BGH 12. Zivilsenat: Zugewinnausgleichsverfahren: Wert des Beschwerdegegenstandes für die Beschwerde gegen einen zur Auskunftserteilung und Vorlage von Belegen verpflichtenden Beschluss

Leitsatz

Zum Wert des Beschwerdegegenstandes für die Beschwerde gegen einen zur Auskunftserteilung und Vorlage von Belegen verpflichtenden Beschluss in einem Zugewinnausgleichsverfahren.

Verfahrensgang

vorgehend OLG Hamm, 11. Juni 2019, Az: II-13 UF 42/18
vorgehend LG Münster, 16. März 2018, Az: 57 F 76/17

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 13. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. Juni 2019 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.

Wert: bis 500 €

Gründe

I.

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Die Antragsgegnerin macht im Scheidungsverbund in Form eines Stufenantrags Zugewinnausgleich geltend und verlangt dabei in der ersten Stufe Auskunft und Belegvorlage. Die Beteiligten haben am 22. Juni 2009 geheiratet. Der Scheidungsantrag ist seit 5. Juli 2017 rechtshängig.

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Das Amtsgericht hat den Antragsteller durch Teilbeschluss verpflichtet, der Antragsgegnerin Auskunft zu erteilen über sein Vermögen zu den Stichtagen 22. Juni 2009 (Anfangsvermögen), 3. Januar 2016 (Trennungsvermögen) und 5. Juli 2017 (Endvermögen) und diese Auskunft durch im Einzelnen aufgeführte Unterlagen (Grundbuchauszüge, Versicherungsverträge nebst Rückkaufswerten, Bilanzen und Jahresabschlussunterlagen, Gesellschaftsverträge und Kontoauszüge zu Darlehensverpflichtungen) zu belegen.

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Gegen die in der Entscheidung ausgesprochene Verpflichtung zur Auskunftserteilung zu dem vom Amtsgericht angenommenen Trennungszeitpunkt und zur Belegvorlage zu allen drei Stichtagen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Diese hat das Oberlandesgericht verworfen, weil der Wert der Beschwer 600 € nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

II.

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Die gemäß §§ 112 Nr. 2, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern, § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO.

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1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Beschwerdewert übersteige nicht 600 €. Für die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands sei bei der Verpflichtung zur Auskunftserteilung auf das Interesse des Rechtsmittelführers abzustellen, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dafür sei, unbeschadet eines hier nicht dargelegten besonderen Geheimhaltungsinteresses, der Aufwand an Zeit und Kosten maßgeblich, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordere. Der titulierten Verpflichtung zur Vorlage eines Bestandsverzeichnisses nebst Belegvorlage zu den genannten Stichtagen könne der Antragsteller im Wesentlichen ohne Hinzuziehung sachverständiger Hilfspersonen nachkommen. Der erforderliche Aufwand sei gering und könne in Anlehnung an den Stundensatz eines Zeugen nach §§ 20, 21 JVEG mit zehn Stunden à 3,50 € bemessen werden. Selbst wenn man mit dem Antragsteller einen Aufwand von 30 Stunden annehmen und einen Stundensatz von 14 € ansetzen wollte, wäre der Wert von 600 € nicht überschritten. Der Wert der Beschwer erhöhe sich auch nicht um die mit der Abwehr einer ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten, denn anders als der Antragsteller meine, könne den titulierten Verpflichtungen ein vollstreckungsfähiger Inhalt nicht abgesprochen werden.

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2. Die Auffassung des Beschwerdegerichts, die nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwer von über 600 € sei nicht erreicht, weil bei einer Verpflichtung zur Auskunft auf den Zeitaufwand für die Erfüllung des Anspruchs abzustellen sei, der hier unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 3,50 € nach § 20 JVEG jedenfalls unter 600 € liege, bewegt sich im Rahmen der Rechtsprechung des Senats. Dabei kann der dem Beschwerdegericht bei der Bemessung der Beschwer eingeräumte Ermessensspielraum im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob es die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 3. Juli 2019 – XII ZB 116/19 – FamRZ 2019, 1442 Rn. 10 mwN und vom 10. Januar 2018 – XII ZB 451/17 – FamRZ 2018, 445 Rn. 5 mwN). Solche Ermessensfehler liegen hier nicht vor.

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a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass sich die Beschwer eines zur Auskunftserteilung Verpflichteten – abgesehen von dem hier ersichtlich nicht vorliegenden Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses – nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nach seinem Interesse bemisst, die Auskunft nicht erteilen zu müssen (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 13. Februar 2019 – XII ZB 499/18 – FamRZ 2019, 818 Rn. 9 mwN; BGHZ GSZ 128, 85 = FamRZ 1995, 349, 350 f.). Für die Bewertung des Beschwerdegegenstands ist dabei nur auf den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung abzustellen. Das daneben auch bestehende Ziel des zur Auskunft Verpflichteten, den Hauptanspruch zu verhindern, geht dagegen über das Ziel des Rechtsmittels hinaus und ist daher bei der Wertfestsetzung nicht zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Februar 2019 – XII ZB 499/18 – FamRZ 2019, 818 Rn. 10 mwN; BGHZ GSZ 128, 85 = FamRZ 1995, 349, 350 f.). Daher bemisst sich die Beschwer des zur Auskunft Verpflichteten grundsätzlich nur nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen, zumal die Verpflichtung zur Auskunftserteilung für den Grund des Hauptanspruchs keine Rechtskraft schafft (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Juli 1996 – XII ZB 15/96 – FamRZ 1996, 1543, 1544 und vom 6. Mai 1998 – XII ZB 33/98 – FamRZ 1998, 1577 f.; vgl. auch BGH Beschluss vom 9. November 2011 – IV ZB 23/10 – FamRZ 2012, 216 Rn. 17).

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Etwas anderes gilt allerdings, soweit die Verpflichtung zur Auskunftserteilung mit einer isolierten Feststellung des Trennungszeitpunkts verbunden wird, wobei für die Bemessung der Beschwer dahinstehen kann, ob der Trennungszeitpunkt – was allerdings zweifelhaft ist – ein zwischenfeststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO darstellt (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Februar 2019 – XII ZB 499/18 – FamRZ 2019, 818 Rn. 11 ff. mwN). Eine Feststellung des Trennungszeitpunkts hat das Amtsgericht indessen vorliegend nicht getroffen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die Benennung des Trennungszeitpunkts im Tenor und die Ausführungen des Amtsgerichts zum Trennungszeitpunkt nicht als Zwischenfeststellung des Trennungszeitpunkts gewertet hat. Da vorliegend keiner der Beteiligten eine Feststellung des Trennungszeitpunkts beantragt hatte, bestand keine Veranlassung für die Annahme, das Amtsgericht habe unter Verstoß gegen §§ 112 Nr. 2, 113 Abs. 1 FamFG, 256, 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Zwischenfeststellung treffen wollen. Dass die allein für die Vollstreckungsfähigkeit der Entscheidung erforderliche Benennung der Auskunftszeitpunkte in der Beschlussformel oder in den Entscheidungsgründen im Gegensatz zu einer entsprechenden Feststellung nicht zu einer Erhöhung der Beschwer führt, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats.

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b) Zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen aufzuwendenden Aufwands an Zeit und Kosten für die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können. Der Auskunftspflichtige, der in Abweichung hiervon behauptet, dass ihm dies nicht möglich sei, hat die Gründe hierfür im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juni 2019 – XII ZB 11/19 – FamRZ 2019, 1440 Rn. 8 mwN). Daran fehlt es indessen hier.

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Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller mit der Auskunftserteilung eine berufstypische Leistung erbringen oder einen Verdienstausfall erleiden würde, sind weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. Unabhängig davon, ob man den erforderlichen Zeitaufwand des Antragstellers wie das Beschwerdegericht mit zehn Stunden oder wie der Antragsteller mit 30 Stunden bemisst, ergibt sich daraus entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht, dass es dem Antragsteller nicht zugemutet werden könne, diese Tätigkeit in seiner Freizeit zu erbringen.

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c) Hat die Auskunftsverpflichtung, gegen die sich der Rechtsmittelführer zur Wehr setzt, keinen vollstreckbaren Inhalt, erhöht sich die Beschwer nach ständiger Rechtsprechung des Senats um die mit der Abwehr einer insoweit ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung muss der Auskunftsverpflichtete gewärtigen, dass er in vollem Umfang aus dem erstinstanzlichen Titel in Anspruch genommen wird und sich hiergegen zur Wehr setzen muss. Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, müssen in dem Titel bezeichnet und daher jedenfalls in den Entscheidungsgründen konkretisiert werden. Die vorzulegenden Belege sind im Entscheidungsausspruch so bestimmt zu benennen, dass sie im Falle einer Zwangsvollstreckung vom Gerichtsvollzieher aus den Unterlagen des Auskunftspflichtigen ausgesondert und dem Berechtigten übergeben werden können. Die Unterlagen und die maßgeblichen Zeiträume sind daher im Beschlusstenor konkret zu bezeichnen oder müssen sich jedenfalls unter Heranziehung der Entscheidungsgründe in einem möglichen Vollstreckungsverfahren von dem Vollstreckungsorgan im Wege der Auslegung feststellen lassen (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Juli 2019 – XII ZB 116/19 – FamRZ 2019, 1442 Rn. 13 f. mwN). Der Senat hat dabei wiederholt darauf hingewiesen, dass erst nach Vornahme der gebotenen Auslegung des Titels festgestellt werden kann, ob der Titel einen nicht vollstreckungsfähigen Inhalt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juni 2019 – XII ZB 11/19 – FamRZ 2019, 1440 Rn. 16 mwN).

12

Dass das Beschwerdegericht die titulierten Verpflichtungen als vollstreckungsfähig ausgelegt hat, ist unter Anwendung dieser Grundsätze entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch für die Verpflichtung zur Belegvorlage nicht zu beanstanden. Anders als der Antragsteller meint, hat das Amtsgericht die Belege, die er vorzulegen hat, konkret bezeichnet und nicht etwa diese Bestimmung der Vorlage der Vermögensauskunft des Antragstellers und damit einem erst nach Beschlussfassung eintretenden Ereignis überlassen (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 11. Mai 2016 – XII ZB 12/16 – FamRZ 2016, 1448 Rn. 17 mwN). Auch die Zeiträume beziehungsweise Zeitpunkte, auf die die Belege sich beziehen müssen, sind in dem Titel benannt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 3. Juli 2019 – XII ZB 116/19 – FamRZ 2019, 1442 Rn. 14 mwN).

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d) Die Kosten der Hinzuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können nach ständiger Rechtsprechung des Senats bei der Bemessung der Beschwer nur berücksichtigt werden, wenn und soweit sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist. Dies ist vom Auskunftspflichtigen substantiiert vorzutragen (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 22. Mai 2019 – XII ZB 325/18 – FamRZ 2019, 1340 Rn. 4 mwN und vom 28. Oktober 2015 – XII ZB 524/14 – FamRZ 2016, 116 Rn. 13 mwN).

14

Die Rechtbeschwerde macht dazu lediglich geltend, der Antragsteller müsse sich anwaltlicher Beratung bedienen, sowohl hinsichtlich der Frage, ob er dem Gebot des Familiengerichts überhaupt zu folgen habe, als auch um festzustellen, welche von den ihm vorliegenden Belegen unter die Auskunftsverpflichtung zu subsumieren seien. Dies lässt nicht erkennen, warum der Antragsteller selbst zu einer sachgerechten Auskunft nicht in der Lage sein soll.

15

3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

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