BPatG München 30. Senat, Beschluss vom 15.10.2020, AZ 30 W (pat) 526/19, ECLI:DE:BPatG:2020:151020B30Wpat526.19.0
Tenor
In der Beschwerdesache
betreffend die international registrierte Marke IR 1 354 339
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 15. Oktober 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Die auf einer US-amerikanischen Basisanmeldung beruhende, am 31. März 2017 unter Inanspruchnahme einer ausländischen Teil-Priorität vom 13. März 2017 (USA, 87369114) international registrierte Wortmarke IR 1 354 339
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FLAT TUMMY
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sucht um Schutz in der Bundesrepublik Deutschland nach für die folgenden Waren:
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„Klasse 5: Dietary supplements; herbal supplements; herbal teas for medicinal purposes; medicinal herbal preparations; nutritional and dietary supplements formed and packaged as lollipops and shakes; dietary supplement shakes to promote weight loss, and to reduce bloating, and to promote general health and well-being; nutritionally fortified drinks to stimulate and enhance energy for use as a nutritional supplement
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Klasse 30: Herbal infusions; herbal tea.“
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Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 5 – Internationale Markenregistrierung – des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Marke mit Beschluss vom 18. September 2019 den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) verweigert.Zur Begründung ist ausgeführt, „FLAT“ lasse sich mit „flach“ übersetzen (vgl. BPatG 28 W (pat) 532/11 – FLATPACK), das umgangssprachliche englische Wort „TUMMY“ mit „Bäuchlein“ (Englisch unter www.duden.de). Der um Schutz nachsuchenden Wortfolge sei somit in naheliegender Weise die Bedeutung „flacher Bauch, flaches Bäuchlein“ entnehmen. Mit dieser Bedeutung sei die Marke in Bezug auf sämtliche relevanten Waren geeignet, deren Art und Zweck zu bezeichnen. Denn es handele sich um Nahrungsergänzungsmittel, Kräutertees, medizinische Kräuterpräparate sowie Shakes und Drinks, die dem Zweck dienten, einen „flachen Bauch“ herbeizuführen. Auch die Ergebnisse einer amtsseitigen Internetrecherche belegten, dass der inländische Verkehr das Markenwort als beschreibende Sachangabe verstehe.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der IR-Markeninhaberin.
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Sie trägt vor, dem Zeichen
FLAT TUMMY komme kein im Vordergrund stehender beschreibender Bezug zu den relevanten Waren zu.
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Bei dem Wort „tummy“ handele es sich schon nicht um ein Wort des englischen Grundwortschatzes. Vielmehr sei es im Englischen nur Teil einer Sondersprache (Umgangs- bzw. Kindersprache). Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Wort von den inländischen Verkehrskreisen verstanden werde. Selbst wenn man dies aber unterstelle, bleibe der sondersprachliche Charakter offensichtlich, so dass der Verkehr das Gesamtzeichen als kreatives Sprachgebilde mit Herkunftsfunktion, nicht aber als rein beschreibende Produktangabe, auffassen werde.
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Die Wortfolge
FLAT TUMMY sei im Übrigen weder lexikalisch erfasst noch als Gesamtbegriff im Internet oder auf sozialen Netzwerken gebräuchlich. Die Fundstellen der Markenstelle bezögen sich durchweg auf markenmäßige Verwendungen, einschließlich des schutzsuchenden Zeichens der Markeninhaberin.
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Gerade auch speziell in Bezug auf Tees mit dem Versprechen eines „schlankeren Bauchs“ habe sich nicht die Bezeichnung „Flat Tummy“, sondern vielmehr „Detox“ als Oberbegriff durchgesetzt. Die mit
FLAT TUMMY gekennzeichneten Waren der Markeninhaberin würden daher regelmäßig nur als spezielle Angebote im übergeordneten Bereich von „Detox-Kuren“ und „-Produkten“ erwähnt, dies neben den Produkten von Wettbewerbern unter gänzlich unähnlichen Marken.
