Beschluss des BPatG München 28. Senat vom 22.10.2020, AZ 28 W (pat) 569/19

BPatG München 28. Senat, Beschluss vom 22.10.2020, AZ 28 W (pat) 569/19, ECLI:DE:BPatG:2020:221020B28Wpat569.19.0

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 009 979.2

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 22. Oktober 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Dr. Söchtig und des Richters Hermann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

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AdvancedShear

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ist am 25. April 2019 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für die nachfolgenden Waren angemeldet worden:

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Klasse 7: Land-, garten- und forstwirtschaftliche Maschinen und Apparate; Elektrische Gartengeräte; Elektrische Gartenmaschinen; Geräte für den Gartenbau [Maschinen]; Elektrisch betriebene Heckenscheren; Heckenschneider [Maschinen]; Rasentrimmer, Rasenkantenschneidmaschinen;

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Klasse 8: Werkzeuge für die Landwirtschaft sowie für den Garten- und Landschaftsbau; Handbetätigte Gartenwerkzeuge; Scheren für den Gartenbau und die Gartenarbeit; Handbetätigte Gartenscheren, Strauchscheren, Heckenscheren, Baumscheren, Baumsägen.

6

Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 7, hat die Anmeldung – nach vorangegangener Beanstandung vom 10. Mai 2019 – mit Beschluss vom 16. Juli 2019 vollständig zurückgewiesen, da es dem Anmeldezeichen an der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle und an diesem auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bestehe.

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Das Anmeldezeichen kombiniere einfache Worte der englischen Sprache. Das Wort „shear“ werde vom angesprochenen Verkehr in seiner Bedeutung „scheren“ (u. a. Haar, Wolle oder Gras) verstanden. Das Wort „advanced“ werde in Verbindung mit Sachangaben im Sinne von „hochentwickelt“ bzw. „modern“ aufgefasst werden.

8

Alle vom Anmeldezeichen beanspruchten Waren könnten zum Scheren bestimmt sein. Damit weise es einen klaren Bezug zu den Waren der Anmeldung auf. Das Anmeldezeichen werde lediglich als Hinweis verstanden, dass die beanspruchten Waren eine besonders hochentwickelte und moderne Art des Scherens erlaubten. Somit werde der angesprochene Verkehr das Anmeldezeichen lediglich als Hinweis auf die Bestimmung und die Qualität verstehen, wenn es ihm im Zusammenhang mit den einschlägigen Waren der Anmeldung begegne.

9

Da die angemeldete Wortfolge als allgemeine Werbeaussage bzw. Sachhinweis aufgefasst werde, habe der Verkehr auch keine Veranlassung, sie mit einem darüberhinausgehenden Sinngehalt zu verbinden. Insbesondere werde die Vorstellung, dass vorrangig auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen hingewiesen werden solle, nicht aufkommen. Mit dem Anmeldezeichen sei der Verkehr nicht in der Lage, die betriebliche Herkunft der ihm entgegentretenden Angebote zu unterscheiden. Mithin fehle es ihm an der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft.

10

Da die beschreibende Aussage des Anmeldezeichens von den inländischen Verkehrskreisen eindeutig erkannt werde, sei es darüber hinaus im Interesse der Mitbewerber der Anmelderin von der Eintragung ausgeschlossen. Es müsse den Letzteren unbenommen bleiben, ihre gleichen oder ähnlichen Waren mit der erkennbar beschreibenden Angabe der hier vorliegenden Art im Verkehr zu bezeichnen. An der ohne weiteres verständlichen, die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibenden Angabe bestehe somit auch ein Freihaltungsbedürfnis im Verkehr.

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Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde vom 29. Juli 2019, mit der sie sinngemäß beantragt,

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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 7, vom 16. Juli 2019 aufzuheben.

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Sie führt aus, das Anmeldezeichen sei nicht beschreibend, da sich einem Verbraucher ein beschreibender Begriffsinhalt nicht sofort und ohne weiteres Nachdenken erschließe.

