empfänger angeordnet ist (Teil des Merkmals M11e).

225

1.3 Der Gegenstand des Anspruchs 11 nach Streitpatent ist gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift NK15 (JP 2002 – 237 764 A) neu.

226

Die Druckschrift NK15 offenbart ein System, das Signale gemäß zweier Kommunikationsstandards senden und empfangen kann: des „
Personal Digital Cellular“ PDC-Mobilfunkstandards und des Bluetooth-Standards (Abs. 0003 der Beschreibung der NK15). In der NK15 wird erwähnt, dass anstelle des PDC-Mobilfunkstandards auch andere Mobilfunkstandards, wie z. B. GSM und IMT-2000, möglich seien (Abs. 0079).

227

Aus der Druckschrift NK15 ist in den Worten des erteilten Anspruchs 11 ausgedrückt Folgendes bekannt:

228

M11a A system (10) for processing signals received via a communication medium, the system comprising:

229

(Figur 1)

230

M11ba chip

231

M11b1 comprising a first radio or first receiver

232

(Das aus der NK15 bekannte System (10) dient zum Senden und Empfangen eines Bluetooth-Signals, d. h. eines Signals für ein erstes drahtloses Protokoll, und eines PDC-Mobilfunksignals, d. h. eines Signals für ein zweites drahtloses Protokoll (Abs. 0033).

233

Bei dem in der Figur 1 dargestellten System (10) werden die Ausgangssignale des gemeinsam genutzten LNA (LNA11b) in zwei sich an den gemeinsam genutzten LNA (LNA11b) anschließenden, unterschiedlichen Signalpfaden weiterverarbeitet. Hierbei kann zwischen zwei Empfängern unterschieden werden:

234

– einem ersten Empfänger, dessen Ausgangssignal zu dem auf dem Bluetooth-Standard basierenden Empfangssignal korrespondiert (Abs. 0039), und

235

– einem zweiten Empfänger, dessen Ausgangssignal zu dem auf dem PDC-Standard basierenden Empfangssignal korrespondiert (Abs. 0040).

236

Die Ausgangssignale dieser beiden Empfänger dienen als Eingangssignale für eine zentrale Basisband-Systemkomponente (4).

237

Figur 1 der NK15 mit Ergänzungen durch den Senat)

238

M11b2 used for processing a signal for a first wireless protocol; and

239

(siehe Ausführungen zum Merkmal M11b1)

240

M11c
teilssaid chip comprises a shared LNA (LNA11b)

241

(Der rauscharme Verstärker LNA (LNA11b) wird im Sinne eines gemeinsam genutzten LNA sowohl zur Verstärkung von Signalen die auf dem PDC-Kommunikationsstandard beruhen, als auch von Signalen, die auf dem Bluetooth-Kommunikationsstandard beruhen, verwendet (Abs. 0039, 0077).)

242

M11c1 that enables receiving said signal for said first wireless protocol and

243

(siehe Ausführungen zu den Merkmalen M11b1 und M11c)

244

M11c2 a signal for a second wireless protocol,

245

(siehe Ausführungen zu den Merkmalen M11b1 und M11c)

246

M11dwherein a transconductance amplifier

247

M11d1within said chip

248

M11d2is utilized to couple an output of said shared LNA (LNA11b) to said first radio or first receiver;

249

characterized in that

250

M11esaid shared LNA (LNA11b) is integrated within a second radio or second receiver in said chip

251

M11f used for processing said signal for said second wireless protocol.

252

(siehe Ausführungen zum Merkmal M11b1)

253

Somit unterscheidet sich der aus der NK15 bekannte Gegenstand von dem Gegenstand des Patentanspruchs 11 dadurch, dass in der NK15

254

– keine Erläuterungen oder Hinweise im Zusammenhang mit einer möglichen Realisierung des aus ihr bekannten Systems durch Integration in einem oder mehreren Chips enthalten sind (Merkmal M11b, Teil des Merkmals M11c, Merkmal M11d1 und Teil des Merkmals M11e);

255

– kein Transkonduktanzverstärker offenbart ist (Merkmale M11d, M11d1 und M11d2); und

256

– der gemeinsam genutzte LNA (LNA11b) nicht in dem zweiten Empfänger angeordnet ist (Teil des Merkmals M11e).