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Selbst wenn man aber unterstelle, dass
FLAT TUMMY von den Verkehrskreisen im Sinne von „flacher Bauch“ verstanden werde, fehle es an einem beschreibenden Bezug zu den relevanten Waren. Die Endverbraucher würden bei den beanspruchten Waren – zusammengefasst Nahrungsergänzungsmittel und Tees – sicherlich nicht auf Anhieb daran denken, dass diese zu einem flachen Bauch führen könnten.
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Ferner sei darauf hinzuweisen, dass vergleichbaren IR-Marken (u.a. „TUMMY“ (IR 990148), „MUMMY’S TUMMY“ (IR 1219633) sowie „TUMMYTUB“ (IR 802364)) beanstandungsfrei die Schutzerstreckung auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gewährt worden sei. Dieser Eintragungspraxis müsse vorliegend Indizwirkung zukommen.
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Schließlich werde die Bezeichnung
FLAT TUMMY bereits als Hinweis auf die Herkunft der Waren aus dem Unternehmen der Markeninhaberin wahrgenommen, wie eine Google-Recherche sowie Auszüge aus Sozialen Medien belegten.
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Die IR-Markeninhaberin beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 – Internationale Markenregistrierung – des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. September 2019 aufzuheben.
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Der Senat hat der IR-Markeninhaberin in dem Parallelverfahren 30 W (pat) 506/18 Rechercheergebnisse übersandt. Die Markeninhaberin hat mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2020 beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 2020, welcher auf den von ihr hilfsweise gestellten Antrag anberaumt worden war, aufzuheben und im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 MarkenG zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg.
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1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR 2015, 1198 (Nr. 59) – Kit Kat; GRUR 2012, 610 (Nr. 42) – Freixenet; GRUR 2008, 608 (Nr. 66) – EUROHYPO; BGH GRUR 2016, 1167 (Nr. 13) – Sparkassen-Rot; GRUR 2015, 581 (Nr. 16) – Langenscheidt-Gelb; GRUR 2015, 173 (Nr. 15) – for you; GRUR 2014, 565 (Nr. 12) – smartbook; GRUR 2013, 731 (Nr. 11) – Kaleido; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) – Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa EuGH GRUR 2015, 1198 (Nr. 59) – Kit Kat; GRUR 2014, 373 (Nr. 20) – KORNSPITZ; 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) – Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) – EUROHYPO; GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 – Standbeutel; BGH GRUR 2016, 1167 (Nr. 13) – Sparkassen-Rot; GRUR 2016, 934 (Nr. 9) – OUI; GRUR 2015, 581 (Nr. 16) – Langenscheidt-Gelb; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; GRUR 2009, 949 (Nr. 10) – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2017, 186 (Nr. 29) – Stadtwerke Bremen; GRUR 2016, 1167 (Nr. 13) – Sparkassen-Rot; GRUR 2015, 581 (Nr. 9) – Langenscheidt-Gelb; GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) – Starsat; GRUR 2012, 270 (Nr. 8) – Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 (Nr. 24) – Matratzen Concord/Hukla).
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Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung bzw. der Schutzerstreckung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Nr. 15 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2013, 519 (Nr. 46) – Deichmann; GRUR 2004, 674 (Nr. 86) – Postkantoor; BGH GRUR 2017, 186 (Nr. 30, 32) – Stadtwerke Bremen; 2014, 1204 (Nr. 12) – DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 270 (Nr. 11) – Link economy; GRUR 2009, 952 (Nr. 10) – DeutschlandCard). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2017, 186 (Nr. 32) – Stadtwerke Bremen; GRUR 2014, 1204 (Nr. 12) – DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 1143 (Nr. 9) – Starsat; GRUR 2010, 1100 (Nr. 23) – TOOOR!; GRUR 2006, 850 (Nr. 28 f.) – FUSSBALL WM 2006).
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2. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen fehlt dem angemeldeten Zeichen
FLAT TUMMY im vorliegenden Warenzusammenhang jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
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a) Wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, erschließt sich der Bedeutungsgehalt des einfachen Wortes des englischen Grundwortschatzes „FLAT“ (für „flach“, vgl. BPatG 28 W (pat) 532/11 – FLATPACK) auch dem inländischen Durchschnittsverbraucher unmittelbar.
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In Bezug auf das Wort „TUMMY“ ist der Markeninhaberin zwar zuzugeben, dass es sich um kein einfaches Wort des Grundwortschatzes, sondern im Ausgangspunkt um einen Begriff der englischen Umgangssprache (Kindersprache) mit der Bedeutung „Bäuchlein“ handelt.
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Dennoch lässt sich nach den Rechercheergebnissen des Senats, die der IR-Markeninhaberin im Parallelverfahren zur Verfügung gestellt worden sind, eine – auch vor dem Prioritätszeitpunkt datierende – inländische Verwendung für „TUMMY“ sowie auch für die Wortkombination „FLAT TUMMY“ nachweisen.
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Diese inländische Verwendung erfolgt zwar teilweise, wie von der Markeninhaberin gerügt, markenmäßig (vgl. neben der Marke der Anmelderin u.a.: „FLAT TUMMY Caps“, „Yummi Tummi Babymode“; „TummyTub, Badespass für Ihr Baby“), dies aber nicht nur; es finden sich branchenübergreifend auch Beispiele für eine beschreibende Verwendung, so unter anderem:
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– in der Medizin („Tummy Time“ als Bezeichnung für eine kinderärztlich empfohlene Spielzeit in Bauchlage für Säuglinge; vgl. im Übrigen auch BPatG 30 W (pat) 521/13 – TUMMY TUCK);
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– im Modebereich, hier steht u.a. „Tummy Top“ für bauchfreie Mode, vgl. u.a.:
29
— www.hamburg.mitvergnuegen.com: „Ob wir es nun „Tummy Top“, „Belly shirt“ oder einen „Crop Top“ nennen…“;
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— www.zoonar.de (2009): Lightbox Bauchfrei Mode… tummy top fashion finden;
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– in Zusammenhang mit Essensgenuss („Alles was mein Tummy mag“, www.welt.de, 2015; „yummy, i got love in my tummy, es gibt Kekse!“, www.zwergenprinzessin.com, 2014);
32
– sowie in Zusammenhang mit dem hier einschlägigen Themenbereich (diätetische Produkte, Detox):
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— www.bikinisandpassports.de, Detox Delight Juice (16.1.2016): „Hello flat tummy!…Mit der Suppe war es wirklich super, hab diesmal…“
34
— www.pinterest.de, „Eistee ganz einfach (…), FLAT TUMMY Detox water“
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Ferner wird in der von der Markenstelle ermittelten Fundstelle „Drei Super-Tees für einen flachen Bauch“ (InStyle vom 8. Juli 2016) der Gesamtbegriff „Flat Tummy Tee“ beschreibend erwähnt („Geheimtipp von Models wie R…: Flat Tummy Tees“; „So genannte Flat Tummy Tees werden in Star-Kreisen, von Bloggern und auf Instagram schon seit geraumer Zeit gehypt“). Dass, wie die Markeninhaberin im Amtsverfahren vorgetragen hat, im Folgenden u.a. das unter dem Zeichen „FLAT TUMMY TEA
„ vertriebene Produkt der Markeninhaberin vorgestellt wird, ändert nichts an der beschreibenden Verwendung des Gesamtbegriffs in der Einleitung des Artikels.
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Die Gesamtschau der vorgenannten Fundstellen legt es nahe, dass auch die inländischen Endverbraucherkreise das Wort „TUMMY“ bzw. die Wortfolge
FLAT TUMMY im vorliegenden Warenzusammenhang unmittelbar verstehen werden. Letztlich kann dies aber dahinstehen.
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Denn zu den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen zählt neben den angesprochenen Endverbrauchern immer auch der mit den fraglichen Waren und Dienstleistungen befasste Handel (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 ff., Rdn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723, 725, Rdn. 29 – Chiemsee). Diese Fachkreise verfügen aufgrund ihrer Tätigkeit über besonders qualifizierte Sprachkenntnisse, wobei vorliegend ohnehin die Welthandelssprache Englisch in Rede steht.
