BGH 3. Zivilsenat, Urteil vom 23.07.2020, AZ III ZR 66/19, ECLI:DE:BGH:2020:230720UIIIZR66.19.0
§ 839 Abs 1 S 1 BGB, § 84 Abs 5 SGB 11, § 84 Abs 6 SGB 11, § 85 Abs 6 S 1 Halbs 2 SGB 11, § 85 Abs 7 SGB 11
Leitsatz
Zum Verschulden der Bediensteten der staatlichen Heimaufsicht bei Anordnung eines im nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren als rechtswidrig bewerteten Aufnahmestopps gegenüber einem Pflegeheim wegen unzureichender personeller Ausstattung.
Verfahrensgang
vorgehend Thüringer Oberlandesgericht, 4. April 2019, Az: 4 U 202/18
vorgehend LG Erfurt, 23. Februar 2018, Az: 2 O 1349/16
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 4. April 2019 aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Grundurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt vom 23. Februar 2018 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 28. März 2018 dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Die Klägerin nimmt als Trägerin eines Pflegeheims den beklagten Freistaat wegen Umsatzausfalls und Personalmehrkosten im Zusammenhang mit Ordnungsverfügungen der Heimaufsicht auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Klägerin betreibt das A. Seniorenzentrum in E. mit 147 Pflegeplätzen, wobei vom 1. Juni 2011 bis zum 30. April 2012 vorübergehend lediglich 113 Plätze zur Verfügung standen, da ein Wohnbereich anderweitig vermietet war. Für den Zeitraum vom 1. November 2011 bis zum 31. Dezember 2012 schloss sie mit den sozialrechtlichen Kostenträgern eine Pflegesatzvereinbarung ab („Vereinbarung gemäß §§ 84, 85 und 87 SGB XI zur Vergütung von Leistungen der vollstationären Pflege“). § 4 der Vereinbarung lautet wie folgt:
„Personelle Ausstattung / Personaleinsatz
(1) Die Gesamtpersonalausstattung für Pflege und soziale Betreuung gemäß Anlage 1 Strukturbogen Block C Ziffern I – VII wird unter Berücksichtigung der Bewohnerstruktur gemäß Anlage 1 Strukturbogen Block B Ziffer IV für die zu erbringenden Leistungen vereinbart.
(2) Der Träger verpflichtet sich, mit dem in der Anlage 1 als notwendig anerkannten Personal eine bedarfsgerechte, gleichmäßige sowie fachlich qualifizierte dem allgemein anerkannten Stand der medizinisch-pflegerischen Erkenntnisse entsprechende Pflege und soziale Betreuung der Bewohner jederzeit sicherzustellen. Er verpflichtet sich des Weiteren, bei Personalengpässen oder -ausfällen durch geeignete Maßnahmen die Versorgung der Heimbewohner abzusichern. Auf Verlangen der Landesverbände der Pflegekassen weist der Träger in einem Personalabgleich nach, dass das vereinbarte Personal tatsächlich bereitgestellt und bestimmungsgemäß eingesetzt ist (§ 84 Abs. 6 SGB XI).
(3) Weicht das vereinbarte Personal in Vollzeitkräften oder Qualifikation vom tatsächlich bereitgestellten und bestimmungsgemäß eingesetzten Personal ab, hat der Träger gegenüber den Landesverbänden der Pflegekassen die Gründe hierfür nachzuweisen. Eine Vertragsverletzung liegt vor, wenn die Abweichung vom vereinbarten Personal nicht durch erlöswirksame Veränderungen in der Belegungsstruktur durch den Träger dargestellt werden kann.“
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Bestandteil der Pflegesatzvereinbarung ist der in § 4 in Bezug genommene und als Anlage 1 beigefügte „Strukturbogen über die Leistungs- und Qualitätsmerkmale gemäß § 84 Absatz 5 SGB XI“ (im Folgenden: LQM). Danach waren bei einer Gesamtzahl von 113 Heimplätzen (Abschnitt D II) neben einer Pflegedienstleitung 17,64 Pflegefachkräfte, 17,59 Pflegehilfskräfte und zwei Betreuungsfachkräfte zu beschäftigen (Abschnitt C I), wobei prospektiv für zwölf Monate (1. Oktober 2011 bis 30. September 2012) davon ausgegangen wurde, dass 44,22 % der zu betreuenden Bewohner der Pflegestufe I, 46,05 % der Pflegestufe II und 9,73 % der Pflegestufe III angehören.