14

Bei dem Anmeldezeichen handele es sich um ein Kunstwort. Das Zeichen bestehe aus zwei einzelnen Wörtern, die atypisch und ohne Trennung zusammengesetzt seien, wodurch ein unterscheidungskräftiger Charakter entstehe. Die Unterscheidungskraft des Anmeldezeichens werde zudem durch die Verwendung der Versalien „A“ und „S“ verstärkt. Die angesprochenen Verkehrskreise würden es als Gesamtzeichen wahrnehmen. Um zu dem dem Anmeldezeichen vom Deutschen Patent- und Markenamt beigemessenen Bedeutungsgehalt zu gelangen. sei es erforderlich, eine Reihe von Zwischenschritten und Schlussfolgerungen vorzunehmen. Eine solche analysierende Betrachtungsweise sei jedoch unzulässig.

15

Insgesamt sei „AdvancedShear“ ein eintragungsfähiges Zeichen, dem ohne ausführliche Analyse kein schlüssiger Sinngehalt beigemessen werden könne. Es stelle somit ein phantasievolles Kunstwort dar, das dazu geeignet sei, eigene Waren von denen anderer Marktteilnehmer zu unterscheiden.

16

Ferner würden die angesprochenen Verkehrskreise den Zeichenbestandteil „Shear“ nicht in dem vom Deutschen Patent- und Markenamt angenommenen Sinne verstehen. Er sei kein Wort der englischen Alltagssprache. Einem inländischen, nicht muttersprachlich Englisch sprechenden Durchschnittsverbraucher könne nicht unterstellt werden, der englischen Sprache derart mächtig zu sein, um „Shear“ mit „scheren“ übersetzen zu können. Auch bei „Advanced“ handele es sich nicht um ein Wort der englischen Alltagssprache.

17

Überdies beruhe das Zeichenelement „Advanced“ auf dem Verb „to advance“ und bedeute damit „etwas vorantreiben oder fördern“. Diese Aussage solle das Anmeldezeichen auch vermitteln. Die Waren, für welche das Anmeldezeichen Schutz beanspruche, dienten dazu, dass die angesprochenen Verbraucher ihre verschiedenen „Gartenprojekte“ vorantreiben könnten. Das Zeichen definiere somit Produkte, die dazu geeignet seien, „Gartenprojekte“ zu fördern.

18

Entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamtes stehe der Eintragung des Anmeldezeichens auch kein Freihaltebedürfnis entgegen. Für die Annahme eines solchen reiche es regelmäßig nicht aus, wenn das Zeichen allenfalls auf eine beschreibende Angabe anspiele. Selbst wenn jedoch unterstellt werde, dass der angesprochene Verkehr die Bedeutung von „Advanced“ und „Shear“ jeweils für sich genommen erkenne, so bleibe jedoch der Begriffsinhalt des Anmeldezeichens in seiner Gesamtheit in Verbindung mit den beanspruchten Waren offen und unklar.

19

Abschließend verweist die Anmelderin noch auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen, welche die Schutzfähigkeit des Anmeldezeichens zu stützen geeignet seien.

20

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

21

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Deutsche Patent- und Markenamt die Anmeldung zurückgewiesen, da der Eintragung des gegenständlichen Zeichens das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.

22

1. Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610 – Freixenet; GRUR 2008, 608 – EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569 – HOT; GRUR 2013, 731 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 – Starsat; GRUR 2012, 1044 – Neuschwanstein; GRUR 2010, 825 – Marlene -Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935 – Die Vision; GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233 – Standbeutel; GRUR 2006, 229 – BioID; GRUR 2008, 608 – EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 – VISAGE; GRUR 2009, 949 – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143 – Starsat; GRUR 2012, 1044– Neuschwanstein; GRUR 2012, 270 – Link economy).