257

1.4 Der Gegenstand des Anspruchs 11 nach Streitpatent ist auch gegenüber dem Stand der Technik nach den weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften neu.

258

So umfassen die aus den Druckschriften NK9, NK10 und NK14 jeweils bekannten Systeme zumindest kein zweites Funkgerät oder zweiten Empfänger (Merkmale M11e und M11f). Das aus der Druckschrift NK8 bekannte System umfasst zumindest keinen Transkonduktanzverstärker (Merkmale M11d, M11d1 und M11d2).

259

2. Der Gegenstand des Anspruchs 11 nach Streitpatent beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik ergibt.

260

2.1 Ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift NK7 kommt der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 11 nach Streitpatent.

261

Zwar können die Unterscheidungsmerkmale M11b2, M11c1, M11c2 und M11f, die in der NK7 nicht explizit erwähnt sind, zur Überzeugung des Senats eine Patentfähigkeit nicht begründen, da diese vom maßgeblichen Fachmann entweder mitgelesen oder als fachübliche Maßnahme ergänzt werden.

262

Jedoch legt der Stand der Technik nach der Druckschrift NK7 dem Fachmann die im Anspruch 11 nach Streitpatent beanspruchten Unterscheidungsmerkmale M11b1 (teilweise), M11d (teilweise), M11d2 und M11e (teilweise) des beanspruchten Systems nicht nahe; im Einzelnen:

263

Teil des Merkmals M11d und Merkmal M11d2:

264

In der NK7 wird im Zusammenhang mit aus dem Stand der Technik bekannten LNAs zur Verstärkung einzelner Frequenzbänder erläutert, dass diese eine breitbandige Transkonduktanz aufweisen, die durch das aktive Element, mit dem ein LNA schaltungstechnisch realisiert werde, hervorgerufen wird. Zur Erzielung der gewünschten Übertragungseigenschaft eines solchen LNA wird das aktive Element des LNA eingangs- und ausgangsseitig mit jeweils einer Anpassschaltung in der Form von Resonanzschwingkreisen aus passiven Bauelementen versehen (Spalte 12, Zeilen 5 bis 9: „
Traditional single-band LNA’s use a single or cascode transistor stage to provide wide-band transconductanceand combine it with proper passive resonant circuitry at the input and output to shape the frequency response and achieve gain and matching at the single band of interest.“; Spalte 12, Zeilen 11 bis 12: „[…]
the wide-band transconductance of the active device […]“.).

265

Bei den aus der NK7 bekannten Systemen wird die Breitbandigkeit der Transkonduktanz des aktiven Elements eines LNA dazu verwendet, um einen LNA zu entwerfen, der nicht nur Signale in einem einzelnen Frequenzband, sondern in zwei unterschiedlichen Frequenzbändern gleichzeitig verstärken kann. Dem Fachmann ist selbstverständlich bekannt, dass die Breitbandigkeit der Verstärkung eines ein aktives Element enthaltenden LNA nicht nur eine Breitbandigkeit der Verstärkung dieses aktiven Elements selbst voraussetzt, sondern auch eine dazu korrespondierende breitbandige Anpassung des aktiven Elements an die damit verbundenen weiteren Schaltungskomponenten. Für den Fachmann ist daher offensichtlich, dass aus einer Verstärkung in zwei unterschiedlichen Frequenzbändern im Vergleich zu einer Verstärkung in nur einem einzelnen Frequenzband zusätzliche Anforderungen an die eingangs- und ausgangsseitigen Anpassschaltungen des aktiven Elements eines solchen LNA resultieren. Dies gilt umso mehr, wenn die beiden Frequenzbänder in Bezug auf ihre Durchlassbereiche weit voneinander entfernt liegen, wie dies in der NK7 der Fall ist (Spalte 15, Zeilen 40 bis 42).