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Mit Bescheid vom 19. Juni 2012 ordnete der Beklagte, vertreten durch das Landesverwaltungsamt (Heimaufsicht), für das Pflegeheim der Klägerin „bis zur Sicherstellung einer ausreichenden personellen Besetzung entsprechend des Verhandlungsergebnisses mit den Pflegekassen (LQM)“ einen sofortigen Aufnahmestopp gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 HeimG an und untersagte, neue Heimbewohner über eine Kapazität von 77 Plätzen hinaus aufzunehmen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Zum 5. Juni 2012 seien bei einer Auslastung von 92,92 % (105 Bewohner) nur 12 Pflegefachkräfte statt einem Soll von 16,39 beschäftigt gewesen. Die personelle Besetzung sei für die Pflege und Betreuung von 105 Bewohnern unzureichend. Mit dem in der Einrichtung eingesetzten Pflegefachkraftpersonal könne nur eine angemessene Pflege und Betreuung von 77 Bewohnern gewährleistet werden (12 Pflegefachkräfte x Kapazität 113 / 17,64 Pflegefachkräfte nach LQM = 77 Plätze). Die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 17 Abs. 1 HeimG seien gegeben, da trotz Beratung durch die Heimaufsicht das Personal nicht entsprechend den LQM-Festlegungen aus dem Jahr 2011 vorgehalten und die in § 5 Abs. 1 Satz 2 der Heimpersonalverordnung (HeimPersV) gesetzlich normierte Fachkraftquote von 50 % nicht erfüllt werde.
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Nachdem sich die Personalausstattung zum 3. Juli 2012 verbessert hatte (14,92 Pflegefachkräfte bei 106 Bewohnern), widerrief der Beklagte den Bescheid vom 19. Juni 2012 durch Bescheid vom 12. Juli 2012 für die Zukunft und untersagte die Aufnahme neuer Heimbewohner oberhalb einer Kapazitätsgrenze von 95 Bewohnern. Mit Änderungsbescheiden vom 19. September 2012, 25. Oktober 2012 und 14. November 2012 wurde die Kapazitätsgrenze entsprechend der jeweils aktuellen Personalausstattung (zum 17. September 2012: 15,88 Pflegefachkräfte; zum 1./15. November 2012: 18,5 Pflegefachkräfte; bei jeweils 113 Bewohnern) auf 102, 110 und 118 Bewohner angehoben. Mit Bescheid vom 22. März 2013 widerrief der Beklagte den Aufnahmestopp für die Zukunft, da das inzwischen eingesetzte Pflegepersonal (zum 1. März 2013: 21 Pflegefachkräfte) die angemessene Pflege und Betreuung von 135 Bewohnern gewährleiste. Für den Fall der Aufnahme von mehr als 135 Bewohnern wurde die Klägerin verpflichtet, dies der Heimaufsicht vorab anzuzeigen und die Sicherstellung der angemessenen Pflege und Betreuung der Heimbewohner nachzuweisen.
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Die Klägerin erhob gegen die Bescheide vom 12. Juli, 19. September, 25. Oktober und 14. November 2012 sowie vom 22. März 2013 Klage vor dem Verwaltungsgericht W. . Dieses stellte durch rechtskräftiges Urteil vom 21. Januar 2015 die Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 12. Juli, 19. September, 25. Oktober und 14. November 2012 fest und hob den Bescheid vom 22. März 2013 auf. Das Verwaltungsgericht hielt die Berechnung des notwendigen Personalbedarfs durch die Heimaufsicht für rechtswidrig. Diese habe in dem Zeitraum zwischen dem Abschluss der Pflegesatzvereinbarung und dem jeweils zugrunde gelegten Stichtag fehlerhaft nur eine Veränderung der Anzahl der Bewohner berücksichtigt, nicht jedoch, ob und wie sich die Struktur der Bewohner – gemessen an den Pflegestufen – verändert habe. Es liege auf der Hand, dass sich der erforderliche Personalbedarf nicht nur mit der absoluten Zahl der Bewohnerschaft, sondern auch mit deren Zusammensetzung verändere.
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Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG) sowie aus Ordnungsbehördenhaftung (§ 52 des Thüringer Ordnungsbehördengesetzes – ThürOBG) Schadensersatz in Höhe von 201.785,20 € nebst Zinsen. Sie hat geltend gemacht, ihr sei in dem Zeitraum von Juli 2012 bis Februar 2015 ein Umsatzausfall (entgangene, gesondert zu berechnende investive Kosten) von insgesamt 441.883,30 € entstanden. Davon verlange sie im Kosteninteresse zunächst lediglich 44.200 €. Personalmehrkosten in Höhe von 157.585,20 € ergäben sich aus einem Abgleich zwischen dem vom Beklagten für erforderlich gehaltenen und von der Klägerin tatsächlich auch eingestellten Personal auf der einen Seite und dem laut Pflegesatzvereinbarung als ausreichend anzusehenden Personal auf der anderen Seite.
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Der Beklagte hat sich unter anderem damit verteidigt, die mit der Pflegekasse abgesprochene Berechnungsmethode der Heimaufsicht sei jedenfalls rechtlich vertretbar gewesen. Es habe zum damaligen Zeitpunkt weder ein festgelegter Personalschlüssel existiert noch hätten einschlägige Rechtsprechung beziehungsweise Literatur vorgelegen, weshalb die individuell mit der Einrichtung verhandelten LQM als einzige Orientierungshilfe zur Verfügung gestanden hätten.