23

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 – SAT.2; BGH GRUR 2010, 935 – Die Vision; GRUR 2010, 825 – Marlene -Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006).

24

Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 – Link economy; GRUR 2009, 952 – DeutschlandCard; GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417 – BerlinCard; GRUR 2001, 1151 – marktfrisch; GRUR 2001, 1153 – antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 – Cityservice; GRUR 2001, 1143 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100 – TOOOR!; GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006).

25

Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze kommt dem Anmeldezeichen die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft nicht zu.

26

a) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden – ob der gewählten Binnengroßschreibung deutlich erkennbaren – englischsprachigen Zeichenbestandteilen „Advanced“ und „Shear“ zusammen. Der Erste hat im Deutschen die Bedeutung „fortgeschritten“ oder „fortschrittlich“ (vgl. unter „www.dict.leo.org“, Suchwort: „advanced“). Er wird oftmals als werbeübliche Herausstellung verwendet, um darauf hinzuweisen, dass ein Produkt bzw. eine Dienstleistung besonders hochentwickelt ist (vgl. BPatG 24 W (pat) 521/12 – Advanced Information Research; BPatG 24 W (pat) 84/14 – EURO ADVANCED CARBON FIBER COMPOSITES). Das zweite Zeichenelement „Shear“ ist ein Verb und wird mit „scheren“ oder „abschneiden“ übersetzt (vgl. unter „www.dict.leo.org“, Suchwort: „shear“). In seiner Gesamtheit werden die angesprochenen Verkehrskreise, wozu die gartenaffinen Durchschnittsverbraucher wie auch die Fachkreise gehören, das Anmeldezeichen unschwer und ohne analysierende Betrachtungsweise im Sinne von „fortgeschritten scheren“ bzw. „fortgeschritten abschneiden“ auffassen.

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b) Soweit die Beschwerdeführerin vorgetragen hat, der englischsprachige Begriff „shear“ sei den inländischen Verkehrskreisen nicht bekannt, teil der Senat diese Auffassung nicht. Angesichts der weiten Verbreitung der englischen Sprache auch und gerade im täglichen Leben ist davon auszugehen, dass – wie vorliegend – beschreibende englischsprachige Begriffe regelmäßig als solche verstanden werden (vgl. hierzu BeckOK MarkenR, 22. Edition, Stand: 01.07.2020, § 8, Rdnr. 276). Dies gilt umso mehr, wenn der in Rede stehende Begriff bereits im einschlägigen Warenbereich verwendet wird. So liegt der Fall auch hier:

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Mit gerichtlichem Hinweis vom 9. Juli 2020 hat der Senat die Anmelderin exemplarisch auf folgende Fundstellen im Internet hingewiesen:

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– „Elektrische Gartenschere Professionelle Garten Elektrische Schere Obstbaum-Electric Pruner Cordless Pruning Shears Rechargeable 25Mm“ (vgl. unter „https://www.amazon.de/Elektrische-Gartenschere-Professionelle-Obstbaum-Electric-Rechargeable/dp/B07SW5BTR8“),

30

– „MRSLIU Garden Pruning Shears Professionelle Gartengeräte Hohe Härte Obstsammeln Traubenschnitt Schere Garten Blume Scheren Gartengeräte“ (vgl. unter „https://www.amazon.de/MRSLIU-Professionelle-Gartengeräte-Obstsammeln-Traubenschnitt/dp/B07DX358FN“) sowie

31

– „Große Formschnittschere ‚Topiary Hedge Shear’“ (vgl. unter „https://www.the-british-shop.de/British-Garden-Shop/Gartenwerkzeuge-und-Gartenhelfer-aus-Grossbritannien/Grosse-Formschnittschere-Topiary-Hedge-Shear“).