266

In der Figur 14 der NK7 ist das Schaltbild eines zu Messzwecken realisierten, gemeinsam genutzten LNA gemäß der dortigen Erfindung dargestellt. Aufgrund der angestrebten breitbandigen Verstärkung in zwei unterschiedlichen Frequenzbändern weist dieser gemeinsam genutzte LNA neben einem Feldeffekttransistor als aktivem Element (ohne Bezugszeichen; mit seinem Gate an das „
PAD“ angeschlossen) ebenfalls eine eingangsseitige Anpassschaltung (C
g, L
g) und eine ausgangsseitige Anpassschaltung (C
1, L
1, L
2, C
2) auf.

267

Der NK7 kann der Fachmann somit entnehmen, dass bei einem gemeinsam genutzten LNA das darin enthaltene aktive Element als Transkonduktanzverstärker wirken kann (Merkmal M11d), wobei sowohl zwischen dem Eingang des gemeinsam genutzten LNA und dem Eingang des aktiven Elements, als auch zwischen dem Ausgang des gemeinsam genutzten LNA und dem Ausgang des aktiven Elements jeweils eine Anpassungsschaltung geschaltet ist, um insbesondere die gewünschte breitbandige Verstärkungsfunktion des gemeinsam genutzten LNA zu realisieren. Dadurch, dass es sich bei diesem als Transkonduktanzverstärker wirkenden aktiven Element um eine interne Komponente des gemeinsam genutzten LNA handelt, wird dieses als Transkonduktanzverstärker wirkende aktive Element jedoch nicht dazu genutzt, um den Ausgang des gemeinsam genutzten LNA mit dem ersten Empfänger zu koppeln (Merkmal M11d2). Es ist nicht erkennbar, welche Veranlassung ein Fachmann, ausgehend von der Lehre der NK7 hätte, einen zusätzlichen Transkonduktanzverstärker in Signalflussrichtung nach dem gemeinsam genutzten LNA (306, 416) vorzusehen. Auch die NK7 selbst liefert für eine derartige Abänderung des aus der NK7 bekannten Systems keinen Hinweis.

268

Teile der Merkmale M11b1 und M11e:

269

Wie im Zusammenhang mit dem Merkmal M11b1 erläutert und am Beispiel der Figur 8 der NK7 visualisiert (s. o.), sind der erste Empfänger sowie der zweite Empfänger Bestandteile der in den Figuren 6 und 8 der NK7 dargestellten Schaltungskomponenten (Figur 6: ohne Bezugszeichen; Figur 8: (420)), denen das Ausgangssignal des jeweiligen gemeinsam genutzten LNA (306, 416) als Eingangssignal dient. In der Figur 8 der NK7 befindet sich der gemeinsam genutzte LNA (416) außerhalb der Schaltungskomponente (420) und innerhalb des Frontend-Teilsystems (410). Im Übrigen ist auch bei der durch die Klägerin in ihrer Klageschrift vorgenommenen Definition und Visualisierung eines ersten und eines zweiten Empfängers auf Basis der Figur 8 der NK7 der gemeinsam genutzte LNA (416) außerhalb dieser beiden Empfänger dargestellt.

270

Der von der Klägerin vertretenen Ansicht, wonach bei dem in der Figur 8 der NK7 dargestellten System (400) der gemeinsam genutzte LNA (416) aufgrund seiner räumlichen Nähe zum zweiten Empfänger, d. h. zur Schaltungskomponente (420), insbesondere aufgrund des „
kurzen Pfeils“ zwischen dem dargestellten gemeinsam genutzten LNA (416) und der Schaltungskomponente (420), diesem „
räumlich zugeordnet“ sei, und daher auch „
in“ den zweiten Empfänger „
integriert“ sei, kann der Senat nicht folgen.