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Das Landgericht hat den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt er seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
I.
11
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
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Der Anspruch der Klägerin sei gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG dem Grunde nach gerechtfertigt. Soweit für den Zeitraum von Juli 2012 bis Februar 2015 im Wege der Teilklage entgangener Umsatz in Höhe von 44.200 € und darüber hinaus Personalmehrkosten in Höhe von 157.585,20 € geltend gemacht würden, sei es zumindest wahrscheinlich, dass der Anspruch jedenfalls in irgendeiner Höhe bestehe. Der Teilbetrag beziehe sich auf den aus dem Bescheid vom 12. Juli 2012 resultierenden Umsatzausfall im Juli und August 2012, der darauf beruhe, dass nicht – wie regelmäßig – monatlich 13 Personen, sondern im Juli niemand und im August nur drei Personen hätten aufgenommen werden dürfen. Ausgangspunkt für den gesamten Schaden sei allein der zweite Bescheid vom 12. Juli 2012. Das Landgericht habe auch zutreffend erkannt, dass die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf Grund des verwaltungsgerichtlichen Urteils feststehe und die Amtspflichtverletzung schuldhaft erfolgt sei. Die Rechtsansicht der Heimaufsicht sei nicht mehr vertretbar. Den Fahrlässigkeitsvorwurf stütze der Senat insbesondere auf den Umstand, dass die Bediensteten der Heimaufsicht zwar zutreffend erkannt hätten, dass auch die Pflegestufenverteilung bei der Berechnung zu berücksichtigen sei, dem aber nicht nachgekommen seien. Dies gelte für alle hier in Rede stehenden Bescheide. Stets habe die Heimaufsicht die maximal zulässige Bewohnerzahl ohne Berücksichtigung der Pflegestufenverteilung errechnet. Ein Verschulden der Heimaufsicht könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt verneint werden, die Klägerin habe entgegen § 4 Abs. 3 Satz 1 der Pflegesatzvereinbarung die Gründe für die Abweichung des tatsächlich eingesetzten Personals von dem vereinbarten nicht nachgewiesen. Denn die Nachweispflicht bestehe nur auf Verlangen der Landesverbände der Pflegekassen. Ein solches Verlangen habe der Beklagte aber nicht dargetan. Zutreffend habe das Landgericht offengelassen, ob auch ein Anspruch der Klägerin gemäß § 52 ThürOBG in Verbindung mit § 68 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes (ThürPAG) bestehe. Im Streitfall habe der Schadensausgleich infolge rechtswidriger Inanspruchnahme durch die Ordnungsbehörden neben der Amtshaftung keine eigenständige Bedeutung, zumal § 68 ThürPAG nicht vollen Schadensersatz, sondern nur einen angemessenen Schadensausgleich (Entschädigung) gewähre.
II.
13
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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1. Ein Amtshaftungsanspruch der Klägerin nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG besteht mangels Verschuldens der zuständigen Sachbearbeiter des Landesverwaltungsamtes nicht, da die beanstandeten Maßnahmen der Heimaufsicht jedenfalls rechtlich vertretbar waren.
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a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass auf Grund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts W. vom 21. Januar 2015 mit Bindungswirkung auch für den nachfolgenden Amtshaftungsprozess feststeht, dass die Bescheide des Beklagten vom 12. Juli, 19. September, 25. Oktober und 14. November 2012 sowie vom 22. März 2013 rechtswidrig waren. Nach ständiger, seit langem bestehender Rechtsprechung des Senats sind die Zivilgerichte im Amtshaftungsprozess an rechtskräftige Entscheidungen von Verwaltungsgerichten im Rahmen ihrer Rechtskraftwirkung (§ 121 VwGO) gebunden. Die Bindungswirkung erfasst in persönlicher Hinsicht die Beteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (§ 63 VwGO) und ihre Rechtsnachfolger und ist sachlich auf dessen Streitgegenstand (hier: Anfechtungsklage beziehungsweise Fortsetzungsfeststellungsklage hinsichtlich der vorgenannten Bescheide) beschränkt. In diesem Rahmen folgt die Bindung der Zivilgerichte aus der grundsätzlichen Gleichwertigkeit der Gerichtszweige (zB Senat, Urteil vom 7. Februar 2008 – III ZR 76/07, BGHZ 175, 221 Rn. 10; BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 848, 851 [Stand: 15. April 2020]; jeweils m. zahlr. wN; siehe auch Senat, Urteil vom 18. April 2019 – III ZR 67/18, NJW 2019, 2400 Rn. 17).