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Hinzu tritt vorliegend, dass im englischen Sprachraum das beanspruchte Begriffspaar
FLAT TUMMY nachweislich seit vielen Jahren fest eingeführt ist und häufig verwendet wird (vgl. hierzu etwa die der Markeninhaberin übersandte Google-Recherche mit Nachweisen wie: „How I GOT a Flat Tummy in 30 Days!“; „Flat tummy? Yahoo Answers“; „The best way for a flat tummy“).
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Vor diesem Hintergrund sind die am Handel mit den einschlägigen Waren (Tee, Nahrungsergänzungsergänzungsmittel) beteiligten Fachkreise ohne Weiteres im Stande, die Wortfolge
FLAT TUMMY auf Anhieb im von der Markenstelle dargelegten Sinne zu verstehen, nämlich als Hinweis auf die Art und den Bestimmungszweck der Waren, einen „flachen Bauch“ zu bewirken.
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b) Mit dieser Bedeutung erschöpft sich das Markenzeichen aber für sämtliche beanspruchten Waren
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„Klasse 5: Dietary supplements; herbal supplements; herbal teas for medicinal purposes; medicinal herbal preparations; nutritional and dietary supplements formed and packaged as lollipops and shakes; dietary supplement shakes to promote weight loss, and to reduce bloating, and to promote general health and well-being; nutritionally fortified drinks to stimulate and enhance energy for use as a nutritional supplement
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Klasse 30: Herbal infusions; herbal teas”
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in einer Beschaffenheits- und Bestimmungsangabe. Denn für sämtliche genannten Produkte kann
FLAT TUMMY ohne Weiteres darauf hinweisen, dass sie den Bestimmungszweck „flacher Bauch“ haben und mithin einen diätetischen Zweck erfüllen.
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3. Die Bezeichnung
FLAT TUMMY geht auch in ihrer Gesamtheit weder hinsichtlich der sprachlichen Form noch hinsichtlich ihres begrifflichen Inhalts über die bloße Summe der Sachangaben hinaus (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Nr. 39-41 – BIOMILD; GRUR 2006, 229, 230 f. – Nr. 34-37 – BioID), sondern erschöpft sich in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren in einer aus sich heraus verständlichen und für den (Fach-)Verkehr ohne weiteres erkennbaren Wortkombination, ohne einen darüber hinausreichenden Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren zu vermitteln.
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4. Die IR-Markeninhaberin kann sich zur Ausräumung des Schutzhindernisses auch nicht auf eine ihrer Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Nach übereinstimmender höchstrichterlicher Rechtsprechung lässt sich aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken grundsätzlich kein Schutzgewährungsanspruch herleiten, da es sich bei der Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl. z.B. EuGH GRUR 2009, 667, Nr. 18 – Bild.t.-Online.de; BGH GRUR 2012, 276, Nr. 18 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.).
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5. Schließlich greift auch der Vortrag der IR-Markeninhaberin im Anmeldeverfahren, die Bezeichnung
FLAT TUMMY erfülle bereits die Funktion als Hinweis auf die Herkunft der Waren aus ihrem Unternehmen (unter Hinweis auf eine Google-Recherche bzw. Auszüge aus Sozialen Medien), nicht durch. Einer aufgrund intensiver Benutzung im Verkehr erlangten Unterscheidungskraft für die beanspruchten Waren kommt allenfalls in Zusammenhang mit der Frage einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG Bedeutung zu. Für eine Verkehrsdurchsetzung liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor. Insoweit ist zunächst eine (Anfangs-)Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung erforderlich, die einen schlüssigen Sachvortrag dazu verlangt, in welcher Form, für welche Waren bzw. Dienstleistungen, von wem, in welchem Gebiet und Umfang sowie seit wann die Angabe im Verkehr nach Art einer Marke eingesetzt worden ist (vgl. zu den Anforderungen insoweit Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 8 Rn. 713 m.w.N.). Vorliegend sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt.
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6. Die Marke kann damit ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit ihr gekennzeichneten beschwerdegegenständlichen Waren zu garantieren, jedenfalls in Deutschland nicht erfüllen. Ihr steht somit der Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft entgegen, so dass die Markenstelle die Schutzerstreckung zu Recht gemäß §§ 119, 124, 113, 37 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 5 Abs. 1 PMMA, Art. 6
quinquiesB PVÜ verweigert hat.
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Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.