BPatG München 28. Senat, Beschluss vom 12.06.2023, AZ 28 W (pat) 1/20, ECLI:DE:BPatG:2023:120623B28Wpat1.20.0
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2017 032 988.1
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 12. Juni 2023 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie der Richterinnen Uhlmann und Berner
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. April 2019 und vom 30. September 2019 aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass als Anmeldetag des Zeichens 30 2017 032 988.1 der 23. Dezember 2017 gilt.
Gründe
I.
1
Das Zeichen
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2
ist am 19. Dezember 2017 unter der Nummer 30 2017 032 988.1 per Telefax zur Eintragung als Bildmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 25 und 41 ohne Farbangaben angemeldet worden. Am 23. Dezember 2017 ging die Originalanmeldung mit farbiger Markendarstellung – jedoch weiterhin ohne Angabe zu Farben – im DPMA ein.
3
Mit Beschluss vom 11. April 2019 hat die Markenstelle für Klasse 41 des DPMA durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes die Anmeldung vollumfänglich wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Auf die dagegen eingelegte Erinnerung wurde der angefochtene Beschluss am 30. September 2019 teilweise aufgehoben und die Erinnerung hinsichtlich folgender Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen:
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Klasse 9: Musikaufzeichnungen; Compactdiscs und DVDs und sonstige Speichermedien mit musikalischen und/oder visuellen Darbietungen; Herunterladbare Ton- und Bildaufzeichnungen; Audio- und Videoaufzeichnungen mit Musik; Computersoftware im Musikbereich; Über Telekommunikationsnetze, online und über das Internet und das World Wide Web bereitgestellte gespeicherte Musik; Tonaufnahmen, Bilder, Texte, Signale, Software, Informationen, Daten, Fotografien, Illustrationen, digitale Animation, Videoclips, Filmmaterialien und Tondaten; Aufführungsbereite fotografische Filme und Kinofilme; Diapositive; Computer-Software; Elektronische, magnetische und optische Kredit-, Ausweis- und/oder Mitgliedskarten; Brillen, Sonnenbrillen, sowie passende Etuis und Beutel;
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Klasse 16: Druckereierzeugnisse, soweit in Klasse 16 enthalten, insbesondere Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Bücher, Programmhefte, Poster und Plakate, Posterbücher, Sammelalben zum Einkleben; Aufkleber; Abziehbilder; entfernbare Tattoos; Kalender; Postkarten; Grußkarten; Notizkarten; Sammelkarten; Geschenkgutscheine; Autogrammbücher; Banner; Broschüren; Tragetaschen; Kataloge; Zeichnungen (Grafik); Mitgliedskarten für Fanclubs; Mappen; Lehr- und Unterrichtsmittel, ausgenommen Apparate; Papierembleme; Papierfahnen; Verpackungsmaterialien aus Papier; Federetuis; Schreibgeräte; Schreibwaren; Kugelschreiber; Füllfederhalter; Bleistifte; Buntstifte; Fotoalben; Fotografien; Ringordner; Liederbücher; Eintrittskarten;
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Klasse 25: Bekleidung; Schuhwaren; Kopfbedeckungen;
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Klasse 41: Unterhaltung in Form von Live-Musikdarbietungen; Fernseh-, Bühnen- und Theateraufführungen sowie Konzerten; Produktion und Veranstaltung von Live-Musikdarbietungen, Fernseh-, Bühnen- und Theateraufführungen sowie Konzerten; Unterhaltungsdienstleistungen über Internet zu den Themen Musikaufzeichnungen und -darbietungen, Musikvideos, Spielen, Fotografien und anderem Multimediamaterial im Bereich Musik; Fanclubdienste; Veröffentlichung von Musikvideos; Vorverkauf und Vermittlung von Eintrittskarten; Zusammenstellung von Rundfunk- und Fernsehshows sowie -programmen; Produktion von Filmen und Ton- bzw. Videoaufzeichnungen; Veranstaltung und Durchführung von Ausstellungen zu Unterhaltungszwecken; Produktion von Musikaufzeichnungen und vertonten Geschichten.