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b) Die Bediensteten des Beklagten handelten aber nicht schuldhaft. Zwar muss jeder Amtsträger die zur Führung seines Amtes notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen. Er ist bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung verpflichtet, die Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach auf Grund vernünftiger Überlegungen sich eine Rechtsmeinung zu bilden. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründet jedoch ohne weiteres einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar angesehen werden kann, dann kann aus der späteren Missbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteile vom 9. Dezember 2004 – III ZR 263/04, BGHZ 161, 305, 309 und vom 10. Februar 2011 – III ZR 37/10, BGHZ 188, 302 Rn. 13; jeweils mwN). Das gilt insbesondere in Fällen, in denen die objektiv unrichtige Rechtsanwendung eine Vorschrift betrifft, deren Inhalt – bezogen auf den zur Entscheidung stehenden Einzelfall – zweifelhaft sein kann und noch nicht durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung klargestellt ist (zB Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1991 – III ZR 9/91, NJW-RR 1992, 919 und Urteil vom 9. Dezember 2004 aaO S. 309 f).
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c) Auf der Grundlage dieser rechtlichen Maßgaben waren die Anordnungen der Heimaufsicht jedenfalls vertretbar.
18
aa) Dies folgt allerdings nicht bereits aus der Kollegialgerichts-Richtlinie, die besagt, dass einen Beamten in der Regel kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (zB Senat, Urteil vom 9. Juli 2020 – III ZR 245/18; BGH, Senat für Notarsachen, Beschluss vom 20. Juli 2020 – NotZ(Brfg) 3/19; jew. m. umfangr. wN, beide zur Veröffentlichung bestimmt; BeckOGK/Dörr aaO Rn. 465 mwN). Zwar hat das Verwaltungsgericht W. im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 – in Kammerbesetzung – die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Maßnahmen der Heimaufsicht mit der Begründung abgelehnt, die Erfolgsaussichten der Klage seien gering, weil die Anordnungen der Heimaufsicht formell und materiell rechtmäßig seien. Die Kollegialgerichts-Richtlinie ist aber bei Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz wegen der nur summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht anwendbar (Senat, Urteile vom 20. Februar 1992 – III ZR 188/90, BGHZ 117, 240, 250 und vom 14. März 2002 – III ZR 302/00, BGHZ 150, 172, 184; BeckOGK/Dörr aaO Rn. 465.2).
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bb) Die rechtliche Vertretbarkeit der Anordnungen der Heimaufsicht ergibt sich jedoch aus den nachfolgenden Erwägungen.
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(1) Die staatliche Heimaufsicht, die im Land Thüringen bis zum Inkrafttreten des Landesgesetzes über Wohnformen und Teilhabe vom 10. Juni 2014 (ThürWTG) gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 125a Abs. 1 GG auf der Grundlage des Heimgesetzes des Bundes vom 5. November 2001 (BGBl. I 2001, 2970) ausgeübt wurde (Dickmann, Heimrecht, 11. Aufl., A Rn. 27, 29), ist nicht auf die verwaltungsrechtlichen Regelungen des Heimgesetzes beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die spezifisch sozialrechtlichen Bestimmungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 HeimG dient die staatliche Heimaufsicht unter anderem dem Zweck, die Einhaltung der dem Heimträger gegenüber den Bewohnern obliegenden Pflichten zu sichern (vgl. Beschluss-empfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 21. Juni 2001 zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Heimgesetzes, BT-Drucks. 14/6366, S. 33). Nach § 117 Abs. 1 SGB XI arbeiten die Landesverbände der Pflegekassen bei der Überprüfung der Pflegeeinrichtungen mit den nach den heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörden eng zusammen. Die Erstreckung der Heimaufsicht auf die Sicherung von Pflichten, die dem Heimträger gegenüber den Heimbewohnern nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch obliegen, beruht auf der Erwägung, die Position der oft unter altersbedingten Einschränkungen oder Behinderungen leidenden Heimbewohner angesichts ihrer wirtschaftlichen Unterlegenheit und ihrer strukturellen Abhängigkeit vom Heimträger zu stärken und sie nicht auf eigene Rechtsverfolgung und -verteidigung zu verweisen (BVerwG, NZS 2014, 667 Rn. 6, 9; VGH Baden-Württemberg, PflR 2012, 666, 670).
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Der durch die Heimaufsicht zu gewährleistende Standard der Pflege nach dem Heimgesetz ist dem sozialrechtlich festgelegten Pflegestandard nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch grundsätzlich gleichzustellen (OVG Nordrhein-Westfalen, PflR 2005, 510, 514; Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 23. Februar 2001 zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Heimgesetzes, BT-Drucks. 14/5399, S. 26). Die Festlegungen in Pflegesatzvereinbarungen bilden deshalb einen aussagekräftigen Maßstab für die Beurteilung der Personalausstattung in einem bestimmten Heim. Der Einhaltung der personellen Vorgaben der Pflegesatzvereinbarung kommt eine indizielle Bedeutung für eine ausreichende personelle Besetzung eines Pflegeheims zu (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen aaO; VGH Baden-Württemberg, PflR 2013, 582, 591 mwN). Zur Sicherstellung der leistungsrechtlichen Verpflichtungen des Heimträgers aus den Festlegungen der Pflegesatzvereinbarung ist die Heimaufsicht befugt, auf der Grundlage von § 17 Abs. 1 Satz 1 HeimG Anordnungen zu treffen, insbesondere auch Anforderungen an die personelle Ausstattung des Heimes zu stellen. Anders als eine Vergütungskürzung nach § 115 Abs. 3 Satz 1 SGB XI, die nur in Betracht kommt, wenn eine zu geringe Personalausstattung eines Heims zu konkreten Qualitätsmängeln führt (BSGE 112, 1), sind die Maßnahmen der Heim-aufsicht auf der Grundlage von § 17 Abs. 1 Satz 1 HeimG nicht vom Nachweis einer konkreten Beeinträchtigung abhängig. Ausreichend ist, dass objektive Anhaltspunkte für eine unzureichende personelle Ausstattung bestehen (VG Sigmaringen, PflR 2007, 398, 403). Denn die Maßnahmen der Heimaufsicht dienen öffentlichen Zwecken, zu denen nicht nur die Abwendung konkreter Beeinträchtigungen des Pflegestandards, sondern nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 17 Abs. 1 Satz 1 HeimG auch die Einhaltung der Pflichten gegenüber den Heimbewohnern zählt. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn sich der Heimträger der Einhaltung bestehender Pflichten insbesondere im Hinblick auf die Personalausstattung mit der Begründung entziehen könnte, ein gegenüber den Festlegungen in der Pflegesatzvereinbarung zu geringer Personalbestand führe nicht zu konkreten Beeinträchtigungen.
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(2) Für die Entscheidung über den Aufnahmestopp musste die Heimaufsicht feststellen, welche personelle „Soll-Ausstattung“ die Klägerin zu gewährleisten hatte. Hierfür waren die Festlegungen in den Leistungs- und Qualitätsmerkmalen der Anlage 1 zur Pflegesatzvereinbarung („Strukturbogen“) grundsätzlich maßgebend. Diese sahen eine Ausstattung mit 17,64 Pflegefachkräften bei 113 Heimbewohnern vor. Dahinter blieb der tatsächliche Bestand an Pflegefachkräften zurück. Um die Höchstzahl der Heimbewohner für einen Aufnahmestopp festzulegen, musste die Heimaufsicht errechnen, wie viele Heimbewohner mit dem tatsächlich vorhandenen Personal im Rahmen der Vorgaben der Leistungs- und Qualitätsmerkmale betreut werden konnten. Sie setzte daher in dem Ausgangsbescheid vom 19. Juni 2012 die Kapazität von 113 Heimplätzen ins Verhältnis zur Personalvorgabe von 17,64 Pflegefachkräften und errechnete daraus bei zwölf vorhandenen Pflegefachkräften eine Höchstzahl von 77 Bewohnern. Diese Berechnungsmethode, die auch bei den Folgebescheiden angewendet wurde, beruhte auf sachlichen Erwägungen und war jedenfalls vertretbar.
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(a) Nach § 84 Abs. 5 Satz 1 SGB XI sind die wesentlichen Leistungs- und Qualitätsmerkmale einer stationären Pflegeeinrichtung (Pflegeheim) in der Pflegesatzvereinbarung festzulegen. Hierzu gehören gemäß § 84 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB XI insbesondere die Zuordnung des voraussichtlich zu versorgenden Personenkreises, Art, Inhalt und Umfang der Leistungen, die von der Einrichtung während des Pflegezeitraums erwartet werden, sowie die von der Einrichtung für den voraussichtlich zu versorgenden Personenkreis individuell vorzuhaltende und nach Berufsgruppen gegliederte personelle Ausstattung. § 84 Abs. 6 Satz 1 SGB XI verpflichtet den Heimträger, mit der vereinbarten personellen Ausstattung die Versorgung der Pflegebedürftigen jederzeit sicherzustellen. Dem entspricht die Regelung in § 4 Abs. 2 der zwischen der Klägerin und den Kostenträgern geschlossenen Pflegesatzvereinbarung. Nach § 85 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 SGB XI sind Pflegesatzvereinbarungen für das Pflegeheim sowie für die Pflegebedürftigen und deren Kostenträger unmittelbar verbindlich. Da die Leistungs- und Qualitätsmerkmale und die darin enthaltenen Festlegungen zur Personalausstattung (hier: LQM-Strukturbogen als Anlage 1 zur Pflegesatzvereinbarung) als inhaltlich unverzichtbare Elemente einer qualitativ hochwertigen Pflege und Betreuung gemäß § 84 Abs. 5 SGB XI Bestandteile der Pflegesatzvereinbarung sind, gilt die unmittelbare Verbindlichkeit auch hierfür.
