Nichtannahme einer teils mangels zureichender Beschwerdebegründung, teils wegen Subsidiarität unzulässigen Verfassungsbeschwerde in einer familienrechtlichen Sache (Nichtannahmebeschluss des BVerfG 1. Senat 1. Kammer)

BVerfG 1. Senat 1. Kammer, Nichtannahmebeschluss vom 20.08.2020, AZ 1 BvR 1668/20, ECLI:DE:BVerfG:2020:rk20200820.1bvr166820

§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG

Verfahrensgang

vorgehend OLG Frankfurt, 23. Juni 2020, Az: 4 UF 45/20, Beschluss
vorgehend OLG Frankfurt, 12. Mai 2020, Az: 4 UF 45/20, Beschluss

vorgehend AG Wetzlar, 25. November 2019, Az: 614 F 1000/19, Beschluss

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft familiengerichtliche Entscheidungen in einem auf Teile des Sorgerechts für die beiden Kinder des Beschwerdeführers bezogenen Verfahren.

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1. Durch Beschluss vom 19. November 2019 gewährte das Familiengericht dem Beschwerdeführer eine Stellungnahmefrist bis zum 26. November 2019. Bereits mit angegriffenem Beschluss vom 25. November 2019 entschied es jedoch in der Sache. Dagegen legte der Beschwerdeführer einen mit „Widerspruch“ überschriebenen Rechtsbehelf ein und lehnte zudem den zuständigen Abteilungsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Oberlandesgericht legte im Sorgerechtsverfahren ‒ anders als im vorliegend nicht gegenständlichen Zwischenverfahren über die Befangenheit ‒ den Rechtsbehelf als Beschwerde (§ 58 FamFG) aus und wies diese durch angegriffenen Beschluss vom 12. Mai 2020 zurück. Die dagegen gerichtete Anhörungsrüge (§ 44 FamFG) des Beschwerdeführers blieb aufgrund des ebenfalls angegriffenen Beschlusses vom 23. Juni 2020 erfolglos.

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Der Beschwerdeführer sieht sich durch die gerichtlichen Entscheidungen in seinen Ansprüchen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) verletzt; außerdem hält er diese für willkürlich.

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2. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe aus § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor, weil die Verfassungsbeschwerde insgesamt nicht zulässig ist.

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a) Soweit sie sich gegen den familiengerichtlichen Beschluss richtet, genügt sie aus verschiedenen Gründen nicht den Begründungsanforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG.

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Der Beschwerdeführer trägt diesbezüglich nicht vollständig vor und hat zudem für die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde erforderliche Unterlagen nicht vorgelegt. So verschweigt er, dass er ausweislich der von ihm nicht bestrittenen Feststellungen in dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 5. Februar 2020 im Zwischenverfahren über die Befangenheit bereits am 21. November 2019 von der eingeräumten Stellungnahmemöglichkeit Gebrauch gemacht hatte. Außerdem verhält er sich nicht dazu, ob das Familiengericht aufgrund seiner vorgenannten Stellungnahme Anlass hatte, mit weiteren Ausführungen vor Ablauf der Stellungnahmefrist zu rechnen. Derartiger Vortrag war schon deshalb geboten, weil der abgelehnte Abteilungsrichter wiederum ausweislich des vom Beschwerdeführer eingereichten Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 5. Februar 2020 in seiner dienstlichen Stellungnahme zum Ablehnungsgesuch ausgeführt hatte, der Beschwerdeführer habe nach der Stellungnahme vom 21. November 2019 keine weiteren Ausführungen angekündigt.

7

Der Beschwerdeführer hat zudem versäumt, seine beiden Stellungnahmen vom 21. und 26. November 2019 vorzulegen oder ihren wesentlichen Inhalt vorzutragen. Ohne Kenntnis des Inhalts insbesondere der letztgenannten kann aber nicht beurteilt werden, ob die Möglichkeit besteht, dass das Familiengericht entscheidungserhebliches Vorbringen des Beschwerdeführers übergangen hatte und keine Heilung im Beschwerdeverfahren erfolgt ist.

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b) Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts vom 12. Mai 2020 wendet, ist dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) nicht genügt. Durch den Hinweisbeschluss vom 30. März 2020 war er darüber informiert, dass das Oberlandesgericht seinen Rechtsbehelf vom 11. Dezember 2019 insoweit als Beschwerde behandeln würde. Indem er nach eigenem Vortrag darauf bewusst nicht reagiert hat, hat er die damit eröffnete Möglichkeit versäumt, die nunmehr gerügten Verletzungen von Verfassungsrecht bereits im fachgerichtlichen Verfahren beseitigen zu lassen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60>; stRspr).

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c) Im Übrigen genügt die Verfassungsbeschwerde insgesamt nicht den Begründungsanforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Es fehlt durchgängig die gebotene Auseinandersetzung mit den maßgeblichen verfassungsrechtlichen Maßstäben (vgl. BVerfGE 140, 229 <232 Rn. 9>).

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3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.