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Zur Begründung der Teilzurückweisung hat die Markenstelle ausgeführt, dass es sich bei dem Anmeldezeichen um den Namen eines deutschen Bandleaders, Komponisten, Arrangeurs und Musikproduzenten handele und dieser Begriffsgehalt von den angesprochenen allgemeinen Verkehrskreisen auch verstanden werde. Diese würden das in Frage stehende Zeichen hinsichtlich der versagten Waren und Dienstleistungen als Sachhinweis dahingehend verstehen, dass diese Leben und Werk des Künstlers zum Thema haben sowie der Vermarktung seiner Musik dienten. Die zurückgewiesenen Waren „
Bekleidung; Schuhwaren; Kopfbedeckungen und Druckereierzeugnisse, Kugelschreiber“ könnten beispielsweise Merchandisingartikel darstellen und die versagten Waren „
Lehr- und Unterrichtsmittel“ könnten sich mit Leben und Werk des Künstlers James Last befassen. Das Anmeldezeichen sei daher für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen als unmittelbar beschreibend anzusehen. Da es sich bei der grafischen Gestaltung in Form einer gut lesbaren dreidimensionalen Schriftart mit Spiegelung und bräunlicher Umrandung sowie der ausschließlichen Verwendung von Kleinbuchstaben um werbeübliche Gestaltungsformen handele, verleihe diese dem in Frage stehenden Zeichen keine Schutzfähigkeit. Im Übrigen komme mangels ausreichender Angaben der Anmelderin bzw. Beibringung von entsprechenden Unterlagen auch keine Eintragung aufgrund einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG in Betracht.
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Nach Abfassung des Beschlusses vom 30. September 2019 im Erinnerungsverfahren hat die Markenstelle die Anmelderin mit Bescheid vom 8. Oktober 2019 darauf hingewiesen, dass das Anmeldezeichen nur mit den Farben „weiß, schwarz, braun“ eingetragen werden könne, da das Zeichen mit einer entsprechenden farbigen Darstellung eingereicht worden sei. Hierauf teilte die Anmelderin mit an das DPMA gerichteten Schriftsatz vom 11. November 2019 mit, dass das Anmeldezeichen mit den Farben „weiß, schwarz, braun“ eingetragen werden solle. Im Markenregister ist als Anmeldetag der 19. Dezember 2017 vermerkt, mithin der Tag, an dem der Antrag auf Eintragung in schwarz-weiß per Telefax eingegangen war.
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Gegen die teilweise Zurückweisung der Markenanmeldung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 1. November 2019. Auf die gerichtlichen Hinweise mit Schreiben vom 14. September 2021 (unter Beifügung von Recherchebelegen, Anlagen 1 bis 5, Bl. 18 bis 35 d. A.) und 1. März 2023 hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2021 zunächst ihre Beschwerde teilweise zurückgenommen und mit Schriftsatz vom 12. Mai 2023 ihr Warenverzeichnis im Umfang der daraufhin noch beschwerdegegenständlichen Waren wie folgt eingeschränkt:
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Klasse 9: Musiksoftware; Signale, magnetische und optische Kreditkarten; Brillen, Sonnenbrillen, sowie passende Etuis und Beutel;
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Klasse 25: Bekleidung; Schuhwaren; Kopfbedeckungen.
13
Im Übrigen hat sie sich mit einer Verschiebung des Anmeldetages auf den 23. Dezember 2017 einverstanden erklärt.
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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. April 2019 und vom 30. September 2019 aufzuheben.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
17
Die nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig und nach teilweiser Rücknahme der Beschwerde und Einschränkung des verbliebenen Warenverzeichnisses auch begründet.
18
1. Der Anmeldetag für das Anmeldezeichen ist gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 MarkenG auf den 23. Dezember 2017 festzusetzen. Denn erst mit Eingang des farbigen Originals des Anmeldezeichens beim DPMA am 23. Dezember 2017 lag eine Darstellung der Marke vor, die den Mindesterfordernissen nach § 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG entspricht.
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a) Die nach § 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG zum Zeitpunkt des Eingangs der Markenanmeldung im DPMA erforderliche Darstellung der Marke muss erkennen lassen, was nach dem Willen des Anmelders Gegenstand des Schutzes sein soll. Dieses Gebot der Bestimmtheit stellt einen tragenden Grundsatz des registerrechtlichen Markenrechts dar. Was nach dem Willen des Anmelders Schutzgegenstand sein soll, ergibt sich grundsätzlich aus der Darstellung der Marke nach § 8 Abs. 1 MarkenG. Die seit 14. Januar 2019 mit Inkrafttreten des Markenmodernisierungsgesetzes geltende Fassung des § 8 Abs. 1 MarkenG ist anwendbar, da insoweit keine Übergangsregelung gilt.