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(b) Es war zumindest vertretbar, dass die Bediensteten des Beklagten in den Bescheiden bei der Berechnung der höchstzulässigen Bewohnerzahl anhand der LQM-Festlegungen etwaige Veränderungen der Bewohnerstruktur nach Pflegestufen nicht berücksichtigten. Nach § 85 Abs. 7 SGB XI in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung (entspricht § 85 Abs. 7 Satz 1 SGB XI nF) erfolgt eine Neuverhandlung der Pflegesätze (während des laufenden Pflegesatzzeitraums) nur bei „unvorhersehbaren wesentlichen Veränderungen“ der Annahmen, die der Vereinbarung oder Festsetzung der Pflegesätze zugrunde lagen, und setzt das Verlangen einer Vertragspartei voraus. Nach § 85 Abs. 7 Satz 2 SGB XI, der durch das Zweite Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und weiterer Vorschriften vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I 2424) mit Wirkung vom 1. Januar 2017 eingeführt wurde, gilt dies insbesondere bei einer erheblichen Abweichung der tatsächlichen Bewohnerstruktur, was durch die Gesetzesänderung lediglich klargestellt werden sollte. Schon nach der alten Fassung des § 85 Abs. 7 SGB XI konnte die erhebliche Änderung der Bewohnerstruktur eine wesentliche Veränderung der der Pflegesatzvereinbarung zugrunde liegenden Annahmen darstellen (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 11. November 2015, BT-Drucks. 18/6688, S. 128, 146). Aus der Regelung in § 85 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 und Abs. 7 SGB XI folgt somit, dass bei einer erheblichen Abweichung der tatsächlichen Bewohnerstruktur die Bindungswirkung der Pflegesatzvereinbarung und der darin festgelegten Pflegesätze erst dann entfällt, wenn es auf Verlangen einer Vertragspartei zu einer Neuverhandlung der Pflegesätze kommt. Im Übrigen bleiben die Pflegesätze auch bei Veränderungen der Bewohnerstruktur verbindlich. Zwar bezieht sich § 85 Abs. 7 SGB XI seinem Wortlaut nach nur auf die Pflegesätze. Im Hinblick auf den Regelungszusammenhang von § 84 Abs. 6 Satz 1 und § 85 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2, Abs. 7 SGB XI ist aber die den Anordnungen der Heimaufsicht zugrunde liegende Annahme, dass auch die Festlegungen über die Personalausstattung während der Pflegesatzlaufzeit grundsätzlich verbindlich seien und nicht (fortlaufend) aktualisiert werden müssten, rechtlich zumindest vertretbar. In diesem Sinne kann auch der der Pflegesatzvereinbarung als Anlage beigefügte Berechnungsbogen verstanden werden. Darin wird der konkrete Personalbedarf abhängig von der Zahl der Heimbewohner, aber ohne Berücksichtigung etwaiger Veränderungen der Bewohnerstruktur nach Pflegestufen dargestellt (zB Personalsoll bei Belegung mit 113 Bewohnern: 17,64 Fachkräfte, 17,59 Hilfskräfte und zwei Betreuungsfachkräfte).
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(c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts blieben der Grad der Pflegebedürftigkeit der Heimbewohner und damit der Arbeitsintensität der personellen Leistungen in der Berechnung der Heimaufsicht auch nicht gänzlich außer Betracht. Denn dem in den Leistungs- und Qualitätsmerkmalen festgelegten Personalbedarf lag eine konkrete Prognose der Verteilung der Heimbewohner auf die einzelnen Pflegestufen für den Zeitraum vom 1. Oktober 2011 bis 30. September 2012 zugrunde. Unberücksichtigt blieben nur von dieser Prognose abweichende Veränderungen der Bewohnerstruktur. Solange jedoch konkrete Anhaltspunkte für eine relevante Veränderung der Bewohnerstruktur von der Klägerin nicht geltend gemacht wurden und auch sonst nicht ersichtlich waren, durfte die Heimaufsicht die der Pflegesatzverhandlung zugrunde liegende Prognose weiterhin für maßgebend erachten. Es kommt hinzu, dass auch die Regelung in § 4 Abs. 3 der Pflegesatzvereinbarung, nach der Abweichungen von der vereinbarten Personalausstattung unter anderem durch Veränderungen der Belegungsstruktur gerechtfertigt sein können, voraussetzt, dass der Heimträger solche Veränderungen konkret nachzuweisen und die Heimaufsicht sie nicht von Amts wegen zu ermitteln hat. Aus der von der Klägerin vorgelegten Anlage K 22 ergibt sich zudem, dass die Parteien der Pflegesatzvereinbarungen in den Folgejahren (2013 bis 2015) bei den Vergütungsverhandlungen von einer Pflegequote von 1,25 (Bewertung der prozentualen Anteile der Pflegestufen mit einer Äquivalenzziffer) ausgegangen sind, die sich nur unwesentlich von derjenigen für den vorliegend maßgeblichen Zeitraum von 1,27 unterschied, und zugleich sogar ein höherer Anteil schwer pflegebedürftiger Bewohner angenommen wurde.
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(3) Für eine über die eigene Rechtsanwendung durch die Heimaufsicht hinausgehende Prüfung der Rechtslage durch Einholung externen Rechtsrats etwa in Form eines Rechtsgutachtens, was das Landgericht explizit gefordert und worauf das Berufungsgericht Bezug genommen hat, bestand kein Anlass. Die heimaufsichtsrechtlichen Anordnungen beruhten, wie die jeweils ausführlich begründeten Bescheide belegen, auf einer sorgfältigen rechtlichen und tatsächlichen Prüfung (siehe hierzu zB Senat, Urteile vom 8. Oktober 1992 – III ZR 220/90, BGHZ 119, 365, 370; vom 14. Dezember 2000 – III ZR 151/99, BGHZ 146, 153, 165 und vom 21. April 2005 – III ZR 264/04, NVwZ 2006, 245, 246). Zur Berechnung des Personalbedarfs gab es bis dahin, soweit ersichtlich, weder Rechtsprechung noch Schrifttum. Die von der Heimaufsicht vertretene und mit der Pflegekasse zusätzlich abgestimmte Rechtsauffassung beruhte auf sachlichen, vernünftigen Erwägungen und war insgesamt praxisgerechter als die dem Urteil des Verwaltungsgerichts W. vom 21. Januar 2015 zugrunde liegende Ansicht.
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2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Anders als die Klägerin meint, kann der Klageanspruch nicht auf § 52 ThürOBG in Verbindung mit § 68 Abs. 1 Satz 2 ThürPAG gestützt werden. Aus dem Klagevorbringen und den hierzu vorgelegten Kostenübersichten (insbesondere Anlagen K 16, 17, 22, 27-29) ergibt sich nicht, dass die Klägerin ohne den geltend gemachten zusätzlichen Personaleinsatz in der Lage war, die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Anordnungen der Heimaufsicht jeweils tatsächlich vorhandenen Bewohner bedarfsgerecht zu pflegen und zu betreuen sowie darüber hinaus – wie behauptet – noch bis zu 23 weitere Bewohner im Juli und August 2012 aufzunehmen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Zusammensetzung der Bewohnerstruktur nach Pflegestufen zugunsten der Klägerin relevant von den Annahmen abwich, die der Prognose in der gültigen Pflegesatzvereinbarung zugrunde lagen. Es hätte deshalb kein Grundurteil (§ 304 Abs. 1 ZPO) erlassen werden dürfen, weil es an der Wahrscheinlichkeit fehlt, dass irgendein Schaden entstanden ist, der ohne die beanstandeten Bescheide nicht eingetreten wäre (vgl. Senat, Urteil vom 21. April 2005 aaO, mwN).
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a) § 68 Abs. 1 Satz 2 ThürPAG normiert einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch zugunsten desjenigen, der auf Grund einer rechtswidrigen Maßnahme der Polizei oder, kraft der Verweisung in § 52 ThürOBG, der Sicherheitsbehörden einen Schaden erleidet. Der Anspruch steht schon auf Grund des eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht nur Personen zu, die als Unbeteiligte in Anspruch genommen werden, sondern jedem Adressaten einer rechtswidrigen Maßnahme (Buchberger/Rachor in Lisken-Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 6. Aufl., M Rn. 71; ebenso Stein in Möstl/Bäuerle, BeckOK Polizei- und Ordnungsrecht Hessen, Stand: 10. Juli 2019, § 64 HSOG Rn. 27 zum nahezu wortlautgleichen § 64 HSOG). Er unterscheidet sich in der Rechtsfolge von einem Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG, weil er nicht auf Schadensersatz gerichtet ist, sondern einen angemessenen Schadensausgleich gewährt, dessen Höhe sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet und der hinter dem vollen Schadensersatz zurückbleiben kann (Ebert/Seel, Thüringer Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei, 7. Aufl., § 68 Rn. 10; Buchberger/Rachor aaO M Rn. 101 ff).
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b) Geht man davon aus, dass durch das Urteil des Verwaltungsgerichts W. vom 21. Januar 2015 die Rechtswidrigkeit der heimaufsichtsrechtlichen Anordnungen vom 12. Juli, 19. September, 25. Oktober und 14. November 2012 sowie vom 22. März 2013 auch für den Entschädigungsanspruch nach § 52 ThürOBG bindend festgestellt wurde, muss zusätzlich die Entstehung irgendeines Schadens feststehen. Daran fehlt es hier.
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aa) Allein aus der Rechtswidrigkeit des jeweiligen Aufnahmestopps folgt nicht, dass die Klägerin – unter Beachtung ihrer Pflicht zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung (vgl. § 84 Abs. 6 Satz 1, § 115 Abs. 3 SGB XI) – im Juli und August 2012 neben der Pflege und Betreuung der bereits vorhandenen 106 Bewohner weitere 23 pflegebedürftige Personen hätte aufnehmen können und darüber hinaus in der Folgezeit in ihrer Aufnahmekapazität unzulässig beschränkt worden ist. Denn die Klägerin war – wie ausgeführt – an die Vorgaben der Pflegesatzvereinbarung und der Leistungs- und Qualitätsmerkmale gebunden. Diese waren für sie nach § 85 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 SGB XI unabhängig von den Anordnungen der Heimaufsicht unmittelbar verbindlich.
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Dementsprechend musste die Klägerin auch ohne Anordnungen der Heimaufsicht ihre aus der Pflegesatzvereinbarung folgende Verpflichtung, im Verhältnis zur Zahl der Heimbewohner eine bestimmte Personalausstattung zu gewährleisten, einhalten. Festgelegt war eine Besetzung mit einer Pflegedienstleitung, 17,64 Pflegefachkräften, 17,59 Pflegehilfskräften und zwei Betreuungsfachkräften bei 113 Heimplätzen bei einer prognostizierten Belegung mit 48,97 Personen in Pflegestufe I (44,22 %), 50,99 in Pflegestufe II (46,05 %) und 10,78 in Pflegestufe III (9,73 %). Auf der Grundlage dieser personellen Vorgaben, einer unveränderten Struktur der Bewohnerschaft in den Pflegestufen und der jeweiligen tatsächlichen Personalausstattung war ab einer bestimmten Anzahl an Heimbewohnern der in den Leistungs- und Qualitätsmerkmalen festgelegte Personalstandard nicht mehr gewährleistet. Die von der Heimaufsicht in den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Bescheiden bestimmten Maximalbelegungen sind nach diesen Maßgaben zutreffend errechnet worden. Mehr Bewohner als von der Heimaufsicht ermittelt durfte die Klägerin nur dann aufnehmen und betreuen, wenn sich die Bewohnerstruktur nach Pflegestufen im Vergleich zur Prognose der Leistungs- und Qualitätsmerkmale zu einem höheren Anteil von Personen mit niedriger Pflegestufe relevant verschoben hatte. Nur in diesem Fall konnte sich der durch die Heimaufsicht verhängte Aufnahmestopp für die Klägerin nachteilig auswirken, weil er sie ohne eine solche Veränderung der Bewohnerstruktur nur zu einem Verhalten anhielt, zu dem sie auf Grund der unmittelbar verbindlichen Vorgaben der Leistungs- und Qualitätsmerkmale ohnehin verpflichtet war.
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bb) Eine für sie günstige relevante Veränderung der Bewohnerstruktur nach Pflegestufen hat die Klägerin indes nicht dargelegt; auf die diesbezügliche Rüge des Beklagten in der Berufungsbegründung hat sie lediglich ihre Behauptungen wiederholt, dass auf Grund der Verfügungen der Heimaufsicht eine Belegung mit neuen Bewohnern im Juli und August 2012 nicht möglich gewesen sei und „Überpersonal“ habe eingesetzt werden müssen (insbesondere Berufungserwiderung vom 17. Juli 2018, S. 1-5). Unerheblich ist, dass die Rüge des Beklagten sich in erster Linie auf die Schadensentstehung im Rahmen des vorrangig geltend gemachten Amtshaftungsanspruchs bezog. Denn die Kausalitätsfrage stellt sich hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs nach § 52 ThürOBG in gleicher Weise.
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Aus der als Anlage K 22 von der Klägerin vorgelegten Aufstellung der Bewohnerstruktur für Dezember 2012 ergibt sich zwar ein höherer Anteil von Bewohnern in Pflegestufe I (bei einer Pflegequote von 1,21 gegenüber einem prognostizierten Wert von 1,27). Diese Aufstellung bezieht sich aber nicht auf die Bewohnerstruktur zu den für die Anordnungen der Heimaufsicht maßgeblichen Zeitpunkten. Entgegen der Auffassung der Klägerin versteht der Senat das Berufungsurteil auch nicht dahin, dass der Beklagte die adäquat-kausale Entstehung eines Schadens „eingeräumt“ hat. Den diesbezüglichen Urteilspassagen (BU 5 Abs. 5 und 6 Abs. 2) ist lediglich zu entnehmen, dass der Beklagte geltend gemacht hat, selbst bei Zugrundelegung der klägerischen Berechnungen ergäben sich bedeutend niedrigere Beträge.
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Die Behauptung der Klägerin, die Fachkraftquote im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 HeimPersV sei jederzeit eingehalten gewesen, ist irrelevant, weil die Fachkraftquote nicht die Personalausstattung insgesamt, sondern nur den Anteil der Fachkräfte am Pflegepersonal betrifft.
III.
35
Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann abschließend entscheiden, da der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und auch auf Grund des Parteivorbringens in den Vorinstanzen und im Revisionsrechtszug weitere Aufklärung nicht zu erwarten ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
- Herrmann
- Remmert
- Reiter
- Arend
- Herr