BGH 8. Zivilsenat, Urteil vom 09.12.2020, AZ VIII ZR 371/18, ECLI:DE:BGH:2020:091220UVIIIZR371.18.0
§ 249 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 543 Abs 1 BGB
Leitsatz
Der Mieter, der aufgrund einer schuldhaften Pflichtverletzung des Vermieters das Mietverhältnis berechtigt kündigt (hier nach § 543 Abs. 1 BGB), kann die zum Zwecke des Eigentumserwerbs eines Hausanwesens angefallenen Maklerkosten nicht als (Kündigungsfolge-)Schaden ersetzt verlangen (im Anschluss an Senatsurteil vom 9. Dezember 2020 – VIII ZR 238/18, zur Veröffentlichung bestimmt).
Verfahrensgang
vorgehend BGH, 20. Oktober 2020, Az: VIII ZR 371/18, Beschluss
vorgehend LG Stuttgart, 22. Oktober 2018, Az: 4 S 64/17
vorgehend AG Ludwigsburg, 11. Januar 2017, Az: 9 C 570/15
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart – 4. Zivilkammer – vom 22. Oktober 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben als die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 11. Januar 2017 hinsichtlich zur Zahlung geforderter weiterer 14.540,89 € nebst Zinsen (Einlagerungs- und Umzugskosten abzüglich der erstinstanzlich insoweit zuerkannten 2.500 €, Kosten für die Übergangsunterkunft und Kosten für den Küchenumbau) zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Revision des Beklagten gegen das vorbezeichnete Urteil, soweit sie nicht bereits durch Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2020 als unzulässig verworfen worden ist, zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Der Beklagte, ehemals Mieter einer Wohnung des Klägers in K. M. , nimmt diesen im Wege der allein noch den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden Widerklage auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Mit Schreiben vom 2. August 2013 kündigte der Beklagte das Mietverhältnis fristlos, was er unter anderem darauf stützte, der Kläger beziehungsweise ein von diesem beauftragter Handwerker habe seinen Balkon ohne Einverständnis betreten, um dort Arbeiten auszuführen. Bereits in den Jahren zuvor kam es zu erheblichen Differenzen zwischen den Mietvertragsparteien.
3
Unter Einschaltung eines Maklers erwarben der Beklagte und sein Lebensgefährte am 24. August 2013 ein Einfamilienhaus im rund 250 km entfernt gelegenen B. H. , welches zum 18. Dezember 2013 bezugsfertig wurde. Am 30. September 2013 zog der Beklagte aus der Mietwohnung aus und bezog bis zur Fertigstellung des erworbenen Hauses eine Übergangsunterkunft.
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Mit seiner Widerklage hat der Beklagte den Kläger auf Zahlung von insgesamt 35.205,45 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Im Einzelnen macht er folgende Beträge – jeweils nebst Zinsen – geltend:
- –
- Maklerkosten für den Erwerb des Hauses in B. H. (13.030,50 €);
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- Einlagerungs- und Umzugskosten (7.495,99 €);
- –
- Kosten der Übergangsunterkunft (abzüglich ersparter Miete; 1.324 €);
- –
- Kosten für den Umbau der in der Mietwohnung vorhandenen Einbauküche, deren Lieferung in das erworbene Hausanwesen sowie für die dortige Montage (8.220,90 €);
- –
- Maklerkosten, die im Vorfeld der Anmietung der – nunmehr gekündigten – Wohnung angefallen sind (2.165,80 €);
- –
- Rückzahlung der Kaution (1.952,31 €);
- –
- Rechtsanwaltskosten, die in der Berufungsinstanz eines früheren zwischen den Parteien geführten Rechtsstreits, die Zahlung rückständiger Miete betreffend, entstanden sind und welche über die gesetzlichen Gebühren hinausgehen (1.015,95 €).
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Das Amtsgericht hat der Widerklage teilweise stattgegeben. Neben dem – in der Revisionsinstanz nicht mehr streitgegenständlichen – Anspruch auf Rückzahlung der Kaution stünden dem Beklagten die Ansprüche auf Zahlung der Maklerkosten für den Hauserwerb sowie die Kosten für den Umzug sowie der zwischenzeitlichen Einlagerung des Umzugsguts zwar nicht in voller Höhe, jedoch insoweit zu, als sie bei Anmietung einer Wohnung in der Nähe von K. -M. angefallen wären. Diese fiktiven Kosten seien bezüglich des Maklers auf 2.200 € und bezüglich des Umzugs auf 2.500 € zu schätzen.
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Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Auf die Anschlussberufung des Klägers hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Widerklage auch bezüglich der zuerkannten (fiktiven) Maklerkosten für den Hauserwerb sowie der Kosten für den Umzug abgewiesen.
7
Das Berufungsgericht hat im Urteilstenor die Revision hinsichtlich der „Frage des Anspruchs auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens“ zugelassen. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte sowohl Revision als auch – bezüglich der Rechtsanwaltskosten aus dem Vorprozess – Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Er hat für den Fall, dass der Senat eine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung annähme und daher davon ausgehe, der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der ursprünglich aufgewandten Maklerkosten für die Anmietung der Wohnung sei kein „Kündigungsfolgeschaden“ und die Revisionszulassung erstrecke sich hierauf nicht, insoweit vorsorglich Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
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Mit Beschluss vom 20. Oktober 2020 hat der Senat die Revision des Beklagten, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung der für die ursprüngliche Anmietung der Wohnung aufgewandten Maklerkosten nebst Zinsen richtet, als unzulässig verworfen, weil die Revision vom Berufungsgericht diesbezüglich nicht zugelassen worden ist. Die insoweit vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde sowie die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in Bezug auf den Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten aus einem früheren zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit hat der Senat jeweils zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat – soweit sie vom Senat nicht bereits als unzulässig verworfen worden ist – teilweise Erfolg.
I.
10
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
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Zwar stehe dem Beklagten dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Der Umstand, dass der Kläger – in Abwesenheit des Beklagten und trotz dessen ausdrücklicher Untersagung – Arbeiten auf dem Balkon habe durchführen lassen und er entgegen seiner Zusage den Beklagten über den Termin nicht vorab unterrichtet habe, stelle eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die den Beklagten gemäß § 543 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung des Mietvertrags berechtigt habe.
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Jedoch handele es sich bei den vom Beklagten geltend gemachten Schadenspositionen – Maklerkosten für den Erwerb des Eigenheims, Einlagerungs- und Umzugskosten, Kosten für die Übergangsunterkunft sowie für den Umbau, die Lieferung und Montage der Einbauküche – nicht um ersatzfähige Schäden.
13
Es könne dahingestellt bleiben, ob die Entscheidung des Beklagten, nach B. H. zu ziehen und dort Eigentum an einem Haus zu erwerben, überhaupt kausal auf die durch den Pflichtverstoß des Klägers veranlasste Kündigung zurückzuführen sei. Zweifel könnten deshalb aufkommen, weil sich die Arbeitsstelle des Beklagten schon einige Zeit vor der Kündigung nicht mehr in der Nähe der bisherigen Wohnung, sondern im Raum Bonn befunden habe und der notarielle Kaufvertrag über das Haus bereits rund drei Wochen nach der Kündigung geschlossen worden sei.
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Jedenfalls beruhten die geltend gemachten Schäden nicht adäquat auf der Pflichtverletzung und seien nicht vom Schutzzweck der Norm umfasst. Dem Kläger zurechenbar wären nur etwaige Aufwendungen für die Anmietung einer Ersatzwohnung im Raum K. -M. , nicht jedoch diejenigen für den Eigentumserwerb eines Hauses in B. H. .
15
Das pflichtwidrige Verhalten des Klägers habe den Beklagten zur Kündigung des Mietverhältnisses veranlasst. Dadurch habe der Beklagte sein vertragliches Recht zum Gebrauch der Mietsache eingebüßt. Nur im Hinblick auf den Verlust dieses Gebrauchsrechts dürfe er daher für zweckmäßig und notwendig zu erachtende Aufwendungen tätigen. Die vom Beklagten getätigten Aufwendungen überschritten diesen Rahmen. Zum einen habe er den neuen Wohnraum nicht angemietet, sondern zu Eigentum erworben. Anstelle eines begrenzten Nutzungsrechts habe er ein darüber hinausgehendes umfassendes Eigentumsrecht erworben. In räumlicher Hinsicht habe der Beklagte nicht lediglich Ersatzwohnraum beschafft. Nach dem Eigentumserwerb verfüge er nunmehr über ein gesamtes Gebäude mit nur einer Nutzungseinheit und nicht lediglich über eine Zusammenfassung mehrerer Räume. Zudem habe er seinen Wohnort um rund 250 km und damit seinen Lebensmittelpunkt verlagert. Insgesamt handele es sich daher weder um vergleichbaren noch um angemessenen Ersatzwohnraum. Vielmehr habe der Beklagte anlässlich der Kündigung seine Lebensumstände so verändert, dass die in der Folge getätigten Aufwendungen nicht mehr zurechenbar auf die Pflichtverletzung des Klägers zurückzuführen seien.
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Da die Position eines Hauseigentümers grundsätzlich weitergehende Vorteile als das zeitlich und sachlich begrenzte Nutzungsrecht eines Mieters mit sich bringe, würde der Ersatz der geltend gemachten Schadenspositionen eine Übervorteilung des Beklagten darstellen.
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Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts habe der Beklagte auch keinen Anspruch auf Ersatz hypothetischer Maklerkosten für die Anmietung einer Ersatzwohnung in der Nähe von K. -M. und hypothetischer Umzugskosten. Aufwendungen, die der Geschädigte nicht gemacht habe und die er lediglich hätte machen können, seien nicht ersatzfähig. Da es sich bei den vorgenannten Kosten nicht um zurechenbare Schäden handele, seien rein hypothetische Umzugs- und Maklerkosten als „aliud“ und nicht lediglich als „Minus“ zu den geltend gemachten Positionen anzusehen.
II.
18
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Beklagten aus § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz der Maklerkosten, welche für den Hauserwerb angefallen sind, verneint, da es sich hierbei nicht um einen ersatzfähigen Schaden handelt. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann jedoch ein Anspruch auf Ersatz der Einlagerungs- und Umzugskosten, der Kosten für die Übergangsunterkunft sowie der Kosten für Aus- und Umbau sowie Lieferung der Einbauküche in das erworbene Anwesen nicht verneint werden.
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1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass unter Beachtung der Besonderheiten des vorliegenden Falls dem Kläger eine grundsätzlich haftungsbegründende Pflichtwidrigkeit (§ 280 Abs. 1 BGB) anzulasten ist. Seine Annahme, im Betreten des Balkons ohne Ankündigung und trotz gegensätzlich geäußerten Willens des Beklagten, liege eine schuldhafte Pflichtverletzung des Klägers, welche vorliegend eine fristlose Kündigung des Beklagten nach § 543 Abs. 1 BGB rechtfertige, ist rechtsfehlerfrei und wird von keiner Partei angegriffen.
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2. Entgegen der Ansicht der Revision folgt aus dieser Pflichtverletzung jedoch keine Haftung des Klägers für sämtliche hier geltend gemachten Schäden des Beklagten.
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Zwar ist die Mietvertragspartei – hier der Kläger -, die durch eine von ihr zu vertretende Vertragsverletzung die andere Partei zu einer wirksamen außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags veranlasst hat, dieser Partei zum Ersatz des durch die Kündigung verursachten Schadens (sogenannter Kündigungs- oder Kündigungsfolgeschaden) verpflichtet (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 6. Februar 1974 – VIII ZR 239/72, WM 1974, 345 unter II 1; vom 15. März 2000 – XII ZR 81/97, NJW 2000, 2342 unter 2; vom 13. Juni 2007 – VIII ZR 281/06, NJW 2007, 2474 Rn. 9; vom 2. November 2016 – XII ZR 153/15, NJW 2017, 1104 Rn. 11). Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht zutreffend die im Zuge des Erwerbs des Hauses in B. H. angefallenen Maklerkosten als nicht ersatzfähigen Kündigungsfolgeschaden (§ 249 Abs. 1 BGB) angesehen. Dieser ist zwar noch adäquat kausal auf die Vertragspflichtverletzung des Klägers zurückzuführen, jedoch nicht mehr vom Schutzzweck dieser Vertragspflicht umfasst.
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a) Das Vorliegen der Kausalität (Äquivalenz) ist in der Revisionsinstanz zugunsten des Beklagten zu unterstellen. Denn das Berufungsgericht hat es offen gelassen, ob der Schaden überhaupt kausal auf die Pflichtverletzung des Klägers zurückzuführen ist, weil sich die Arbeitsstelle des Beklagten schon einige Zeit vor der Kündigung in der Nähe des erworbenen Hauses befunden habe und der notarielle Kaufvertrag (24. August 2013) nur rund drei Wochen nach der Kündigung (2. August 2013) geschlossen worden sei.
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b) Der Schaden in Form der Maklerkosten ist – äquivalente Kausalität unterstellt – anders als es im Berufungsurteil anklingt noch adäquat kausal auf die Pflichtverletzung des Klägers zurückzuführen.
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aa) Adäquat ist eine Bedingung dann, wenn das Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg der fraglichen Art herbeizuführen. Die Adäquanz kann fehlen, wenn der Geschädigte selbst in völlig ungewöhnlicher oder unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden endgültig herbeiführt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 11. Januar 2005 – X ZR 163/02, NJW 2005, 1420 unter 2 b; vom 25. Januar 2018 – VII ZR 74/15, NJW 2018, 944 Rn. 16).
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bb) Bei Anwendung dieses Maßstabs liegt es noch nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufs der Dinge, dass ein Mieter die von ihm aufgrund einer schuldhaften Pflichtverletzung des Vermieters ausgesprochene Kündigung (hier nach § 543 Abs. 1 BGB) zum Anlass nimmt, seinen künftigen Wohnbedarf nicht wie bisher in angemieteten Räumlichkeiten, sondern in einem Eigenheim zu verwirklichen und zu dessen Erwerb einen Makler einschaltet.
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c) Die Maklerkosten für den Erwerb des Hauses unterfallen jedoch – wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat – nicht mehr dem Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht. Denn eine Haftung besteht nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde, was vorliegend zwischen den Maklerkosten und der mietvertraglichen Pflicht zur (ungestörten) Gebrauchsüberlassung nicht der Fall ist.
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aa) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass die Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Dies gilt unabhängig davon, auf welche Bestimmung die Haftung gestützt wird. Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte vertragliche oder vorvertragliche Pflicht übernommen worden ist (vgl. BGH, Urteile vom 22. April 1958 – VI ZR 65/57, BGHZ 27, 137, 139 ff.; vom 4. Juli 1994 – II ZR 126/93, NJW 1995, 126 unter II 4 a; vom 14. März 2006 – X ZR 46/04, NJW-RR 2006, 965 Rn. 9; vom 11. Juni 2010 – V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 24; vom 22. Mai 2012 – VI ZR 157/11, NJW 2012, 2024 Rn. 14).
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Die Schadensersatzpflicht hängt zum einen davon ab, ob die verletzte Bestimmung überhaupt den Schutz Einzelner bezweckt und der Verletzte gegebenenfalls zu dem geschützten Personenkreis gehört. Zum anderen muss geprüft werden, ob die Bestimmung das verletzte Rechtsgut schützen soll. Darüber hinaus muss die Norm den Schutz des Rechtsguts gerade gegen die vorliegende Schädigungsart bezwecken; die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung beziehungsweise – wie vorliegend – der geltend gemachte Schaden müssen also auch nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm fallen. Der Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen; ein „äußerlicher“, gleichsam „zufälliger“ Zusammenhang genügt nicht. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (vgl. BGH, Urteile vom 14. März 2006 – X ZR 46/04, aaO; vom 22. Mai 2012 – VI ZR 157/11, aaO; vom 20. Mai 2014 – VI ZR 381/13, BGHZ 201, 263 Rn. 10; vom 2. April 2019 – VI ZR 13/18, BGHZ 221, 352 Rn. 30).
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Bei der Verletzung vertraglicher Pflichten hängt die Ersatzpflicht des Schädigers – vorliegend des Vermieters – davon ab, dass die verletzte Vertragspflicht das Entstehen von Schäden der eingetretenen Art verhindern sollte. Der Schädiger hat nur für die Einbußen einzustehen, die die durch den Vertrag geschützten Interessen betreffen (vgl. BGH, Urteile vom 30. Januar 1990 – XI ZR 63/89, NJW 1990, 2057 unter I 2 b; vom 22. September 2016 – VII ZR 14/16, BGHZ 211, 375 Rn. 14; Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 104). Maßgebend ist somit die vertragliche Interessenlage der Parteien und der damit korrespondierende Vertragszweck. Denn in gleicher Weise, wie der Vertragszweck Entstehen, Entwicklung und Untergang der primären Pflichten festlegt, werden hierdurch auch die ihrer Sanktion dienenden (sekundären) Schadensersatzverbindlichkeiten ihrem Umfang nach bestimmt (vgl. Lange/Schiemann, aaO S. 101).
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bb) Hiernach stammen die Kosten des Maklers, welcher vom Beklagten mit der Suche nach einem zu Eigentum zu erwerbenden Anwesen beauftragt war, nicht aus dem Bereich der Gefahren, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht besteht. Anders als die Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgebracht hat, ist nicht maßgebend, dass der Mieter kein „Mehr“ erworben, sondern lediglich den nötigen Ersatzwohnraum beschafft habe. Entscheidend ist vielmehr, dass der Beklagte unter Einschaltung des Maklers aus seiner bisherigen Stellung als Mieter in diejenige eines Eigentümers gewechselt ist, mithin gleichsam ein „aliud“ erlangt hat; auf den vom Berufungsgericht weiter herangezogenen Umstand der Verlagerung des Lebensmittelpunktes des Beklagten an einen anderen – 250 km entfernten – Ort, kommt es in diesem Zusammenhang dagegen nicht an.
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(1) Die Pflichtverletzung des Klägers führt hier – was das Berufungsgericht zutreffend zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat – zum Verlust des Gebrauchsrechts des Beklagten. Denn infolge der Pflichtverletzung des Vermieters hat der Mieter das Mietverhältnis berechtigt gekündigt und dadurch sein Besitzrecht an der Wohnung eingebüßt.
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Somit berührt die Pflichtverletzung des Klägers das vertraglich geschützte Gebrauchserhaltungsinteresse des Beklagten. Greift dieser bei einer solchen Vertragsverletzung des Vermieters – wie hier – berechtigt zur Kündigung, büßt er sein vertragliches Recht zum Gebrauch der Mietsache ein, so dass der Vermieter dann verpflichtet ist, dem Mieter den Schaden zu ersetzen, den er durch diesen Rechtsverlust erleidet (vgl. BGH, Urteile vom 6. Februar 1974 – VIII ZR 239/72, WM 1974, 345 unter II 5; vom 2. November 2016 – XII ZR 153/15, NJW 2017, 1104 Rn. 26). Damit kann der Beklagte Ersatz solcher Schäden verlangen, die in einem inneren Zusammenhang mit seinem Interesse am Gebrauch der Mietsache stehen.
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(2) Dieser Zusammenhang fehlt bezüglich der Maklerkosten. Denn durch den Erwerb eines Hausgrundstücks zu Eigentum, der Gegenstand des Maklervertrags war, hat der Beklagte nicht (lediglich) seinen Besitzverlust ausgeglichen, sondern im Vergleich zu seiner bisherigen Stellung als Mieter eine hiervon zu unterscheidende Stellung als Eigentümer eingenommen.
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Darauf, dass das Besitzrecht des Mieters auch den Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG genießt, kann sich der Beklagte insoweit nicht mit Erfolg berufen. Hiernach ist das Bestandsinteresse des Mieters geschützt; der Eigentumsschutz dient daher der Abwehr solcher Regelungen, die dieses Bestandsinteresse des Mieters gänzlich missachten oder unverhältnismäßig einschränken (vgl. BVerfGE 89, 1, 8). Vorliegend beruft sich der Beklagte jedoch nicht auf Abwehrrechte, sondern macht Schäden infolge des Besitzverlusts geltend.
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(3) Mit dem Wechsel des Beklagten von der – vertraglich geschützten – Stellung eines Besitzers in diejenige eines Eigentümers geht auch eine andere Rechts- und Pflichtenstellung einher, die sich von derjenigen einer Mietvertragspartei signifikant unterscheidet.
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Anders als in der Position des Mieters unterliegt der Beklagte nunmehr – hinsichtlich der Wohnungsnutzung – keinen vertraglichen Bindungen. Sein Besitzrecht an der Wohnung ist nicht mehr, wie zuvor, ein abgeleitetes (vgl. BVerfGE 89, 1, 7 f.; Senatsurteil vom 9. November 2005 – VIII ZR 339/04, BGHZ 165, 75, 82), sondern ein ihm originär zustehendes Recht. Ihm kommt grundsätzlich eine uneingeschränkte sowie eigenverantwortliche Nutzungs- und Verfügungsbefugnis (§ 903 Satz 1 BGB) zu.
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Zudem ist das (Nutzungs-)Recht des Beklagten an den ihm gehörenden Räumlichkeiten nicht zeitlich begrenzt. Demgegenüber ist es das Wesen des Mietvertrags, dass dem Mieter (lediglich) ein Anspruch auf Gebrauchsüberlassung auf Zeit zusteht (vgl. BGH, Urteile vom 6. Dezember 1972 – VIII ZR 179/71, BGHZ 60, 22, 25; vom 17. April 1996 – XII ZR 168/94, NJW 1996, 2028 unter 3). Dieser zeitlichen Begrenzung ist bei der Bestimmung der Ersatzfähigkeit von Schäden des Mieters Rechnung zu tragen.
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Gemessen daran fehlt es bei den vorliegend geltend gemachten Maklerkosten an dem gebotenen inneren Zusammenhang mit dem vertraglich geschützten Interesse des Mieters. Denn durch den Vertragsschluss zeigt dieser – dem Wesen des Mietvertrags entsprechend – sein Interesse an der Erlangung eines zeitlich begrenzten Gebrauchsrechts. Somit ist auch (nur) dieses Interesse geschützt. Erwirbt er eine Wohnung zu Eigentum, verfolgt er jedoch bezüglich der Deckung seines Wohnbedarfs andere Interessen als bisher. Daher fallen Vermögenseinbußen, mittels derer sich der Mieter in die Lage versetzen will, (auf Dauer angelegtes) Eigentum zu erwerben, bei wertender Betrachtung nicht mehr unter den Schutzzweck der Vertragspflicht des Vermieters zur (vorübergehenden) Gebrauchserhaltung.
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cc) Anstelle dieser nicht ersatzfähigen Maklerkosten kann dem Beklagten – was das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat – ein Anspruch auf Ersatz der fiktiven Maklerkosten, die angefallen wären, hätte er eine Wohnung angemietet, nicht zuerkannt werden.
40
Zwar stellen Maklerkosten, die im Zusammenhang mit der Anmietung einer neuen Wohnung anfallen, grundsätzlich einen ersatzfähigen Schaden des Mieters dar (vgl. hierzu Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 – VIII ZR 313/08, NJW 2010, 1068 Rn. 18). Einen solchen Schaden hat der Beklagte vorliegend jedoch nicht erlitten. Sein entstandener, dem Schädiger nicht zurechenbarer, Vermögensschaden kann nicht durch einen anderen, zwar abstrakt zurechenbaren aber nicht eingetretenen Schaden ersetzt werden. Da es bereits an der Ersatzfähigkeit des Schadens dem Grunde nach fehlt, steht, worauf das Berufungsgericht zutreffend abstellt, nicht lediglich dessen Begrenzung auf die zur Schadensbeseitigung erforderliche Höhe in Rede (vgl. auch Senatsurteil vom 5. März 2014 – VIII ZR 205/13, NJW 2014, 1653 Rn. 15). Daher können dem Beklagten nicht unter dem Aspekt der Erforderlichkeit die fiktiven Kosten zugesprochen werden, die bei Anmietung angefallen wären, so dass es auf den Einwand der Revision, Maklerkosten fielen unabhängig davon an, ob eine neue Wohnung gemietet oder ein Hausanwesen gekauft werde und lediglich die Berechnungsgröße eine andere sei, nicht ankommt.
41
3. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die Ansprüche auf Ersatz der weiteren Kündigungsfolgeschäden in Form der Einlagerungs- und Umzugskosten, der Kosten für eine Übergangsunterkunft sowie bezüglich der umgebauten Einbauküche jedoch nicht verneint werden. Der vorgenannte Aspekt des Schutzzwecks der verletzten vertraglichen Pflicht erfordert vielmehr eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Schadenspositionen, welche das Berufungsgericht nicht vorgenommen hat. Im Gegensatz zu den Maklerkosten für den Eigentumserwerb besteht bezüglich der vorgenannten Vermögensschäden der gebotene innere Zusammenhang zur Vertragspflichtverletzung des Klägers.
42
a) So ist etwa anerkannt, dass einem Mieter, der das Mietverhältnis nach einem vertragswidrigen Verhalten des Vermieters – wie hier – wirksam gekündigt hat, als Kündigungsfolgeschaden auch die notwendigen Umzugskosten zu ersetzen sind (vgl. BGH, Urteile vom 6. Februar 1974 – VIII ZR 239/72, aaO; vom 2. November 2016 – XII ZR 153/15, aaO Rn. 21; vgl. auch Senatsurteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 44/16, NJW 2017, 2819 Rn. 17 und 37 [zum Schadensersatzanspruch des Mieters nach unberechtigter Eigenbedarfskündigung]).
43
Dabei ist es für die Ersatzfähigkeit dem Grunde nach unerheblich, ob der Umzug in eine gemietete Wohnung oder – wie hier – in ein zu Eigentum erworbenes Hausanwesen erfolgt. Denn diese Umzugskosten stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang zur Art der konkreten Umsetzung der Wohnbedürfnisse; sie dienen – anders als die Maklerkosten – nicht dem Eigentumserwerb.
44
Zudem hängt das Entstehen der im Zuge des Eigentumserwerbs angefallenen – nicht erstattungsfähigen – Maklerkosten von einer weiteren Entscheidung des Mieters ab, in welcher konkreten Form er seinen künftigen Wohnbedarf deckt. Demgegenüber sind die Umzugskosten als solche von dieser Entscheidung unabhängig, werden nicht erst durch den Eigentumserwerb ausgelöst, sondern sind vielmehr im Grunde bereits im – durch die Pflichtverletzung herbeigeführten – Wohnungsverlust angelegt (vgl. auch Senatsurteil vom 6. Februar 1974 – VIII ZR 239/72, aaO). Sobald das Mietverhältnis beendet ist (§ 542 BGB) steht fest, dass der Mieter umziehen muss; notfalls zunächst – wie hier – in eine Zwischenunterkunft. Somit ist das „Ob“ von Umzugskosten bereits unmittelbare Folge der zur Kündigung führenden Pflichtverletzung; lediglich deren Höhe hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
45
Dass zu diesem Wohnungsverlust letztlich die Kündigung des Beklagten geführt hat, steht einer grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit nicht entgegen, denn dessen Schadensersatzanspruch hat – wie ausgeführt – seine Grundlage in dem zur Kündigung berechtigenden Verhalten (des Vermieters) und nicht in der Form der Vertragsbeendigung, zu der dieses Verhalten Anlass gab (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 1982 – VIII ZR 295/80, NJW 1982, 2432 unter II 1 a).
46
b) Gleiches gilt bezüglich der Kosten der Übergangsunterkunft, der Einlagerungskosten des Umzugsguts sowie der Kosten für den Umbau und die Lieferung der Einbauküche. Auch insoweit handelt es sich um Schäden, die nach ihrer Art und Entstehungsweise in dem gebotenen inneren Zusammenhang mit der Pflichtverletzung des Klägers stehen. Der Umstand, dass der Mieter sich entschließt, seinen künftigen Wohnbedarf nicht mehr mittels der Anmietung von Räumlichkeiten zu decken, sondern Eigentum zu erwerben, hat keinen Einfluss auf die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit, sondern lediglich auf den konkreten Anspruchsumfang.
III.
47
Nach alledem kann das Berufungsurteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht wird im weiteren Verfahren die von ihm offen gelassene Frage der (äquivalenten) Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden zu klären haben.
48
Wird diese Kausalität bejaht, hat das Berufungsgericht Feststellungen zur Erforderlichkeit der hier geltend gemachten Umzugskosten, der Kosten für die Übergangsunterkunft und die zwischenzeitliche Einlagerung des Umzugsguts sowie bezüglich der Einbauküche zu treffen. Die Höhe der Einlagerungs- und Umzugskosten hat der Kläger – auch mit seiner Anschlussberufung – ebenso bestritten, wie den zur Beurteilung der Erforderlichkeit der Anmietung einer Zwischenunterkunft relevanten Umstand, dass das erworbene Haus erst im Dezember 2013 bezugsfertig gewesen sei.
49
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass dem Beklagten bezüglich der vorgenannten Positionen ein Schadensersatzanspruch nicht allein deshalb abgesprochen werden kann, weil die bezogene Wohnung in einer (großen) Entfernung von 250 km von der bisherigen liegt. Vielmehr kann der Beklagte als Schadensersatz die erforderlichen Kosten ersetzt verlangen (§ 249 BGB; vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 2018 – VIII ZR 157/17, BGHZ 218, 22 Rn. 26; vgl. auch BGH, Urteile vom 9. Dezember 2014 – VI ZR 138/14, NJW 2015, 1298 Rn. 14; vom 20. Dezember 2016 – VI ZR 612/15, NJW-RR 2017, 918 Rn. 9).
50
Nach der somit gebotenen subjektbezogenen Schadensbetrachtung kann zur Beurteilung der Erforderlichkeit der einzelnen Schadenspositionen nicht – wie es das Berufungsgericht getan hat – pauschal darauf abgestellt werden, dem Beklagten seien nur die Schäden zu ersetzen, die bei Anmietung einer Ersatzwohnung „in der Nähe von K. -M. “ angefallen wären. Daraus folgt aber nicht, dass sämtliche Kosten – bei unterstellter Kausalität – zu ersetzen sind. Vielmehr ist dies anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei insbesondere der Grund, der Anlass sowie der Zeitpunkt des Entstehens des Wunsches zum Umzug in eine weit entfernt liegende Stadt von Bedeutung sein können.
51
Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- Dr. Milger
- Dr. Schneider
- Dr. Fetzer
- Kosziol
- Dr. Schmidt