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b) Die per Faxanmeldung am 19. Dezember 2017 im DPMA eingegangene Darstellung des Anmeldezeichens in schwarz-weiß deutete im Zeitpunkt des Eingangs auf eine schwarz-weiße Marke hin, da die Anmelderin im Feld „Farbangaben zur Markendarstellung“ keine Angaben vorgenommen hat. Ist das unverzüglich nachgereichte Original der Markendarstellung – wie vorliegend am 23. Dezember 2017 beim DPMA eingegangen – dennoch farbig, bestehen zunächst Zweifel in der Bewertung des Eintragungsbegehrens der Anmelderin. Der Antrag ist deshalb auszulegen (§ 133 BGB). Bei Zweifeln in der Bewertung des Eintragungsbegehrens sind sämtliche Umstände zu berücksichtigen, wobei unter Umständen auch erst zum Zeitpunkt der Klarstellung der Markenform bzw. des Gegenstands der Marke eine dem § 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG entsprechende Markendarstellung vorliegen und ein entsprechend späterer Anmeldetag begründet sein kann (vgl. BPatG MarkenR 2009, 569 – Schultütenspitze; Miosga in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage, § 32 Rn. 23).
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Bereits mit der Einreichung als Telefax, das grundsätzlich in schwarz-weiß gehalten ist, hat die Anmelderin die Markenform als „Bildmarke“ benannt. Für eine solche räumen §§ 32 Abs. 3, 65 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 11 Abs. 2 DPMAV dem DPMA ein Ermessen ein, wonach bei Übermittlung durch Telefax das Einreichen des Originals verlangt werden kann. Von diesem Ermessen hat das DPMA durch die Richtlinie für die Prüfung von Markenanmeldungen und für die Registerführung (Richtlinie Markenanmeldungen) insoweit Gebrauch gemacht, als bei einer Anmeldung in Papierform bei allen anderen Markenformen – also auch bei Bildmarken – außer bei Wortmarken und sonstigen Marken, die sich ausschließlich durch Text darstellen lassen, zwingend ein Antrag im Original nachgereicht werden muss (Teil 1, II, 2 Richtlinie Markenanmeldungen).
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Daher lag nach dem Willen der Anmelderin erst mit dem Tag des Eingangs des farbigen Originals eine dem § 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG entsprechende Markendarstellung vor, so dass gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der 23. Dezember 2017 als Anmeldetag anzusehen ist, womit sich die Anmelderin im Übrigen ausdrücklich einverstanden erklärt hat.
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c) Dem steht auch nicht entgegen, dass die Anmelderin die Farben gem. § 8 Abs. 1 Satz 3 MarkenV erst nach entsprechender Aufforderung der Markenstelle mit Schriftsatz vom 11. November 2019 (im DPMA eingegangen am gleichen Tag) benannt hat. Eine dem § 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG genügende Darstellung einer farbigen Marke wird nämlich bereits dann angenommen, wenn zunächst eine farbige Markendarstellung ohne weitere Angaben zur Farbe eingereicht worden ist (BGH GRUR 2004, 683, 684 – Farbige Arzneimittelkapsel). Das Erfordernis der Bezeichnung der Farben nach § 8 Abs. 1 Satz 3 MarkenV stellt kein Mindesterfordernis nach § 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG dar, sondern einen sonstigen Mangel nach § 36 Abs. 4 MarkenG, dessen Beseitigung im Falle des Vorliegens der Darstellung der Marke in Farbe im Laufe des Anmeldeverfahrens ohne (weitere) Verschiebung des Anmeldetags nachgeholt werden kann. Die von der Anmelderin mit Eingabe vom 11. November 2019 genannten Farben weiß, schwarz und braun stehen im Einklang mit der am 23. Dezember 2017 im Original eingereichten Markendarstellung. In der Angabe der Farben vom 11. November 2019 ist daher eine bloße Klarstellung des begehrten Schutzgegenstandes zu sehen, aber keine Änderung der Markendarstellung im Sinne von § 8 Abs. 1 MarkenG.