271

Bei der Figur 8 der NK7 handelt es sich um ein schematisches Blockschaltbild. Dem Fachmann ist bekannt, dass aus Darstellungen in Blockschaltbildern in der Regel nicht auf tatsächliche räumliche Größenverhältnisse oder Abstände geschlossen werden kann. Da in der Figur 8 der gemeinsam genutzte LNA (416) einerseits außerhalb der Schaltungskomponente (420) und andererseits innerhalb des Frontend-Teilsystems (410) dargestellt ist, betrachtet der Fachmann den in der Figur 8 dargestellten gemeinsam genutzten LNA (416) nicht als Teil der Schaltungskomponente (420), sondern als Teil des Frontend-Teilsystems (410), und ordnet den gemeinsam genutzten LNA (416) auch nicht der Schaltungskomponente (420) zu. Für eine derartige Zuordnung des gemeinsam genutzten LNA (416) zur Schaltungskomponente (420) bzw. dem zweiten Empfänger im Sinne des Merkmals M11e hat der Fachmann keine erkennbare Veranlassung und liefert die NK7 selbst keinen Hinweis.

272

Zusammenschau der NK7 mit den andern im Verfahren befindlichen Druckschriften:

273

Auch unter Hinzunahme der anderen im Verfahren befindlichen Druckschriften kommt der Fachmann ausgehend von der Druckschrift NK7 nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 11 nach Streitpatent, da es sich bei den aus diesen Druckschriften bekannten Systemen um jeweils in sich abgeschlossene Lösungen handelt, deren Strukturen und Funktionsweisen sich wesentlich von der des aus der NK7 bekannten Systems unterscheiden.

274

Insofern würde der Fachmann ausgehend von dem aus der NK7 bekannten System die Lehren der übrigen Druckschriften nicht heranziehen, um diese auf die NK7 zu übertragen.

275

2.2 Ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift NK11 kommt der Fachmann ebenfalls nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 11 nach Streitpatent.

276

Für den Fachmann mag es naheliegend sein, die aus der NK11 bekannten Systeme auch zum Empfang und der anschließenden Verarbeitung von Signalen für drahtlose Protokolle einzusetzen. Die in der NK11 nicht explizit offenbarten Teile der Merkmale M11b2, M11c1, M11c2 und M11f mögen sich daher für den Fachmann in naheliegender Weise ergeben.

277

Bei dem aus der Figur 14 der NK11 bekannten System wird mittels der Schaltungskomponente „
Automatic Gain Control“ AGC (1406) u. a. die Verstärkung der als LNA ausgeprägten Differenzverstärker (1408, 1410, 1412) geregelt. Für den Fachmann mag es eine bekannte handwerkliche Maßnahme darstellen, diese rauscharmen Differenzverstärker (1408, 1410, 1412) als Transkonduktanzverstärker (z. B. gemäß der Figur 4 der NK10) zu realisieren, wodurch ein Gegenstand mit den Merkmalen M11d und M11d1 und M11d2 des Gegenstands des Patentanspruchs 11 vorläge.

278

Allerdings legt der Stand der Technik nach der Druckschrift NK11 dem Fachmann das im Anspruch 11 nach Streitpatent beanspruchten Unterscheidungsmerkmal M11e (teilweise) des beanspruchten Systems nicht nahe, wonach der gemeinsam genutzte LNA in dem zweiten Empfänger integriert ist.

279

Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass der in der Figur 4 der NK11 dargestellte gemeinsam genutzte LNA (408) „
im zweiten Funkgerät integriert [sei]
, da der LNA 408 funktional für die Verarbeitung der Signale für das zweite Protokoll zuständig und dem zweiten Funkgerät räumlich zugeordnet“ sei. Darüber hinaus argumentiert die Klägerin, dass sich gemäß der Figur 4 der NK11 die Integration des gemeinsam genutzten LNA (408) in dem zweiten Empfänger „
schon daraus [ergäbe]
, dass der gemeinsam genutzte LNA (408) auf Höhe des zweiten Empfängers (zweite Verstärkerstufe plus Tuner (460)) angeordnet und diesem daher räumlich zugeordnet ist.

280

Diese Ansicht wird vom Senat nicht geteilt.

281

Denn zur Überzeugung des Senats verbindet der Fachmann mit dem Begriff „
integriert“ eine physikalische Integration. Würde der Fachmann dem Begriff „
integriert“ lediglich eine funktionale Bedeutung beimessen, nicht jedoch eine physikalische Bedeutung, so müsste der gemeinsam genutzte LNA (408) der Figur 4 auch als Teil des zweiten Empfängers gekennzeichnet werden. Eine solche Kennzeichnung nimmt jedoch auch die Klägerin selbst nicht vor, da in ihrer Klageschrift der gemeinsam genutzte LNA (408) im Blockschaltbild des Systems (400) außerhalb und beabstandet vom zweiten Empfänger angeordnet ist. Obwohl in der NK11 beschrieben wird, dass der gemeinsam genutzte LNA (408) und die drei nachgeschalteten Verstärker (418, 420, 422) in einem gemeinsamen Chip integriert sind (Merkmale M11b und M11c), kann daraus nicht gefolgert werden, dass der gemeinsam genutzte LNA (408) im zweiten Empfänger angeordnet, d. h. integriert, ist.

282

Im Übrigen lehrt die Druckschrift NK11 explizit, den gemeinsam genutzten LNA (408) nicht mit den Tunern (430, 460, 470) auf einem gemeinsamen Chip zu integrieren (Spalte 5, Zeilen 55 bis 67).

283

Für den Fachmann gibt es somit keinerlei Hinweise aus der NK11 selbst und auch keine sonstige erkennbare Veranlassung, den gemeinsam genutzten LNA (408) in dem zweiten Empfänger anzuordnen, d. h. zu integrieren (Merkmal M11e).

284

Zusammenschau der NK11 mit den andern im Verfahren befindlichen Druckschriften:

285

Auch die anderen im Verfahren befindlichen Druckschriften lassen keine entsprechenden Anregungen für den Fachmann erkennen, um das aus der NK11 bekannte System dahingehend abzuändern, dass der gemeinsam genutzte LNA im zweiten Empfänger integriert wird.

286

2.3 Auch ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift NK15 beruht der Gegenstand des Anspruchs 11 nach Streitpatent auf einer erfinderischen Tätigkeit.

287

Zwar kann eine gemeinsame Integration von Komponenten des aus der NK15 bekannten Systems in einem einzigen Chip (Merkmal 11b, Teile der Merkmale M11c und M11e) nach Ansicht des Senats keine erfinderische Tätigkeit begründen, da es sich hierbei um eine im HF-Bereich übliche fachmännische Maßnahme handelt (u. a. zur Miniaturisierung, Minimierung von Interferenzen und Leistungsverlusten).

288

Jedoch legt der Stand der Technik nach der Druckschrift NK15 dem Fachmann die im Anspruch 11 nach Streitpatent beanspruchten Unterscheidungsmerkmale M11d, M11d2 und M11e des beanspruchten Systems nicht nahe; im Einzelnen:

289

Merkmale M11d, M11d1 und M11d2

290

Ein Transkonduktanzverstärker (Merkmal M11d) wird in der NK15 nicht offenbart.

291

In diesem Zusammenhang argumentiert die Klägerin, dass ein Fachmann „
aufgrund seines allgemeinen Fachwissens“ wüsste, dass Bandpassfilter durch Transkonduktanzverstärker TCA realisiert werden könnten. Daher würde der Fachmann den Bandpassfilter (BPF31b) in der Figur 1 der NK15 „
zwanglos anspruchsgemäß als TCA realisieren“. Als Beleg für das allgemeine Fachwissen verweist die Klägerin beispielhaft auf die Druckschriften NK16 und NK17.

292

Dieser Ansicht wird vom Senat nicht gefolgt.

293

Um den Gegenstand einer Erfindung als nahegelegt anzusehen, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum einen erforderlich, dass der Fachmann mit seinen durch seine Ausbildung und berufliche Erfahrung erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage gewesen ist, die erfindungsgemäße Lösung des technischen Problems aus dem Vorhandenen zu entwickeln. Zum anderen muss der Fachmann Grund gehabt haben, den Weg der Erfindung zu beschreiten. Dazu bedarf es in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe (BGH, GRUR 2009, 746, Rn. 20 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung; GRUR 2010, 407, Rn. 17 – Einteilige Öse).

294

Für die schaltungstechnische Realisierung eines Bandpassfilters existieren zahlreiche Möglichkeiten. Der NK15 selbst sind an keiner Stelle Details oder Hinweise im Zusammenhang mit der schaltungstechnischen Realisierung der zahlreichen in dem System (10) gemäß der Figur 1 enthaltenen Bandpassfilter zu entnehmen, d. h. auch nicht im Zusammenhang mit dem Bandpassfilter (BPF31b).

295

Darüber hinaus wird in der NK15 konsequent zwischen u. a. Filterfunktionen und Verstärkungsfunktionen einzelner Schaltungsbestandteile differenziert. Der NK15 kann an keiner Stelle entnommen werden, dass einer der zahlreichen in dem System (10) gemäß der Figur 1 enthaltenen Bandpassfilter neben seiner Filterfunktion auch noch eine Verstärkungsfunktion aufweisen soll oder kann. Ebenso wenig kann der NK15 entnommen werden, dass einer der in dem System (10) gemäß der Figur 1 enthaltenen Verstärker neben seiner Verstärkungsfunktion auch noch eine Filterfunktion aufweisen soll oder kann. Der Fachmann musste daher beim Studium der Lehre der NK15 davon ausgehen, dass eine zusätzliche Verstärkungsfunktion durch den Bandpassfilter (BPF31b) ebenso wenig notwendig sei, wie ein eventuell zusätzliches Verstärkungselement in der Form eines Transkonduktanzverstärkers um den Ausgang des gemeinsam genutzten LNA (LNA11b) mit dem ersten Empfänger zu koppeln.

296

Somit ergibt sich zur Überzeugung des Senats kein Anlass aus der NK15, um zumindest zu den Merkmalen M11d und M11d2 zu gelangen.

297

Merkmal M11e

298

Eine Definition des ersten Empfängers und des zweiten Empfängers wie im Zusammenhang mit dem Merkmal M11b1 beschrieben und dargestellt zugrunde legend, ist der gemeinsam genutzte LNA (LNA11b) im Blockschaltbild der Figur 1 der NK15 außerhalb der beiden Empfänger angeordnet. Für entsprechende Modifikationen des aus der NK15 bekannten Systems (10), um den gemeinsam genutzten LNA (LNA11b) oder einen zusätzlichen gemeinsam genutzten LNA in dem zweiten Empfänger gemäß dem Merkmal M11e anzuordnen, gibt es für den Fachmann weder Hinweise aus der NK15 selbst, noch sonstigen Anlass z. B. aufgrund damit möglicherweise erzielbarer Vorteile oder Verbesserungen.

299

Zusammenschau der NK15 mit den andern im Verfahren befindlichen Druckschriften:

300

Zu einer Zusammenschau der NK15 mit einer der anderen im Verfahren befindlichen Druckschriften gibt keine dieser Druckschriften Anlass. Vielmehr handelt es sich um jeweils in sich abgeschlossene Lösungen, speziell für den jeweiligen Anwendungsfall und den damit einhergehenden unterschiedlichen Anforderungen bzgl. der Bearbeitung der empfangenen Signale.

301

2.4 Mit dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik gemäß den weiteren Druckschriften liegen keine Entgegenhaltungen vor, von denen ausgehend der Fachmann ohne erfinderisch tätig werden zu müssen, aufgrund seines Fachwissens oder durch eine Zusammenschau mit einer oder mehreren der jeweils anderen Entgegenhaltungen zum Gegenstand des Anspruchs 11 nach Streitpatent gelangen könnte.

302

Das aus der Druckschrift NK8 (vgl. Figur 4b) bekannte System umfasst zwar zwei Empfänger und einen LNA (210) zum Empfangen von GPS-, GSM DCS-, GSM PCS- und WCDMA HB-basierten Signalen. Die beiden Empfänger arbeiten jedoch unabhängig voneinander und nutzen verschiedene LNAs, die zudem in keinem der beiden Empfänger integriert sind (Merkmal M11e). Darüber hinaus weist das aus der NK8 bekannte System keinen Transkonduktanzverstärker (Merkmale M11d, M11d1 und M11d2) auf.

303

Figur 4b der NK8 mit Ergänzungen durch den Senat

304

Die aus den Druckschriften NK9 (Figur 2A), NK10 (Figur 2) und NK14 (Figur 15.2.1) bekannten Systeme weisen jeweils lediglich einen einzigen Empfänger auf, nicht jedoch einen zweiten Empfänger zum Verarbeiten eines Signals für ein zweites drahtloses Protokoll (Merkmal M11f). Darüber hinaus weisen die aus den Druckschriften NK9, NK10 und NK14 jeweils bekannten Systeme auch keinen Transkonduktanzverstärker auf, der dazu genutzt wird, einen Ausgang eines gemeinsam genutzten LNA mit einem Empfänger zu koppeln (Merkmal M11d2).

AbbildungAbbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen

305

Figur 2A der NK9 mit Ergänzungen Figur 2 der NK10 mit Ergänzungen

306

durch den Senat durch den Senat

307

Figur 15.2.1 der NK14 mit Ergänzungen durch den Senat)

308

Schon aus den o. g. Gründen stellen die Druckschriften NK8 bis NK10, sowie NK14 offensichtlich keinen geeigneten Ausgangspunkt dar.

309

Die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften liegen noch deutlich weiter ab und wurden auch von der Klägerin lediglich zum Nachweis einzelner, aus dem Stand der Technik unzweifelhaft bekannter Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 11 nach Streitpatent in Bezug genommen. Daher kann dahingestellt bleiben, ob die Druckschriften NK13, NK13a und NK20 vorveröffentlicht wurden. Denn auch angenommen, diese Druckschriften wären vorveröffentlicht, beruht der Gegenstand des Anspruchs 11 nach Streitpatent ausgehend von diesem Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit, wie der Senat ebenfalls in seinem Hinweis vom 21. Juni 2020 im Einzelnen ausgeführt hat.

310

3. Die vorstehenden Ausführungen zur Patentfähigkeit des Systems gemäß Anspruchs 11 nach Streitpatent gelten entsprechend auch für den Anspruch 1 nach Streitpatent, dessen Gegenstand ein Verfahren zum Verarbeiten von über ein Kommunikationsmedium empfangenen Signalen ist und inhaltlich die gleichen im Anspruch 11 genannten Merkmale enthält.

311

Die weiter angegriffenen Ansprüche 2 bis 10 und 12 bis 14 nach Streitpatent werden aufgrund ihrer Rückbeziehungen von dem jeweils rechtsbeständigen unabhängigen Anspruch 1 bzw. 11 getragen.

IV.

312

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.

313

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.