32

Die vorstehend angeführten Rechercheergebnisse zeigen deutlich, dass der englische Begriff „shear“ zur Bezeichnung von Gartengeräten bereits vielfach Verwendung findet. Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass der Mangel an Unterscheidungskraft nicht bereits dadurch aufgehoben wird, dass die Bedeutung des Zeichens nicht von jedermann erkannt wird, zumal auch bei eindeutig unter § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fallenden glatt beschreibenden Zeichen und Angaben kaum völlig ausgeschlossen werden kann, dass sie unter bestimmten Umständen noch von einem Teil des Publikums als Marken angesehen werden (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 8, Rdnr. 182).

33

c) Unter Berücksichtigung des vorstehenden Sinngehalts stellt das Anmeldezeichen in Verbindung mit den in Klasse 7 beanspruchten Waren „Land-, garten- und forstwirtschaftliche Maschinen und Apparate; Elektrische Gartengeräte; Elektrische Gartenmaschinen; Geräte für den Gartenbau [Maschinen]; Elektrisch betriebene Heckenscheren; Heckenschneider [Maschinen]; Rasentrimmer, Rasenkantenschneidmaschinen“ lediglich eine ausschließlich werblich anpreisende Sachangabe dar. Sie können alle dem Schneiden von Pflanzen oder deren Teilen dienen. Insofern bringt die Wortfolge „AdvancedShear“ lediglich zum Ausdruck, dass die solchermaßen gekennzeichneten Waren in besonderem Maße dazu geeignet sind, fortschrittliche Schneidearbeiten auszuführen. Dies kann beispielsweise auf ihrer konkreten Funktionsweise oder auf der besonderen Qualität der in den Waren verwendeten Schneiden beruhen. Entsprechend verhält es sich bei den Waren „Werkzeuge für die Landwirtschaft sowie für den Garten- und Landschaftsbau; Handbetätigte Gartenwerkzeuge; Scheren für den Gartenbau und die Gartenarbeit; Handbetätigte Gartenscheren, Strauchscheren, Heckenscheren, Baumscheren, Baumsägen“ der Klasse 8. Auch der Zweck von Baumsägen wird von dem Anmeldezeichen benannt, da unter Sägen auch das Zerschneiden zu verstehen ist.

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d) Lediglich ergänzend gilt es anzumerken, dass auch die Anmelderin davon auszugehen scheint, es handele sich bei dem Anmeldezeichen um eine beschreibende Sachangabe und nicht um einen Herkunftshinweis. So hat sie in ihrer Beschwerdebegründung vom 29. Juli 2019 angemerkt, „Advanced“ stehe für „etwas vorantreiben oder fördern“. Weiter hat sie wörtlich ausgeführt: „Die betreffenden Verbraucher sollen mit den Waren, für die das Zeichen „AdvancedShear“ angemeldet wurde, ihre verschiedenen ‚Gartenprojekte‘ vorantreiben“. Nach ihrem eigenen Vorbringen benennt das Zeichen somit Produkte, die dazu geeignet sind, „Gartenprojekte“ zu fördern“. Damit weist es nicht auf die Herkunft der solchermaßen gekennzeichneten Waren aus dem Hause der Anmelderin, sondern lediglich auf den Verwendungszweck hin, was die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft nicht begründen kann.

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e) Auch die von der Beschwerdeführerin angeführten Voreintragungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Etwaige Entscheidungen über (unterstelltermaßen) ähnliche Anmeldungen sind zwar, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht. Sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online.de u. ZVS [Schwabenpost]). Da das Deutsche Patent- und Markenamt die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zutreffend bejaht hat, kommt es auf die weiteren Voreintragungen nicht an, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online.de u. ZVS [Schwabenpost]; BGH GRUR 2011, 230 – SUPERgirl; WRP 2011, 349 – FREIZEIT Rätsel Woche; GRUR 2012, 276 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.).

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2. Ob der Eintragung des Anmeldezeichens darüber hinaus ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann aufgrund obiger Ausführungen im Ergebnis dahinstehen.