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2. Der Eintragung des Anmeldezeichens als Marke stehen für die noch beschwerdegegenständlichen Waren „
Musiksoftware; Signale, magnetische und optische Kreditkarten; Brillen, Sonnenbrillen, sowie passende Etuis und Beutel“ der Klasse 9 und „
Bekleidung; Schuhwaren; Kopfbedeckungen“ der Klasse 25 keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere fehlt es dem Zeichen weder an der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, noch handelt es sich um eine freihaltebedürftige Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
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a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rn. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? II, GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2015, 173 Rn. 15 – for you; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; a. a. O. – OUI). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rn. 15 – Pippi Langstrumpf-Marke; a. a. O. Rn. 10 – OUI; a. a. O. Rn. 16 – for you; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).
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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 Rn. 24 – SAT 2; BGH WRP 2014, 449 Rn. 11 – grill meister).
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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86
– Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11
– Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr
– etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? II; GRUR 2016, 934 Rn. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 26 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; a. a. O. Rn. 16 – Gute Laune Drops).
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Personennamen sind wegen ihrer Eignung, den Namensträger individuell zu bezeichnen und damit von anderen Personen zu unterscheiden, ein klassisches Kennzeichenmittel (vgl. BGH GRUR 2018, 301 Rn. 12 – Pippi-Langstrumpf-Marke). Nach der ausdrücklichen Regelung in § 3 Abs. 1 MarkenG sind sie abstrakt markenfähig und unterliegen in gleicher Weise wie sonstige Markenformen der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse. Die Frage, ob ein Personenname herkunftshinweisende Funktion hat, ist daher nach den für sämtliche Marken geltenden – oben aufgeführten – Grundsätzen zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 2004, 946 Rn. 25 – Nichols plc/Registrar of Trade Marks [Nichols]; BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; BPatG, Beschluss vom 06.11.2019, 29 W (pat) 510/17 – Max Schmeling; Beschluss vom 22.04.2020, 29 W (pat) 508/20 – Helmut Rahn; Beschluss vom 13.06.2018, 26 W (pat) 539/17 – Harald Juhnke; BPatG GRUR 2014, 79, 80 – Mark Twain; GRUR 2008, 512, 513 – Ringelnatz).
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Versteht der Verkehr demnach eine Personenbezeichnung lediglich als eine die Waren oder Dienstleistungen beschreibende werbewirksame Aussage, so fehlt es an der für die Unterscheidungskraft erforderlichen Funktion, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; BPatG a. a. O. – Harald Juhnke). Die Auffassung der Verkehrskreise bei der Einordnung eines Personennamens als reines Identifizierungsmittel, als Sachangabe oder als betrieblicher Herkunftshinweis wird durch die jeweilige Warenbranche und das Marktgeschehen innerhalb der in Frage stehenden Branche geprägt (BPatG, Beschluss vom 17.05.2017, 29 W (pat) 77/13 – Georg Meistermann; Beschluss vom 17.02.2017, 29 W (pat) 37/13 – Pippi Langstrumpf; BPatG a. a. O. – Mark Twain; a. a. O. Rn. 23 – Ringelnatz).
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Dabei ist nicht zu differenzieren, ob es sich um den Namen einer in der Öffentlichkeit bekannten und in den Medien häufig genannten – lebenden oder verstorbenen – Person handelt oder einer Person, die keine öffentliche Aufmerksamkeit genießt. Grundsätzlich können die Namen beider Personengruppen als betrieblicher Herkunftshinweis im markenrechtlichen Sinne eingesetzt werden. Bei bekannten Personen ergibt sich jedoch die Besonderheit, dass der Verkehr mit dem Namen nicht nur die Person selbst, sondern regelmäßig auch den Lebenserfolg verbindet, auf dem die Bekanntheit beruht. Bei Schriftstellern, Komponisten, Schauspielern und anderen Kreativen ist dies in der Regel die schöpferische bzw. künstlerische Leistung, bei Sportlern der sportliche Erfolg, bei Fernsehmoderatoren der regelmäßige Auftritt in einer bestimmten Sendung, bei Politikern und Würdenträgern die ausgeübte Funktion. In Abhängigkeit von den jeweiligen Umständen, die der Verkehr über die Person hinaus mit einem Personennamen und den konkreten Waren und Dienstleistungen verbindet, kann der Name daher einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen (BPatG a. a. O. Rn. 25 – Ringelnatz).
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b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das Anmeldezeichen
, weil es für die noch beschwerdegegenständlichen Waren „
Musiksoftware; Signale, magnetische und optische Kreditkarten; Brillen, Sonnenbrillen, sowie passende Etuis und Beutel“ der Klasse 9 und „
Bekleidung; Schuhwaren; Kopfbedeckungen“ der Klasse 25 aus Sicht der angesprochenen breiten inländischen Verkehrskreise zum Anmeldezeitpunkt weder einen im Vordergrund bestehenden beschreibenden Begriffsgehalt aufgewiesen, noch einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen hergestellt hat.
