BVerwG 5. Senat, Beschluss vom 17.12.2020, AZ 5 PB 7/20, ECLI:DE:BVerwG:2020:171220B5PB7.20.0
Leitsatz
Die Anrechnung von Ruhepausen auf die Arbeitszeit unterliegt nicht der arbeitszeitbezogenen Mitbestimmung des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG.
Verfahrensgang
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 9. Juli 2020, Az: OVG 62 PV 5.19, Beschluss
vorgehend VG Berlin, 7. Juni 2019, Az: 72 K 11.18 PVB
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes – vom 9. Juli 2020 wird zurückgewiesen.
Gründe
1
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
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1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen des von der Beschwerde geltend gemachten Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage zuzulassen (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).
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Die Beschwerde (vgl. Beschwerdebegründung S. 5 und 8) hält die Frage für klärungsbedürftig, ob eine Regelung, die die Anrechnung von Ruhepausen auf die Arbeitszeit zum Gegenstand hat, die generell abverlangte Arbeitszeit, d.h. (ausschließlich) die wöchentliche Arbeitszeit betreffe und deshalb nicht der Mitbestimmung des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG unterliege.
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Diese Frage und das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerde rechtfertigen die Zulassung wegen Grundsatzbedeutung nicht. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Eine aufgeworfene Rechtsfrage bedarf nicht der Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren, wenn sie sich bereits anhand des Gesetzeswortlauts und der vorhandenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Weiteres beantworten lässt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 2010 – 6 PB 10.10 – Buchholz 251.7 § 29 NWPersVG Nr. 1 Rn. 2, vom 18. April 2013 – 5 B 62.12 – ZOV 2013, 172 und vom 20. März 2017 – 5 PB 1.16 – PersV 2017, 381). So liegt es hier.
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Das Oberverwaltungsgericht (vgl. BA S. 8) hat festgehalten, dass die streitgegenständlichen Erlasse des Beteiligten vom 9. Mai 2017/25. Juni 2018 die Voraussetzungen regeln, nach denen im Geschäftsbereich der Bundespolizei gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AZV Ruhepausen auf die Arbeitszeit angerechnet werden. Dem ist die Beschwerde (vgl. Beschwerdebegründung S. 7 und 8) nicht entgegengetreten. Die Frage nach der Mitbestimmungspflichtigkeit einer derartigen Regelung ist – entgegen der Auffassung der Beschwerde – im Ergebnis mit dem Oberverwaltungsgericht zu verneinen.
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Nach dem Wortlaut des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluss von Dienstvereinbarungen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die arbeitszeitbezogene Mitbestimmung des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG nicht die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit erfasst, die bzw. deren Umfang als etwas extern Vorgegebenes den einschlägigen gesetzlichen oder tariflichen Regelungen zu entnehmen ist. Die Mitbestimmung des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG bezieht sich vielmehr auf die Verteilung der nach diesen Regelungen von den Beschäftigten abzuleistenden Arbeitszeit auf die einzelnen Wochenarbeitstage und die Festlegung ihrer zeitlichen Lage am einzelnen Arbeitstag. Mit Letzterem geht zwangsläufig die Einteilung, d.h. die Festlegung der zeitlichen Lage und Länge der arbeitstäglichen Pausen einher (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 8. Januar 2001 – 6 P 6.00 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 102 S. 22 und vom 30. Juni 2005 – 6 P 9.04 – BVerwGE 124, 34 <37>, jeweils m.w.N.). Hieraus ergibt sich ohne Weiteres, dass die bereits nicht im Gesetzeswortlaut aufgeführte Anrechnung von Ruhepausen auf die Arbeitszeit nicht dem arbeitszeitrechtlichen Mitbestimmungstatbestand im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG unterfällt, sondern eine Entscheidung im Vorfeld der Mitbestimmung darstellt. Denn mit ihr wird die noch abzuleistende Arbeitszeit weder generell und unmittelbar verbindlich auf die einzelnen Wochenarbeitstage verteilt noch ihre zeitliche Lage am einzelnen Arbeitstag festgelegt. Hierfür bedarf es vielmehr einer weiteren Maßnahme des Dienststellenleiters.
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Soweit die Beschwerde (vgl. Beschwerdebegründung S. 6 f.) aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2005 – 6 P 9.04 – etwas anderes ableiten möchte, hat sie damit keinen Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit diesem Beschluss entschieden, dass sich das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG auch auf die (vorgelagerte) Entscheidung erstreckt, ob und in welchem Umfang Mehrarbeit oder Überstunden angeordnet werden. Dabei hat es entscheidungstragend – womit sich die Beschwerde nicht auseinandersetzt – vor allem auf den systematischen Zusammenhang mit der Regelung des § 75 Abs. 4 BPersVG abgestellt. Diese Regelung spricht von „Anordnung von Mehrarbeit und Überstunden“ und beschränkt unter bestimmten Ausnahmevoraussetzungen die Mitbestimmung des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG bezüglich Mehrarbeit und Überstunden auf die Grundsätze für deren Anordnung. Daraus ist abzuleiten, dass der Personalrat nach der gesetzgeberischen Vorstellung im Fall des Fehlens der Ausnahmevoraussetzungen bei der Anordnung von Mehrarbeit und Überstunden mitzubestimmen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2005 – 6 P 9.04 – BVerwGE 124, 34 <39>). Diese Ableitung greift im vorliegenden Fall jedoch nicht, weil die Anrechnung von Ruhepausen in § 75 Abs. 4 BPersVG keine Erwähnung findet. Ebenso wenig greift hier die weitere entscheidungstragende Begründung des Bundesverwaltungsgerichts, dass Sinn und Zweck der Mitbestimmung in § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG die Mitbestimmungspflichtigkeit der Anordnung von Mehrarbeit und Überstunden gebieten. Die Beschwerde (vgl. Beschwerdebegründung S. 6 f.) weist insoweit zwar zutreffend darauf hin, dass der Personalrat im Rahmen der Mitbestimmung bei Verteilung und arbeitstäglicher Festlegung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zugleich die Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen zu überwachen hat. Sie verkennt aber, dass diese Bestimmungen generell der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeitszeitgestaltung dienen und die arbeitszeitbezogene Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG letztlich auf den Schutz der Beschäftigten vor übermäßiger zeitlicher Inanspruchnahme zielt, die vorrangig durch die Anordnung von Mehrarbeit oder Überstunden in bestimmtem Umfang eintritt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2005 – 6 P 9.04 – BVerwGE 124, 34 <40 f.>). Die Anrechnung von Ruhepausen auf die Arbeitszeit führt – ungeachtet des mit § 5 Abs. 2 AZV bezweckten Gesundheitsschutzes – demgegenüber gerade nicht zu einer zeitlichen Mehrbeanspruchung.
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2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.