BVerwG 6. Senat, Beschluss vom 26.01.2021, AZ 6 B 46/20, ECLI:DE:BVerwG:2021:260121B6B46.20.0
Verfahrensgang
vorgehend VG Köln, 15. Juni 2020, Az: 21 K 7279/18, Urteil
Tenor
Die Beschwerden der Beklagten und der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 15. Juni 2020 werden zurückgewiesen.
Die Beklagte und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin je zur Hälfte; ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 000 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1
Die Klägerin betreibt ein öffentliches Telekommunikationsnetz. Sie nimmt dafür Teilnehmeranschlussleitungen, die Teil des öffentlichen Telekommunikationsnetzes der Beigeladenen sind, in Anspruch. Zur Gewährung des Zugangs war die Beigeladene in dem hier maßgeblichen Zeitraum durch die Regulierungsverfügung der Bundesnetzagentur vom 1. September 2016 verpflichtet worden. Die Entgelte dafür waren der Genehmigungspflicht unterworfen worden.
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Mit Antrag vom 20. April 2018 beantragte die Beigeladene bei der Bundesnetzagentur unter anderem die Genehmigung von Entgelten für die Bereitstellung und die Kündigung der Teilnehmeranschlussleitung. In dem im Rahmen des Entgeltgenehmigungsverfahrens durchgeführten Konsolidierungsverfahren gab die Kommission der Europäischen Union mit Datum vom 24. September 2018 unter Verweis auf Art. 7 Abs. 3 und 7 der Richtlinie 2002/21/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/140/EG (Rahmenrichtlinie) eine Stellungnahme ab. In dieser stellte sie im Hinblick auf die Ermittlung der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals fest, dass die Bundesnetzagentur die WACC (Weighted Average Cost of Capital) weiterhin mithilfe der Standard-CAPM (Capital Asset Pricing Model)-Methode berechne, auf die sodann zur Korrektur starker Schwankungen von Marktwerten, Schätzungen und sonstigen Faktoren eine exponentielle Glättung angewandt werde. Die Kommission bat die Bundesnetzagentur, ihr Vorgehen im Hinblick auf die Einhaltung der gemeinsamen Regulierungspraxis zu überdenken. Sie, die Kommission, sei der Ansicht, dass die Bundesnetzagentur vermeiden solle, auf eine exponentielle Glättung zurückzugreifen, wenn ihre Ziele auch durch eine WACC-Berechnung anhand geeigneter Durchschnittszeiträume erreicht werden könnten.
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Mit Beschluss vom 25. September 2018 (BK 3c-18/005) genehmigte die Bundesnetzagentur für den Zeitraum vom 1. Oktober 2018 bis zum 30. September 2020 Bereitstellungs- und Kündigungsentgelte betreffend den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung. Für die Kündigungsentgelte bestimmte sie den kalkulatorischen Zinssatz nach dem WACC-Modell unter Anwendung der CAPM-Methode und unter Durchführung einer exponentiellen Glättung.
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Das Verwaltungsgericht hat auf die Anfechtungsklage der Klägerin die Entgeltgenehmigung vom 25. September 2018 im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen aufgehoben. Es hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen haben sowohl die Beklagte als auch die Beigeladene Beschwerde eingelegt und jeweils die Zulassung der Revision begehrt.
II
5
Weder die Beschwerde der Beklagten (1.) noch die Beschwerde der Beigeladenen (2.) haben Erfolg.
6
1. Die Beklagte kann mit ihrer auf sämtliche Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützten Beschwerde nicht durchdringen. Aus den Darlegungen in der Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 133 Abs. 3 VwGO beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat (a.), der Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gegeben ist (b.) oder nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die vorinstanzliche Entscheidung beruht (c.).
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a. Eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Dies kann auf der Grundlage der Darlegungen in der Beschwerdebegründung nicht angenommen werden.
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aa. Die Beklagte wirft als grundsätzlich bedeutsam zunächst folgende miteinander im Zusammenhang stehenden Fragen auf:
„Inwieweit ist zusätzlichen weiteren Äußerungen der Kommission im Rahmen einer Stellungnahme, welche im Übrigen beinhaltet, dass die Kommission der Auffassung ist, dass der Maßnahmenentwurf kein Hemmnis für den Binnenmarkt schaffen wird und dass die Kommission keine ernsthaften Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere den in Artikel 8 der Rahmenrichtlinie genannten Ziele[n] hat, weitestgehend Rechnung zu tragen?“
sowie
„Können von der Kommission und den anderen nationalen Regulierungsbehörden geltend gemachte Belange in Stellungnahmen im Konsolidierungsverfahren nach § 13 Abs. 4 TKG i.V.m. § 12 Abs. 2 TKG/Art. 7a Rahmenrichtlinie zu Entgeltgenehmigungen, welche auch die Aussage enthalten, dass die Kommission der Auffassung ist, dass der Maßnahmenentwurf kein Hemmnis für den Binnenmarkt schaffen wird und dass die Kommission keine ernsthaften Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere den in Artikel 8 der Rahmenrichtlinie genannten Ziele[n] hat, gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 TKG in der Abwägung grundsätzlich nur dann überwunden werden, wenn – wie vom Verwaltungsgericht im Urteil vom 15.06.2020 ausgeführt – vom europäischen Standard abweichende nationale Besonderheiten vorliegen oder wenn gegenläufige öffentliche oder private Belange zu berücksichtigen sind, denen nach der besonders zu begründenden Einschätzung der Bundesnetzagentur im konkreten Einzelfall ein so hohes Gewicht zukommt, dass ihr Zurücktreten nicht gerechtfertigt erscheint, oder sind in einem solchen Fall geringere Anforderungen an das weitestgehende Rechnungtragen zu stellen?“
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Wegen dieser Fragen, die, soweit sie sich auf die Rahmenrichtlinie beziehen, ausgelaufenes Recht betreffen (vgl. Art. 125 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation), kann die Grundsatzrevision jedenfalls deshalb nicht zugelassen werden, weil sie in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wären.
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Die Fragen waren für das angefochtene Urteil nicht entscheidungserheblich. Sie betreffen den Eintritt bzw. den Umfang einer Bindung der Bundesnetzagentur durch die Stellungnahme der Kommission vom 24. September 2018 bei der Ermittlung der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals in Bezug auf die Vornahme einer exponentiellen Glättung. Sie beziehen sich darauf, dass das Verwaltungsgericht die Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes für rechtswidrig erachtet hat, weil aus der Begründung der von der Klägerin angegriffenen Entgeltgenehmigung nicht erkennbar werde, ob die Bundesnetzagentur davon ausgegangen sei, der Stellungnahme der Kommission vom 24. September 2018 weitestgehend Rechnung tragen zu müssen. Denn die Bundesnetzagentur habe sich in der Begründung zur Anwendung der exponentiellen Glättung nicht mit den Voraussetzungen auseinandergesetzt, unter denen ein Abweichen von der Stellungnahme der Kommission allein möglich gewesen wäre. Sie habe nicht dargelegt, ob hier vom europäischen Standard abweichende nationale Besonderheiten vorlägen oder ob gegenläufige öffentliche oder private Belange zu berücksichtigen seien, denen nach der besonders zu begründenden Einschätzung der Bundesnetzagentur im konkreten Einzelfall ein so hohes Gewicht zukomme, dass ihr Zurücktreten nicht gerechtfertigt erscheine. Das Verwaltungsgericht hat sich mithin nicht davon überzeugen können, dass die Bundesnetzagentur sich ihrer grundsätzlichen Bindung durch die Stellungnahme der Kommission bei der Ausfüllung des regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraums bei der Ermittlung der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals überhaupt bewusst gewesen ist. Die Erwägungen betreffen damit von den Maßstäben für die gerichtliche Überprüfung des genannten Beurteilungsspielraums denjenigen der Einhaltung der gültigen Verfahrensbestimmungen (zu dem Beurteilungsspielraum und der Prüfung seiner Ausfüllung insgesamt: BVerwG, Urteil vom 17. August 2016 – 6 C 50.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:170816U6C50.15.0] – BVerwGE 156, 75 Rn. 31 ff.).
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Hierauf hat das Verwaltungsgericht indes, worauf die Klägerin zutreffend hinweist und was die Beklagte selbst erkennt, seine Entscheidung nicht allein gestützt. Es hat des Weiteren selbständig tragend darauf abgestellt, dass die Bundesnetzagentur ihren Beurteilungsspielraum unabhängig von dem Eintritt und dem wie auch immer zu definierenden Umfang einer Bindung durch die Stellungnahme der Kommission auch inhaltlich nicht fehlerfrei ausgefüllt habe, weil sie sich mit der Angemessenheit einer exponentiellen Glättung als einem von der Kommission angesprochenen methodischen Problem bei der Bestimmung des kalkulatorischen Zinssatzes in der Sache nicht hinreichend auseinandergesetzt habe. Das Verwaltungsgericht hat insoweit mit dem Erfordernis einer plausiblen und erschöpfenden Argumentation in inhaltlicher Hinsicht einen weiteren, von der Verfahrensfehlerfreiheit unabhängigen Maßstab für die gerichtliche Kontrolle regulierungsbehördlicher Beurteilungsspielräume angesprochen. Es hat insbesondere Darlegungen der Bundesnetzagentur vermisst, weshalb diese für einige, aber nicht für alle Parameter eine WACC-Berechnung mit gemittelten Zeitreihen und daraus gebildeten Durchschnittswerten in Ansatz gebracht, dann aber unterschiedslos alle Ansätze einer exponentiellen Glättung unterzogen habe, ohne dabei auf die insoweit – jedenfalls teilweise – bestehende Gefahr einer Duplizierung der Stabilisierungsverfahren einzugehen. Falls die Bundesnetzagentur allein die exponentielle Glättung als wissenschaftlich valide Methode angesehen haben sollte, hätte sie nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts wiederum nicht bezüglich einzelner Parameter – auch – auf gemittelte Durchschnittswerte aus Zeitreihen zurückgreifen dürfen.
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Die das verwaltungsgerichtliche Urteil selbständig tragende zweite Begründung vermag die Beklagte nicht mit durchgreifenden Revisionszulassungsgründen in Frage zu stellen. Insbesondere beruft sie sich insoweit – wie auszuführen sein wird (unter 1. b.) – ohne Erfolg auf den Revisionszulassungsgrund der Divergenz. Ist aber eine angefochtene Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt. Wenn nur hinsichtlich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, ist die Klärung von mit dieser Begründung etwa zusammenhängenden Grundsatzfragen in einem Revisionsverfahren nicht zu erwarten (vgl. etwa: BVerwG, Beschlüsse vom 9. Dezember 1994 – 11 PKH 28.94 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 Nr. 4 S. 4 und vom 5. November 2019 – 6 B 158.18 [ECLI:DE:BVerwG:2019:051119B6B158.18.0] – juris Rn. 24).
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bb. Für grundsätzlich bedeutsam hält die Beklagte ferner die Frage:
„Wird durch die Verpflichtung zum weitestgehenden Rechnungtragen im Hinblick auf die Stellungnahmen der Kommission im Konsolidierungsverfahren nach § 13 Abs. 4 TKG i.V.m. § 12 Abs. 2 TKG/Art. 7a Rahmenrichtlinie zu Entgeltgenehmigungen der der Bundesnetzagentur bei der Bestimmung der angemessenen Verzinsung zustehende Beurteilungsspielraum unzulässig eingeschränkt?“
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Diese Frage führt ebenso wie die zwei zuvor behandelten Fragestellungen schon deshalb nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, weil sie nur den ersten Begründungsstrang des angefochtenen Urteils betrifft und sich nach dem selbständig tragenden zweiten Begründungsstrang nicht stellt. Die Frage kann zudem auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts ohne Weiteres verneint werden und bedarf deshalb keiner Klärung im Rahmen eines Revisionsverfahrens.
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Der erkennende Senat hat nach Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 14. Januar 2016 – C-395/14 [ECLI:EU:C:2016:9], Vodafone -) entschieden, dass, obwohl im nationalen Recht keine Rechtsgrundlage vorhanden ist, die ein unionsweites Konsolidierungsverfahren vor der Erteilung einer Entgeltgenehmigung durch die Bundesnetzagentur vorsieht, die Behörde gleichwohl unionsrechtlich nach Maßgabe von Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie zur Durchführung eines solchen Verfahrens verpflichtet ist. Dem ist durch eine richtlinienkonforme Auslegung des § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG und die analoge Anwendung der Vorschrift im Entgeltgenehmigungsverfahren Rechnung zu tragen. Gegebenenfalls kommt auch eine unmittelbare Wirkung des Art. 7 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie in Betracht (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2017 – 6 C 2.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:310117U6C2.16.0] – BVerwGE 157, 249 Rn. 21 ff., 34; vgl. auch: Urteil vom 29. März 2017 – 6 C 1.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:290317U6C1.16.0] – BVerwGE 158, 301 Rn. 33). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich jedenfalls für die hier maßgebliche Rechtslage bis zum Außerkrafttreten der Rahmenrichtlinie zwingend, dass die Wirkung, die einer im Konsolidierungsverfahren ergangenen Stellungnahme der Kommission auf Grund des Unionsrechts zukommt, also auch die Verpflichtung, einer solchen Stellungnahme weitestgehend Rechnung zu tragen, den nach nationalem Recht bestehenden Beurteilungsspielraum der Bundesnetzagentur bei der Ermittlung der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals nicht unzulässig einschränken kann.
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b. Der Revisionszulassungsgrund der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung der Vorinstanz auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder das Bundesverfassungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt haben. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die eines der genannten divergenzfähigen Gerichte aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (stRspr, vgl. etwa: BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2017 – 6 B 43.17 [ECLI:DE:BVerwG:2017:211217B6B43.17.0] – Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 198 Rn. 4 m.w.N.). Nach diesem Maßstab ergibt sich aus dem Beschwerdevortrag der Beklagten kein Anknüpfungspunkt für eine Revisionszulassung wegen Divergenz.
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Die Beklagte entnimmt den Entscheidungsgründen des vorinstanzlichen Urteils das Postulat der Unzulässigkeit einer exponentiellen Glättung in Bezug auf Parameter, die mittels Zeitreihen bestimmt worden seien. Demgegenüber habe der erkennende Senat in dem Urteil vom 17. August 2016 – 6 C 50.15 – (BVerwGE 156, 75 Rn. 35) bei der Bestimmung der Verzinsung des eingesetzten Kapitals eine Abwägung aller Methoden und Parameter gegeneinander gefordert und damit im Rahmen der Kapitalmarktmethode auch eine Kombination der Bestimmung einzelner Parameter über Zeitreihen mit einer exponentiellen Glättung für grundsätzlich zulässig erachtet. Mit diesem Verständnis wird die Beklagte weder der Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch derjenigen des erkennenden Senats gerecht.
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Das Verwaltungsgericht hat – wie bereits erwähnt – beanstandet, dass die Bundesnetzagentur, sofern sie Parameter anhand von Durchschnittswerten aus gemittelten Zeitreihen bestimmt habe, diese ebenso wie Parameter, für deren Bildung sie nicht auf Zeitreihen abgestellt habe, einer exponentiellen Glättung unterworfen und sich dabei nicht mit der Frage der Gefahr einer (partiellen) Duplizierung von Stabilisierungsverfahren auseinandergesetzt habe. Ein bedingungsloser Ausschluss der exponentiellen Glättung bei einem Abstellen auf Zeitreihen ergibt sich aus diesen Erwägungen nicht.
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Anders als die Beklagte meint, hat auch der erkennende Senat in dem von der Beklagten bezeichneten Urteil die Kombination der Bestimmung von Parametern über Zeitreihen mit einer exponentiellen Glättung nicht für im Grunde stets zulässig erachtet. Der Senat hat vielmehr die Annahme eines punktuellen regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraums bei der Ermittlung der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals mit der Erwägung gerechtfertigt, dass die Bundesnetzagentur vor dem Hintergrund der Regulierungsziele und Regulierungsgrundsätze des § 2 Abs. 2 und 3 TKG eine abwägende Entscheidung treffen müsse, die nicht allein durch die Kategorien von falsch und richtig erfasst werden könne, weil sie sich nicht nur auf Gegebenheiten in der Vergangenheit beziehen dürfe, sondern auch zukünftige Anforderungen prognostisch in den Blick nehmen müsse, insgesamt von ökonomischen Einschätzungen bzw. Wertungen abhänge und auch gestaltende Elemente enthalte. In dieser komplexen Abwägungsentscheidung habe die Bundesnetzagentur auch über die Durchführung oder Nichtdurchführung einer exponentiellen Glättung zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 17. August 2016 – 6 C 50.15 – BVerwGE 156, 75 Rn. 35, 37).
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Das Verwaltungsgericht hat mit seinen Erwägungen den Maßstäben des erkennenden Senats nicht widersprochen. Es hat sich vielmehr ausdrücklich auf sie berufen.
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c. Die Beklagte rügt als Verfahrensmangel einen Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht habe hinsichtlich des oben (unter 1. a. aa.) beschriebenen ersten Begründungsstrangs seines Urteils nicht berücksichtigt, dass sich die Bundesnetzagentur in ihrem Beschluss vom 8. März 2018 in dem Verfahren BK 3c-17/039, in dem unter dem 27. Februar 2018 die Stellungnahme der Kommission DE/2018/2055 ergangen sei, auf die die Kommission in ihrer Stellungnahme vom 24. September 2018 in dem hiesigen Verfahren BK 3c-18/005 Bezug genommen habe, mit der Stellungnahme DE/2018/2055 inhaltlich auseinandergesetzt habe.
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Die Beklagte lässt mit diesem Vortrag unberücksichtigt, dass die Kontrolle eines regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraums nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats grundsätzlich nur im Hinblick auf diejenigen Erwägungen vorzunehmen ist, die die Bundesnetzagentur in der angegriffenen Entscheidung dargelegt hat (BVerwG, Urteil vom 17. August 2016 – 6 C 50.15 – BVerwGE 156, 75 Rn. 24). Die Gründe eines anderen Beschlusses sind nur insofern von Belang, als die Bundesnetzagentur auf sie ausdrücklich zum Zweck der ergänzenden Begründung verwiesen hat und der Beschluss, auf den verwiesen wird, über die Beschlussdatenbank der Bundesnetzagentur zugänglich ist (BVerwG, Urteil vom 17. August 2016 – 6 C 50.15 – BVerwGE 156, 75 Rn. 11, 28; vgl. auch: Urteil vom 25. September 2013 – 6 C 13.12 – BVerwGE 148, 48 Rn. 45). Hierzu verhält sich die Beklagte nicht.
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Der Vortrag der Beklagten lässt im Übrigen vermuten, dass sie mit ihrer Verfahrensrüge entgegen ihrem ausdrücklich angebrachten Verweis nicht nur den oben (unter 1. a. aa.) genannten ersten Begründungsstrang, sondern auch den an gleicher Stelle bezeichneten zweiten Begründungsstrang des angefochtenen Urteils, das heißt die inhaltlich auf die Angemessenheit einer exponentiellen Glättung bezogenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts angreifen will. Dies kann jedoch nicht mit der Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO, sondern allenfalls mit der Rüge eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO geschehen. Insofern hätte die Beklagte darlegen müssen, dass das Verwaltungsgericht den Wertungsrahmen, den der Überzeugungsgrundsatz dem Tatrichter einräumt, etwa durch eine Nichtbeachtung der Denkgesetze, von gesetzlichen Beweisregeln oder allgemeinen Erfahrungssätzen oder durch eine objektiv willkürliche bzw. aktenwidrige Sachverhaltswürdigung überschritten hat (vgl. aus der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats: BVerwG, Beschlüsse vom 5. Oktober 2018 – 6 B 148.18 [ECLI:DE:BVerwG:2018:051018B6B148.18.0] – juris Rn. 9 und vom 9. Juli 2019 – 6 B 2.18 [ECLI:DE:BVerwG:2019:090719B6B2.18.0] – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 31 Rn. 22, jeweils m.w.N.). Dies hat die Beklagte nicht getan.
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2. Die Beigeladene bleibt mit ihrer Beschwerde ebenfalls erfolglos. Den Darlegungen in der Beschwerdebegründung lässt sich eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des von der Beigeladenen in Anspruch genommenen Revisionszulassungsgrundes des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht entnehmen.
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a. Grundsätzliche Bedeutung misst die Beigeladene zunächst folgender Frage zu:
„Haben Stellungnahmen in Entgeltregulierungsverfahren, die die Europäische Kommission im Verfahren nach Art. 7 /7a Rahmenrichtlinie abgibt, ohne dass die Europäische Kommission der Auffassung ist, dass der Maßnahmenentwurf ein Hemmnis für den Binnenmarkt darstellen würde oder dass sie erhebliche Zweifel an dessen Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht hat, die Bedeutung, in der Abwägung grundsätzlich nur dann überwunden werden zu können, wenn vom europäischen Standard abweichende nationale Besonderheiten vorliegen oder wenn gegenläufige öffentliche und private Belange zu berücksichtigen sind, denen nach der besonders zu begründenden Einschätzung der Bundesnetzagentur im konkreten Einzelfall ein so hohes Gewicht zukommt, dass ihr Zurücktreten nicht gerechtfertigt erscheint oder hat die BNetzA [Bundesnetzagentur] den in der Stellungnahme enthaltenen Hinweisen zwar grundsätzlich zu folgen und kann nur abweichen, wenn sie im Rahmen der Beurteilung einer konkreten Situation den Eindruck hat, dass die Hinweise den Umständen nicht angemessen sind?“
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Diese Frage führt, ohne dass es auf die Klärungsbedürftigkeit unter dem Gesichtspunkt ausgelaufenen Rechts ankommt, jedenfalls deshalb nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, weil sie in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre. Dies ergibt sich aus den obigen Ausführungen (unter 1. a.) zu der fehlenden Klärungsfähigkeit der von der Beklagten als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen. Hier wie dort besteht ein Bezug nur zu dem ersten Begründungsstrang des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Den zweiten Begründungsstrang des Verwaltungsgerichts, der das angefochtene Urteil selbständig trägt, stellt die Beigeladene ebenso wenig wie die Beklagte mit durchgreifenden Revisionszulassungsgründen in Frage.
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b. Grundsatzbedeutung verbindet die Beigeladene weiter mit der Frage:
„Hat die Berücksichtigungspflicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 TKG, Art. 7 Abs. 7 bzw. Art. 7a Abs. 1 Unterabs. 2 Rahmenrichtlinie insoweit individualschützende Wirkung, dass Betroffene der Entscheidung durch eine fehlerhafte Berücksichtigung in ihren Rechten verletzt werden?“
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Auch diese Frage vermag die Zulassung der Grundsatzrevision nicht zu rechtfertigen. Sie ist zum einen in Entsprechung zu den Ausführungen zu der ersten Frage nicht klärungsfähig, da sie sich allein auf den ersten Begründungsstrang des verwaltungsgerichtlichen Urteils bezieht. Der Frage fehlt es zum anderen an der Klärungsbedürftigkeit, weil sie in der vorhandenen Rechtsprechung des erkennenden Senats bereits geklärt ist.
29
Der erkennende Senat hat durchgängig entschieden, dass die – im Entgeltgenehmigungsverfahren analog anzuwendenden – nationalen Vorschriften über das unionsweite Konsolidierungsverfahren ebenso wenig wie ihre unionsrechtlichen Grundlagen einen individualschützenden Charakter haben (zuletzt BVerwG, Urteil vom 21. September 2018 – 6 C 8.17 [ECLI:DE:BVerwG:2018:210918U6C8.17.0] – BVerwGE 163, 181 Rn. 33 m.w.N.). Hierauf kommt es jedoch, wenn es wie hier um die verfahrensfehlerfreie Ausfüllung eines regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraums geht, nicht an (BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2014 – 6 C 18.13 [ECLI:DE:BVerwG:2014:101214B6C18.13.0] – BVerwGE 151, 56 Rn. 68; Urteil vom 1. April 2015 – 6 C 38.13 [ECLI:DE:BVerwG:2015:010415U6C38.13.0] – Buchholz 442.066 § 35 TKG Nr. 10 Rn. 48). Diese ist im Rahmen einer Klage, für die eine auf anderen Vorschriften beruhende Klagebefugnis besteht, zu überprüfen. Verfahrensfehlerhaft ist die Ausfüllung eines regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraums nicht nur dann, wenn – wie in den von dem erkennenden Senat bisher entschiedenen Fällen – ein Konsolidierungsverfahren überhaupt nicht durchgeführt worden ist, sondern auch dann, wenn die Bundesnetzagentur eine in dem Verfahren ergangene Stellungnahme der Kommission unzureichend berücksichtigt hat. Hiervon zu trennen ist wiederum die Frage der inhaltlichen Ausfüllung des Beurteilungsspielraums, deren Überprüfung im Rahmen einer zulässigen Klage nach dem Maßstab der plausiblen und erschöpfenden Argumentation vorzunehmen ist.
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c. Als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung sieht die Beigeladene schließlich an:
„Ist das Gericht berechtigt, die Stellungnahme der Europäischen Kommission, des GEREK oder einer nationalen Regulierungsbehörde im Verfahren nach Art. 7 / 7a Rahmenrichtlinie daraufhin zu überprüfen, ob die in der Stellungnahme gegebenen Hinweise eine zutreffende Auslegung des Unionsrechts beinhalten? Ist das Gericht verpflichtet, eine solche Überprüfung durchzuführen?“
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Die Beigeladene geht mit ihrer Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung wiederum fehl. Die Frage ist wie die vorhergehenden Fragestellungen bereits wegen des ausschließlichen Bezugs auf den ersten Begründungsstrang des angefochtenen Urteils in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Eine Klärungsfähigkeit ergibt sich aus den Darlegungen der Beigeladenen ferner deshalb nicht, weil nicht ersichtlich wird, gegen welche Vorgaben des Unionsrechts die im konkreten Fall in Rede stehende Stellungnahme der Kommission verstoßen könnte; eine Stellungnahme des GEREK steht ohnehin nicht inmitten. Dass Stellungnahmen, die im Rahmen eines Konsolidierungsverfahrens ergehen und einen unionsrechtlich determinierten Bereich betreffen, generell ihrerseits dem Unionsrecht entsprechen müssen und daraufhin gerichtlich – gegebenenfalls nach vorheriger Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union – zu überprüfen sind, liegt auf der Hand und bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren.
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3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 i.V.m. § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.