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aa) Die noch beschwerdegegenständlichen Waren richten sich sowohl an den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnitts- bzw. Endverbraucher als auch an den Fachhandel im Bereich Bekleidung, Optiker und Musikschaffende.
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bb) Bei dem Anmeldezeichen handelt es sich um den Künstlernamen des bekannten und berühmten Bandleaders, Komponisten, Arrangeurs und Musikproduzenten Hans Last. Er wurde am 17. April 1929 in Bremen geboren und starb am 9. Juni 2015 in den USA. Während seines Lebens hat er viele Millionen Schallplatten und CDs herausgebracht und Tourneen mit seinem „James Last Orchester“ veranstaltet. Viele seiner Alben erreichten die Hitliste. Er prägte mit seinem 40-köpfigen Orchester den zur Stilrichtung des Easy Listening gehörenden „Happy Sound“ und hatte ab 1965 rund zwei Jahrzehnte lang einen so großen Erfolg, dass er zeitweise für nahezu 30 Prozent der Schallplattenverkäufe von Polydor Deutschland sorgte. Außerdem wurden ihm zahlreiche Auszeichnungen verliehen (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/James_Last). Bei dem angemeldeten Zeichen handelt es sich somit um den Namen einer berühmten Persönlichkeit.
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cc) Namen berühmter (historischer) Persönlichkeiten sind nicht unterscheidungskräftig für die Waren und Dienstleistungen, für die sie gleichzeitig Sachangaben darstellen, wie z. B. „Stresemann“ für eine bestimmte Art von Herrenanzug oder die Namen der Erfinder „Diesel“, „Otto“ oder „WANKEL“ für Motoren (BPatG, Beschluss vom 04.04.2007, 28 W (pat) 103/05 – WANKEL) sowie beispielsweise „Röntgen“ für medizinische Untersuchungsmethoden (vgl. auch Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage, § 8 Rn. 304 m. w. N.). Eine solche Fallgestaltung liegt bei dem beschwerdegegenständlichen Zeichen nicht vor. Denn James Last hat weder einen bestimmten Kleidungsstil oder Brillen geprägt noch Signale oder Musiksoftware erfunden bzw. entworfen, die nach ihm benannt wären und der Beschreibung der Art oder Beschaffenheit der Produkte dienen könnten.
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dd) Zum anderen ist die markenrechtliche Unterscheidungskraft auch abzusprechen, wenn die mit dem Namen bezeichneten Waren und Dienstleistungen einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können, so dass der Verkehr mit dem Namen einen thematischen oder sonstigen sachlichen Bezug zu der betreffenden Person herstellen kann und den Namen deshalb nur als Hinweis auf diese Person, nicht auf die Herkunft der Waren/Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen versteht (BGH GRUR 2008, 1093 Rn. 15 – Marlene-Dietrich-Bildnis; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 306). Die beschwerdegegenständlichen Waren weisen keinen (gedanklichen) Inhalt auf, so dass der Name James Last als Hinweis auf diese ausscheidet. Dies gilt insbesondere auch für die noch beschwerdegegenständliche „
Musiksoftware“ in der Klasse 9. Gerade im Bereich der Print- und elektronischen Medien(träger) handelt es sich um Waren, die neben ihrem Charakter als handelbare Güter und Leistungen auch einen gedanklichen Inhalt aufweisen können. Dies gilt allerdings nicht für „
Musiksoftware“. Denn unter diesem Oberbegriff wird verschiedene
Software zur
Musik-Erzeugung, -Aufnahme, -Nachbearbeitung, -Verbreitung, -Verwaltung und -Wiedergabe zusammengefasst (vgl. Online-Lexikon Wikipedia, Stichwort „Musiksoftware“). Der Begriff „
Musiksoftware“ bezeichnet dabei die verschiedensten Anwendungsbereiche wie Komposition, Arrangieren, Notation, Aufnahme, Produktion, Abmischung, Mastering, Transkription etc. und wird für die technische Erstellung der Inhalte in unterschiedlichen Dateiformaten genutzt. Dabei reicht die Bandbreite vom kostenlosen Freewareprogramm über Open-Source-Programme bis zu herstellergebundener proprietärer Software, mit der jede Art von Musik geschaffen werden kann. Als Dateiformate haben sich in der Musiksoftware die Formate MIDI, Audio (Wave, Aiff, MP3, AAC, Vorbis …) und MusicXML durchgesetzt. Zu den Gattungen von Musiksoftware gehören Sequenzer, Audioeditoren, Audio-Effekte, Software-Synthesizer, Notationssoftware und Kompositionssoftware.
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ee) Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass die noch beschwerdegegenständlichen Waren bestimmte Eigenschaften von James Last aufweisen bzw. dass der Verkehr die Eigenschaften der Person James Last angesichts ihrer Bekanntheit als Synonym für einen bestimmten Charakter versteht und daher mit den Eigenschaften der beschwerdegegenständlichen Waren gleichsetzt (vgl. BGH GRUR 2003, 342, 343 – Winnetou; BPatG, a. a. O. – Max Schmeling; BPatG, a. a. O. – Helmut Rahn; BPatG, Beschluss vom 15.06.2020, 29 W (pat) 21/19 – Fritz Walter). Die angesprochenen Verkehrskreise werden weder annehmen, dass die Waren eine bestimmte Form oder ein bestimmtes Aussehen haben, einer bestimmten Moderichtung entsprechen noch sonst in irgendeiner Weise mit dem Leben, Wirken oder den Eigenschaften von James Last in Verbindung stehen. Die Recherchen des Senats haben keine entsprechenden Anhaltspunkte ergeben. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass Namen berühmter Personen im Bekleidungs- und Brillensektor üblicherweise zur Beschreibung von deren Eigenschaften verwendet werden. Im Bekleidungssektor ist vielmehr der Einsatz von Namen als Marke verbreitet (vgl. Hugo Boss, Calvin Klein, René Lezard etc.). Schließlich werden Vornamen im Bekleidungssektor auch als Modellbezeichnung verwendet und im Einzelfall vom Verkehr als herkunftshinweisende Zweitmarke angesehen (vgl. BGH GRUR 2019, 522 Rn. 41, 52 – SAM). Dies gilt auch für die verfahrensgegenständlichen Waren der Klasse 9 „
Musiksoftware; Signale“. Angesichts der vorgenannten Charakteristika dieser Waren ist zwischen James Last und diesen kein konkret enger Bezug ersichtlich, der sich den beteiligten Verkehrskreisen aufdrängen könnte (vgl. hierzu Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 126).
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ff) Schließlich kann dem Zeichen auch nicht deshalb die Unterscheidungskraft abgesprochen werden, weil es in der Werbung eingesetzt wird, um im Wege des Imagetransfers die Attraktivität der beworbenen Waren und Dienstleistungen zu steigern (vgl. BPatG a. a. O. Rn. 28 – Ringelnatz; a. a. O. – Fritz Walter; a. a. O., Helmut Rahn; a. a. O., Max Schmeling). Der Name „James Last“ erschöpft sich letztlich im Wecken bloßer Assoziationen an den berühmten Musiker und Bandleader. Die angesprochenen Verkehrskreise sind aus zahlreichen Werbekampagnen daran gewöhnt, dass Unternehmen historische Namen oder Namen Prominenter wegen ihrer Medienwirksamkeit als Werbeträger einsetzen, um das Kaufinteresse zu erhöhen (BPatG a. a. O. Rn. 37 – Pippi Langstrumpf). Eine solche Funktion, mithin eine werbliche Wirkung, steht der Annahme hinreichender Unterscheidungskraft aber nicht entgegen. In diesem Zusammenhang kommt es allein darauf an, ob der Verkehr das Zeichen (auch) als Herkunftshinweis für die fraglichen Waren ansieht. Ist dies – wie vorliegend – der Fall, kann die Unterscheidungskraft nicht deshalb verneint werden, weil es gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbemittel aufgefasst wird (vgl. BGH GRUR 2018, 301 Rn. 18 – Pippi-Langstrumpf-Marke, m. w. N.; BGH GRUR 2015, 173 Rn. 29 – for you; GRUR 2014, 872 Rn. 23 – Gute Laune Drops; BPatG GRUR 2012, 1148 – Robert Enke; Beschluss vom 12.03.2002, 33 W (pat) 212/00 – Franz Beckenbauer).
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c) Wegen der fehlenden Eignung des Anmeldezeichens zur unmittelbaren Beschreibung der noch beschwerdegegenständlichen Waren kann auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden.