BPatG München 26. Senat, Beschluss vom 01.06.2023, AZ 26 W (pat) 12/18, ECLI:DE:BPatG:2023:010623B26Wpat12.18.0
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 032 656.1
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2023 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Kätker und Dr. von Hartz
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1
Die Wortfolge
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STONE BREWING
3
ist am 17. November 2016 unter der Nummer 30 2016 032 656.1 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Waren und Dienstleistungen der Klassen 18, 21, 25, 28, 32, 33 und 43 angemeldet worden.
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Mit Beschlüssen vom 8. August 2017 und 20. März 2018, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 32 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise zurückgewiesen, nämlich für Waren und Dienstleistungen der
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Klasse 32: Biere; Ales; Craftbier; aromatisiertes Bier; Schwarzbier; alkoholfreies Bier; Biergetränke; Brauereiprodukte;
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Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung; Verpflegung von Gästen in Restaurants, Bars und Cocktail-Bars.
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Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen setze sich aus den beiden englischen Wörtern „STONE“ für „Stein“ und „BREWING“ für „Bierbrauen, Brautechnik“ zusammen. Als Basiswörter der englischen Sprache müssten sie dem inländischen Durchschnittsverbraucher bekannt sein. Das Wort „brewing“ werde im Deutschen oft unübersetzt verwendet, z. B. im Begriff „Homebrewing“ für das Selbstbrauen von Bier sowie beim Gütesiegel „Slow Brewing“, mit dem deutsche Brauereien ausgezeichnet werden. Die englische Wortfolge könne mit „Steinbrauen“, „Steinbierbrauen“ oder „Steinbrautechnik“ übersetzt werden. Sie weise daher auf eine althergebrachte Technik des Brauens hin, bei der die Würze durch Zugabe von Steinen, z. B. Basaltsteinen, gekocht werde. Die Biere und Brauereiprodukte könnten im Steinbrauverfahren hergestellt und die Verpflegungsdienstleistungen mittels dieser Getränke erbracht werden. In der Craft Beer-Bewegung würden gerne alte Brauverfahren aufgegriffen und neu belebt. Auch in Museen und Ausstellungen zur Braukunde würden alte Brauverfahren demonstriert und die so hergestellten Biere verkauft oder Gäste damit verpflegt.
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Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die kreative und originelle Wortneuschöpfung „STONE BREWING“ sei ein unterscheidungskräftiger Kunstbegriff. Schon das Wort „stone“ sei hochgradig mehrdeutig. Steine dienten als Baumaterial, Werkzeug oder Waffe. Im Alten Testament symbolisiere der Stein Härte, Kraft und Festigkeit. Auch die Anmelderin verwende ihn als Symbol der Stärke, Natürlichkeit und Kraft für ihre Produkte und Dienstleistungen. „BREWING“ bedeute „Brauen“ und umschreibe die Herstellungstechnik eines Getränks. Das Kombinationszeichen „STONE BREWING“ mit der wörtlichen Übersetzung „STElN BRAUEN“ oder „STEIN BRAUWESEN“ sei mangels Zusammenschreibung grammatikalisch unzulässig und daher in syntaktischer Hinsicht ungewöhnlich. Es entstehe der unklare semantische Eindruck, dass „Steine gebraut werden“, was unmöglich sei. Dies verursache einen hohen Analyseaufwand beim maßgeblichen Verkehrskreis, um nach der Übersetzung des Kombinationsbegriffs dessen Syntax zu entschlüsseln und dann eine unmittelbare Verbindung mit den zurückgewiesenen Produkten und Dienstleistungen herzustellen. Weder „Steinbrauen“ noch „Steinbrautechnik“ oder „Steinbier“ seien lexikalisch nachweisbare oder gängige deutsche Begriffe. „STONE BREWING“ werde im Englischen nicht als Fachausdruck für die antike Technik des Steinbierbrauens verwendet. Steinbier werde mit „stone beer“ übersetzt. Da die Verfahrenstechnik des Steinbierbrauens vollkommen veraltet sei, sei auch nicht damit zu rechnen, dass sich dieser Begriff künftig in der deutschen Sprache etablieren werde. Derzeit gebe es nur eine einzige Brauerei in Süddeutschland, nämlich die Brauerei Leikeim in Altenkunstadt, die geringfügige Mengen an Steinbier braue. Zwei weitere Steinbierbrauereien würden seit Jahrzehnten nicht mehr betrieben. Weder dem verständigen Durchschnittsverbraucher noch den Fachkreisen – mit Ausnahme einzelner Spezialisten – sei daher die Technik des Steinbierbrauens, das Produkt des Steinbiers und die einzige verbliebene deutsche Steinbierbrauerei bekannt. In den Nachschlagewerken zu Bier von Lohberg (Das große Lexikon vom Bier, 1998) und Verhoef (Bier – Enzyklopädie, 2001) würden die Begriffe „Steinbier“, „Steinbierbrauen“ und „Steinbrautechnik“ nicht erwähnt. Außerdem komme es allein auf das Verständnis des Durchschnittsverbrauchers an, weil Bier Massenware sei. Soweit dennoch auf den Fachverkehr abzustellen sei, dürften nur Brauer und Mälzer den Begriff „Steinbier“ kennen. Diese seien aber keine Abnehmer der Biere, sondern der Getränkefachhandel. Da das Gericht diesem nicht angehöre, bleibe offen, wie es dessen Verkehrsverständnis ermitteln wolle (BGH, Urt. v. 12.1.2010 – I ZR 82/08 Rdnr. 23). Spezielle Kenntnisse eines kleinen Teils des Getränkefachhandels, etwa der Feinkosthändler seien für die Bewertung unmaßgeblich (BGH GRUR 2013, 631 Rdnr. 65 – AMARULA/Marulablu). Soweit der Senat sich auf Nachweise aus österreichischen Quellen stütze, spreche dies gegen eine Kenntnis der deutschen Fachkreise. Entgegen der Ansicht des DPMA gleiche der technische Vorgang des „Craft Beer-Brauens in seinen Grundlagen dem industriellen Bierbrauen, so dass Craft Beer gerade nicht nach traditionellen Maßstäben produziert werde. Auch die vom DPMA benannten Museen produzierten oder verkauften kein Steinbier, wie eine Nachfrage ergeben habe. Zudem sei die Wortmarke „STEINLAGER“ (1 015 144) für Waren der Klasse 32 eingetragen. Dabei handele es sich nicht um ein nach dem Prinzip des „Steinbierbrauverfahrens“ produziertes Bier.
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Auf die Hinweise des Senats im Schreiben vom 30. September 2019, im Ladungszusatz vom 2. Januar 2020 und in der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2020, jeweils unter Beifügung bzw. Überreichung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 26, Bl. 90 – 130, 154 – 194, 213 – 228 GA) hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 1. September 2020 das Verzeichnis in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 32 wie folgt eingeschränkt:
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Klasse 32: Biere, nämlich Ale, Pale Ale, India Pale Ale, Stout, Porter, Scottish Ale, Altbier, Berliner Weiße, Dubbel, Faro (Bier), Tripel, Braunbier, Dinkelbier, Schwarzbier, Eisbockbier, Export, Gose, Helles Bier, Kölsch, Lager, Weizen, Light Bier, Diätbier, Alkoholfreies Bier, Pilsener, Roggenbier.
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Sie trägt dazu vor, beim Brauen dieser Biersorten spiele die Verwendung heißer Steine bzw. die Technik des „Stein Bierbrauens“ keine Rolle. Verbraucher und Fachkreise unterteilten „Bier“ in eine Vielzahl von Bierstilen bzw. -typen, die sie über Alkoholgehalt, Optik, Stammwürzegehalt, Geschmack, Aroma, Mundgefühl oder Herstellungsverfahren voneinander abgrenzten. Das Brauen von Steinbier geschehe nach einem besonderen Brauverfahren, bei dem der Schritt des Würzekochens entfalle, weil die Maische mittels heißer Steine erhitzt werde. Außerdem werde der Hopfen schon während des Maischens beigefügt. Nach dem Abkühlen kämen die Steine, an denen die Zuckerstoffe der Maische karamellisiert seien, zusammen mit dem Sud in den Gärbottich zur Nachgärung. Nur dieser spezielle Brauprozess führe zu einer Biersorte mit einem charakteristischen malzig-runden Geschmack, der durch Rauch- und Karamellnoten geprägt sei. Steinbier sei goldbraun bis bernsteinfarben und habe einen durchschnittlichen Alkoholgehalt, eine leicht-unterdurchschnittliche Bitterkeit sowie eine durchschnittliche Stammwürze. Die angemeldete Wortfolge „STONE BREWING“ werde von den angesprochenen Verkehrskreisen jedoch nicht mit der Herstellung von Steinbier assoziiert. Aufgrund der üblichen Praxis im englischsprachigen Raum, den Bestandteil „Brewing“ im Brauereinamen zu verwenden, wie z. B. Nebraska Brewing Company oder Oceanside Brewing Company würden sie das Anmeldezeichen in erster Linie als Hinweis auf eine Brauerei namens „STONE BREWING“ verstehen und nicht nur rein beschreibend im Sinne von „Steinbier Brauen“. Dies habe auch die Geschäftsführerin des Verbandes der Diplom Biersommeliers in einer E-Mail vom 11. August 2020 wie folgt bestätigt:
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„Wir können aber aus fachlicher Sicht die Lage so einschätzen, dass tendenziell die meisten Leute in Deutschland und auch in Europa ,Stone Brewing‘ als Marke kennen und nicht mit der Herstellung von Steinbier assoziieren. Dies aber als informelle Einschätzung.“
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Die nunmehr in Klasse 32 beanspruchten Biersorten würden nicht unter Verwendung erhitzter Steine gebraut und wegen abweichenden Geschmacks und anderer Farbe nicht mit Steinbier in Verbindung gebracht. Sie könnten auch gar nicht im Steinbierbrauverfahren hergestellt werden. Sie würden ihre Charakteristika verlieren und nicht mehr in ihre Kategorie fallen. Gerade Fachkreise würden bei ihnen keinen Bezug zum Steinbierbrauverfahren herstellen. Wegen der Einzelheiten zu Herstellungsverfahren, Alkohol- und Stammwürzegehalt, Farbe und Geschmack der einzelnen Biersorten
Ale, Pale Ale, India Pale Ale, Stout, Porter, Altbier, Berliner Weiße, Dubbel, Faro (Bier), Tripel, Dinkelbier, Schwarzbier, Eisbockbier, Export, Gose, Lager und
Pilsener wird auf die Seiten 14 bis 53 des Schriftsatzes vom 1. September 2020 (Bl. 250 – 289 GA) Bezug genommen. Die darin gemachten Ausführungen seien auf die Biersorten „
Scottish Ale, Braunbier, Helles Bier, Kölsch, Weizen, Light Bier, Diätbier, Alkoholfreies Bier, Roggenbier“ übertragbar.
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Auf den Hinweis des Senats vom 3. März 2022, dass dem in Klasse 32 eingeschränkten Verzeichnis das Schutzhindernis der ersichtlichen Täuschungsgefahr entgegenstehe, erwidert die Anmelderin, es sei nicht zu erwarten, dass die nunmehr beanspruchten, gängigen Biersorten als „Steinbier“ hergestellt, vermarktet oder so bezeichnet würden. Soweit der Fachverkehr Steinbier kenne, sei ihm bekannt, dass es sich um einen eigenen Bierstil handele, der nicht auf die angemeldeten Biersorten übertragen werden könne. „STONE BREWING“ sei nicht gleichbedeutend mit „Steinbier“. Da das Brauen von Steinbier eine seltene und fachspezifische Brauweise sei, die nur ein kleiner Kreis ausgewiesener Experten kenne, unterlägen weder Fachhandel noch Gastronomieverkehr einer Fehlvorstellung über die Natur der noch beanspruchten Biere. Das Wort „BREWING“ werde im Zusammenhang mit Personen- oder Ortsnamen zur Bezeichnung einer „Brauerei“ benutzt, wie z. B. bei den Brauereien „Legend Brewing Co.“, „Maui Brewing Co.”, „Pollyanna Brewing & Destining”, „Temescal Brewing”, „Dorchester Brewing“, „Surley Brewing Co.“ oder „Anchor Brewing“. Diese in den USA übliche Kennzeichnungspraxis sei dem deutschen Verkehr mit Blick auf englischsprachige Marken nicht fremd. Jedenfalls sei es naheliegender, dass der deutsche Verbraucher in einer Kennzeichnung mit dem Bestandteil „Brewing“ einen Hinweis auf eine „Brauerei“ erkenne, als dass er hieraus auf die Brauart bzw. die Brauweise schließe. Aufgrund der fremdsprachigen Form einer, in der deutschen Sprache möglicherweise irreführenden Bezeichnung könne eine Irreführungsgefahr nicht begründet werden (BPatG Mitt. 1998, 371 – CRISTALLO). Soweit der Durchschnittsverbraucher das Wort „Brewing“ überhaupt übersetze, werde er dies im Sinne von „Bräu“ oder „Brau“ tun, weil er an diese Begriffe im Zusammenhang mit Bieren gewöhnt sei, nicht aber auf einen Herstellungsprozess schließen. Auch das Wort „STONE“, das als Grundbegriff der englischen Sprache sowohl als Nachname als auch als generischer Markenbegriff, der Härte, Kühle oder Beständigkeit suggerieren soll, dem deutschen Verkehr bekannt sei, werde nicht übersetzt, sondern als „kernige Markenbotschaft“ wahrgenommen. Hinzu komme, dass „Steinbier“ als absolut unübliche, mittelalterliche Form der Braukunst nur einem „sehr kleinen, hochspezialisierten Kreis von Braukundigen, Bier-Sommeliers und studierten Brauexperten“ bekannt sei. Ihm sei aufgrund seiner immens hohen Fachkenntnis aber auch bekannt, dass der Stil des Steinbiers sich auf keine der nunmehr in Klasse 32 angemeldeten Waren anwenden lasse, da diese in komplett unterschiedlichen Verfahren hergestellt würden. Dieser Expertenkreis von wenigen 100 Personen mache zudem nur einen verschwindend geringen Prozentsatz von unter 1 % des Fachverkehrs aus, so dass die in der Literatur angenommene Wesentlichkeitsschwelle des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG von 10 % bis 15 % (BeckOK MarkenR/Albrecht, 28. Ed. 1.1.2022, § 8 Rdnr. 583; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 8 Rdnr. 259) nicht überschritten werde. Selbst wenn die Kenntnis von Steinbier in Fachkreisen verbreiteter wäre, würde nicht ansatzweise die Wesentlichkeitsschwelle von 10 % erreicht. Außerdem täusche sich dieses Fachpublikum nicht, weil ihm „STONE BREWING“ als Marke bekannt sei. Insbesondere in den Vereinigten Staaten von Amerika und in der Craftbeer-Szene in Deutschland genieße die Anmelderin, die S… Company, eine hohe Bekanntheit, weil
sie eine der zehn größten Craft Beer Brauereien in den USA sei. Da „STONE BREWING“ von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht im Sinne von „Steinbier“, sondern als Eigenname verstanden werde, sei die Täuschungsgefahr auch nicht ersichtlich im Sinne des § 37 Abs. 3 MarkenG. Insofern weiche die Sachlage von der „Kombucha“-Entscheidung des BPatG (26 W (pat) 37/01) ab, in der es nicht um die Übersetzung eines Eigennamens gegangen sei. Selbst wenn eine Täuschungsgefahr vorläge, beträfe sie keinen erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise. Missverständnisse einzelner Verbraucher reichten dafür nicht aus (BGH GRUR-RR 2013, 184 – über 400 Jahre Brautradition).
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In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin ergänzend vorgetragen, dass weder der Fachverkehr noch der Durchschnittsverbraucher das Anmeldezeichen übersetzten. Wenn den Fachverkehrskreisen unterstellt werde, dass sie das Steinbierbrauverfahren kennen, dann wüssten sie auch, dass die Anmelderin eine der zehn größten Craft Beer Brauereien in den USA sei, so dass sie gar keine Übersetzung vornähmen, sondern die beanspruchte Wortfolge sofort als Eigenname aus der Kombination des Namens „Stone“ und der US-amerikanischen Bezeichnung für „Brauerei“ auffassten. Hinzu komme, dass nur der kleine Kreis der Bierexperten das Anmeldezeichen richtig zu übersetzen wisse. Dieser wisse aber auch, dass Steinbier ein Nischenprodukt sei, dass nur von sehr wenigen Brauereien produziert werde, so dass die beanspruchte Wortfolge aus deren Sicht nur auf ein bestimmtes Unternehmen hinweise, zumal diesem kleinen Kreis von Brauexperten auch bekannt sei, dass die noch beschwerdegegenständlichen Biersorten nicht im Steinbierbrauverfahren hergestellt werden. Nur wenige Endverbraucher übersetzten das Anmeldezeichen und diejenigen, die es täten, übersetzten „BREWING“ mit dem im Inland geläufigen Begriff „Bräu“ und hielten „STONE“ daher ebenfalls für einen Eigennamen. Auch bei „Grießbräu“ und „Hirschbräu“ gingen diese nicht davon aus, dass das Bier aus Grieß oder Hirschteilen hergestellt werde, sondern dass es sich um vorangestellte Namen handele. Wenn die Verbraucher das Zeichen als Hinweis auf das Steinbierbrauverfahren auffassen sollten, wüssten sie auch, dass es sich nur für bestimmte Biersorten eigne und dass auf den Bieretiketten der Begriff „Steinbier“ verwendet werde. Denn „Steinbier“ sei ein feststehender, eindeutiger Begriff, der auch im englischsprachigen Raum zur Bezeichnung dieser Biersorte benutzt werde und nur zur Erläuterung mit „Stone Beer“ übersetzt werde. Eine Täuschungsgefahr sei ausgeschlossen, weil auch diejenigen Verkehrsteilnehmer, die die Steinbrautechnik kennen, wüssten, dass „BREWING“ für Brauerei stehe.
16
Die Anmelderin beantragt,
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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 des DPMA vom 8. August 2017 und 20. März 2018 aufzuheben.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde hat trotz Einschränkung der beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 32 keinen Erfolg.
20
Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „
STONE BREWING“ als Marke steht für die noch beanspruchten Waren der Klasse 32 das Schutzhindernis der ersichtlichen Täuschungsgefahr gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 4, 37 Abs. 3 MarkenG entgegen, und für die zurückgewiesenen Dienstleistungen der Klasse 43 fehlt ihr die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
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1. Das Anmeldezeichen ist in Bezug auf die noch verfahrensgegenständlichen Produkte der Klasse 32 ersichtlich täuschend.
22
a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen. Die Täuschungseignung muss dabei ersichtlich sein (§ 37 Abs. 3 MarkenG). Dies ist sie dann, wenn sie im Rahmen des registerrechtlichen Verfahrens für die prüfenden Stellen aus den Anmeldeakten unter Zuhilfenahme ihres Fachwissens, des vorhandenen Prüfungs- und Recherchematerials sowie aufgrund von Auskünften der üblichen Informationsquellen ohne weiteres erkennbar ist (BPatG 28 W (pat) 263/07 – ESTABLISHED IN 1900 dt TRADE MARK). Bei der Beurteilung, ob ein solches Schutzhindernis besteht, geht es um die Irreführung durch den Zeicheninhalt und nicht um die Prüfung, ob das Zeichen bei einer besonderen Art der Verwendung im Geschäftsverkehr geeignet sein kann, irreführende Vorstellungen zu erwecken. Dabei wird der Zeicheninhalt im Wesentlichen geprägt durch die Waren oder Dienstleistungen, für die der markenrechtliche Schutz beansprucht wird (BGH GRUR 2002, 540, Juris-Tz. 24 – OMEPRAZOK). Ist für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen eine Markenbenutzung möglich, bei der keine Irreführung des Verkehrs erfolgt, liegt das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG insoweit nicht vor (vgl. BGH GRUR 2017, 186 Rdnr. 21 – Stadtwerke Bremen; a. a. O., Juris-Tz. 25 – OMEPRAZOK). Maßgeblich für die Bejahung oder Verneinung der Täuschungsgefahr ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise im Anmeldezeitpunkt.
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b) Eine solche Täuschungsgefahr hat am 17. November 2016, dem maßgeblichen Anmeldetag, vorgelegen, weil die durch die Bezeichnung „
STONE BREWING“ bei den inländischen Verkehrskreisen hervorgerufene Vorstellung eines im Steinbierbrauverfahren hergestellten Bieres mit dem typischen rauchigen Karamellgeschmack nicht der tatsächlichen Beschaffenheit und Herstellungsweise der im eingeschränkten Verzeichnis aufgeführten Biere der Klasse 32 entspricht. Das Anmeldezeichen hat daher schon am Anmeldetag beim angesprochenen Verkehr den irreführenden Eindruck vermittelt, die damit gekennzeichneten Waren seien mittels Steinbrautechnik produzierte (Stein-)Biere, obwohl sie in einem völlig anderen Verfahren hergestellt worden sind (vgl. auch BPatGE 45, 1, 3 – KOMBUCHA: Bier ohne Zusatz von Kombucha).
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aa) Von den noch beschwerdegegenständlichen Bierprodukten werden breite inländische Verkehrskreise angesprochen, zu denen sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Getränkefachhandel sowie der Gastronomiefachverkehr gehören (vgl. ständige Rspr.: BPatG 26 W (pat) 514/21 – Ei, Ei, Ei, Ei, Ei; 26 W (pat) 56/20 – Brauhaus Garmisch; 26 W (pat) 1/20 – Familienwein; 26 W (pat) 504/19 – Mauerblümchen; 26 W (pat) 508/19 – Ulmer Hell; 26 W (pat) 513/18 – Popcorn; 26 W (pat) 554/18 – HERZBLATT; 26 W (pat) 541/16 – Schwaben Bräu; 27 W (pat) 32/16 – KAISERWIN/Kaiserdom/Kaiserdom Bier; 26 W (pat) 25/14 – Bro Secco; 26 W (pat) 28/12 – Destillationsapparat/Destillationsapparat).
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aaa) Die in Rede stehenden Biere richten sich als Endprodukte an den Durchschnittsverbraucher.
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(1) Dieser ist nicht als eine Gesamtheit tatsächlicher Personen zu verstehen, deren Verständnis möglicherweise empirisch ermittelt werden könnte, sondern eine normative Kunstfigur, die dazu dient, die Interessen der Marktakteure angemessen zu berücksichtigen und in einen Ausgleich zu bringen. Dies ist ohne eine wertende richterliche Beurteilung nicht möglich, so dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die einer Beweiserhebung nicht zugänglich ist.
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(2) Der Senat kann das Verständnis des Durchschnittsverbrauchers selbst feststellen, weil seine Mitglieder zu dem angesprochenen Verkehrskreis gehören. Die Zugehörigkeit der Tatrichter zum für die Beurteilung maßgeblichen Verkehrskreis führt dazu, dass es im Allgemeinen keines durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens zur Ermittlung des Verkehrsverständnisses bedarf (vgl. BGH GRUR 2019, 522 Rdnr. 33 – SAM; 2016, 83 Rdnr. 52 – Amplidect/ampliteq; GRUR 2012, 215 Rdnr. 14 – Zertifizierter Testamentsvollstrecker; BGHZ 194, 314 Rdnr. 32 – Biomineralwasser; Urt. v. 14. Januar 2010 – I ZR 82/08 Juris-Tz. 23 – CCCP; BGHZ 156, 250, 255 – Marktführerschaft).
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bbb) Obwohl Biere zu den Produkten des täglichen Lebens zählen, kommt es entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht allein auf das Verständnis des Durchschnittsverbrauchers an.
29
(1) Denn für die Beurteilung der Frage, ob ein absolutes Schutzhindernis vorliegt, ist nach der maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 682 Rdnr. 23 – 25 – Bostongurka; GRUR 1999, 723 Rdnr. 29 – Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]).
30
(2) Biere und Brauereiprodukte werden auch vom Getränkefachhandel und von Gastronomiebetreibern nachgefragt, weil sie diese Waren selbst einkaufen und für den Weiterverkauf oder die Veräußerung an den Endkunden anbieten.
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(3) Auch bei diesen Fachkreisen kommt es nicht auf das Verständnis einzelner konkreter Personen an, die diesem Kreis zuzurechnen sind, sondern auf den Durchschnittsadressaten, weil auch der Fachverkehr eine normative Kunstfigur darstellt. Auch in diesem Fall hat die tatrichterliche Feststellung eines bestimmten Verkehrsverständnisses stets unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls im Wege einer juristischen Bewertung der auffindbaren Nachweise zu erfolgen (BPatG 25 W (pat) 10/16 – Sallaki; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 8 Rdnr. 49; Ingerl/Rhonke, MarkenG, 4. Aufl., § 14 Rdnr. 455). Das erforderliche Erfahrungswissen kann das Gericht grundsätzlich auch in einem solchen Fall haben (BGH GRUR 2014, 1211 Rdnr. 19 – Runes of Magic II). Denn die eigene Sachkunde kann sich aus der beruflichen Tätigkeit des Richters als Mitglied eines für den gewerblichen Rechtsschutz zuständigen Spezialspruchkörpers ergeben (BGH GRUR 2013, 1052 Rdnr. 29 – Einkaufswagen III; GRUR 1976, 698, 699 – MAHAG). Der hiesige Senat, dem die Leitklasse 32 seit Jahrzehnten zur Entscheidung zugewiesen ist, und dessen Mitglieder seit Jahren mit Brauereiprodukten befasst sind, hat aufgrund seiner besonderen Erfahrung die erforderliche Sachkunde erworben, um das Verkehrsverständnis der vorgenannten Fachkreise selbst beurteilen zu können. Er stützt sich zudem bei der Bestimmung des Verkehrsverständnisses auf umfangreiche Recherchebelege.
32
bb) Die angemeldete Wortfolge „STONE BREWING“ setzt sich aus den englischen Wörtern „STONE“ und „BREWING“ zusammen.
33
aaa) Das Substantiv „Stone“ mit der Bedeutung „Stein“ gehört zum englischen Grundwortschatz (www.dict.leo.org/englisch-deutsch/stone; Weis, Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 2. Aufl. 1977, S. 98) und ist daher auch dem inländischen Durchschnittsverbraucher bekannt (vgl. EuGH GRUR 2018, 89 Rdnr. 113 – PORT CHARLOTTE), dessen englische Sprachkenntnisse auch wegen der Häufigkeit von Reiseaufenthalten in Großbritannien und den USA sowie der Verbreitung der englischen Sprache in der Werbung und im Internet nicht zu gering veranschlagt werden können (BPatG 27 W (pat) 515/17 – cream; 26 W (pat) 501/15 – Fucking awesome). Vorliegend kommt für ein erleichtertes Verständnis hinzu, dass das deutsche Wort „Stein“ nur im Vokal abweicht. Diese Bedeutung ist dem deutschen Verbraucher derart präsent und geläufig, dass er entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht auf die Idee kommt, noch zusätzliche Gedankenschritte vorzunehmen, um zu einer „kernigen Markenbotschaft“ zu gelangen. Als „Stein“ wird eine „feste mineralische Masse (die einen Teil der Erdkruste ausmacht)“ oder ein mehr oder weniger großes Stück davon, das sich in großer Zahl in und auf der Erdoberfläche befindet, bezeichnet (vgl. BPatG 33 W (pat) 188/01 – Art of Stone; https://www.duden.de/rechtschreibung/Stein). Das deutsche Substantiv kann aber auch „Baustein“ bedeuten und stellt die Kurzform für „Schmuckstein“, „Edelstein“, „Grabstein“ oder „Spielstein“ dar. Es kann ferner „hartschaliger Kern der Steinfrucht“ bedeuten. Im Rasenkraftsport wird ein „Quader aus Metall, mit dem beim Steinstoßen gestoßen wird“, als „Stein“ benannt. In der Medizin bezeichnet er ein „Konkrement (z. B. Gallenstein, Nierenstein)“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Stein). In Großbritannien und in den USA ist es ein häufig vorkommender Orts- und Familienname (https://de.wikipedia.org/wiki/Stone_(Familienname); https://de.wikipedia.org/wiki/Stone).
34
bbb) Das englische Wort „Brewing“ wird als Nomen mit „Brauen“, „Bierbrauen“, „Brauereitechnik“, „Brautechnik“ oder „Brauereiwesen“ übersetzt (https://dict.leo.org/englisch-deutsch/brewing; www.linguee.de/deutsch-englisch/search?source=auto&query=brewing; https://en.wikipedia.org/wiki/Brewing). Als Partizip Präsens des englischen Verbs „to brew“ bedeutet es „gärend“, „brodelnd“, „ziehend“, „kochend“, „aufbrühend“ oder „brauend“ https://www.linguee.de/deutsch-englisch/search?source=auto&query=brew; https://dict.leo.org/englisch-deutsch/brew). Wie die Markenstelle bereits festgestellt hat, ist das Wort „brewing“ vor allem im Zusammenhang mit dem Bierbrauen bereits vor dem Anmeldezeitpunkt in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen, wie z. B. im Begriff „Homebrewing“ für das Selbstbrauen von Bier oder beim Gütesiegel „Slow Brewing“, mit dem seit 2011 u. a. deutsche Brauereien ausgezeichnet werden. Dies belegt auch eine weitere, vom Senat durchgeführte und in der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2020 überreichte Internetrecherche (Bl. 213 – 228 GA):
35
– „
HOMEBREWING: Kann jeder, eigentlich. … die Grundlagen des
Homebrewing sind nicht schwer. T. D., leidenschaftliche Hobbybrauerin und Craft Beer Freundin aus Berlin, erklärt sie. (https://www.hopfenhelden.de/craft-beer-homebrewing/);
36
– „Bier selber brauen – Infos, Tipps und Tricks für leidenschaftliche Hobbybrauer und alle, die
Homebrewing einfach mal ausprobieren wollen. …“ (https://www.hopfenhelden.de/tag/bier-selber-brauen/);
37
– „Bier-Brauen auf Knopfdruck … Die Nachfrage nach Craft Beer hält ebenso an wie der Trend zum
Homebrewing. …“ (13. Juli 2016, https://www.falstaff.de/nd/bier-brauen-auf-knopfdruck/);
38
– „
Homebrewer aus Kronesien – J. W. … Bitter! Er war unglaublich bitter. Der erste
Homebrew, den J. W. in Flaschen abfüllte, … fast untrinkbar war. … Als ich dann noch ein Haus mit Terrasse bezog und die
Hombrewer-Szene in Amerika so richtig Fahrt aufnahm, da wurde ich dann mehr und mehr zum
Homebrewer mit Leib und Seele!“ … Mit seiner erfolgreichen
Heimbrauerei will W. nun auch Preise gewinnen. …“ (3.6.2015, https://blog.krones.com/craftbeer/de/homebrewer-aus-kronesien-joerg-wekenborg/;
39
– „Craft Bier – Have Fun (Teil 1 von2) …
Homebrewing – Die Anfänge des Craft Bier Brauens … lagen im
Homebrewing. Daher ist es aus meiner Sicht mehr als legitim, den Craft Bier Blog mit einem Blick auf das
Homebrewing zu starten. … Leider wurde das
Homebrewing in vielen Ländern aber gesetzlich reglementiert bzw. erschwert. …“ (10. April 2013, https://www.craftbierblog.de/craft-bier-have-fun-teil-1-von-2/).
40
Vor diesem Hintergrund allgemein zugänglicher Informationsquellen hat auch der Durchschnittsverbraucher „Brewing“ mit der Tätigkeit „Brauen“, nicht aber mit dem Endprodukt „Bräu“ oder „Brau“ in Verbindung gebracht, wie die Anmelderin meint. Erst recht weiß der inländische Durchschnittsverbraucher nicht, dass es, wie es die Beschwerdeführerin behauptet, in den USA übliche Kennzeichnungspraxis ist, das Wort „Brewing“ im Zusammenhang mit Personen- oder Ortsnamen zur Bezeichnung einer „Brauerei“ zu benutzen. Ebenso wenig ist ihm die Brauerei der US-amerikanischen Anmelderin selbst bekannt. In der Verbindung mit „Brewing“ und im Zusammenhang mit Biersorten wird „STONE“ vom inländischen Verbraucher nicht als Eigenname wahrgenommen.
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cc) Das angemeldete Gesamtzeichen „STONE BREWING“ mit den Bedeutungen „Stein Brauen“, „Stein Bierbrauen“, „Stein Brautechnik“ oder „Stein Brauereitechnik“ ist schon vor dem maßgeblichen Anmeldetag vom angesprochenen Durchschnittsverbraucher und erst recht vom Fachverkehr im Sinne von „Steinbierbrauen“, „Steinbrautechnik“ oder „Stein(bier)brauverfahren“ übersetzt und verstanden worden. Denn aufgrund der Berichterstattung in allgemeinen Medien vor dem maßgeblichen Anmeldezeitpunkt ist das sog. Steinbierbrauverfahren nicht nur den Fachkreisen wieder ins Bewusstsein gebracht, sondern auch einem erheblichen Teil der Endverbraucher bekannt gemacht worden.
42
aaa) Bei der „Brautechnik mit Steinen“ bzw. beim sog. Steinbierbrauen, deren Produkt als „Steinbier“ bezeichnet wird, wird die Maische, auch Würze, vermittels heißer Steine erhitzt. Nach dem Abkühlen kommen die Steine, an denen die Zuckerstoffe der Maische karamellisiert sind, zusammen mit dem Sud in den Gärbottich. Dort wird der an den Steinen karamellisierte Zucker wieder gelöst und anschließend vergoren. Der karamellisierte Zucker führt zu einem malzig-runden Geschmack, der sich gut mit der zart-bitteren Hopfennote des Steinbiers paart. In Zeiten, bevor es feste Metallgefäße und Sudpfannen gab, waren glühende Steine die einzige Möglichkeit, größere Flüssigkeitsmengen zu erhitzen. Noch bis zum 20. Jahrhundert braute man in Kärnten und der Steiermark nach diesem Verfahren. Obwohl die Technik durch die Einführung von Kupferkesseln überflüssig geworden war, wurde sie wegen ihrer Wirkung auf den Geschmack beibehalten (vgl. www.kochwiki.org/wiki/Bier:Steinbier, Anlage 20 zum zweiten gerichtlichen Hinweis; alle im Folgenden genannten Anlagen(konvolute) sind solche zu den Senatshinweisen); https://www.tz.de/muenchen/stadt/tz-serie-geheimnis-steinbiers-451851.html, 23.08.2009, Anlage 22; Jackson, BIER INTERNATIONAL, 1994, S. 239, Anlage 4).
43
bbb) 2007 begann das Familien-Brauhaus Leikeim aus Altenkunstadt in Oberfranken wieder mit der Steinbierherstellung. Über diese Steinbierbrauerei wurde sowohl in der allgemeinen Presse als auch in Foren fachlich interessierter Bierkonsumenten vor dem Anmeldezeitpunkt berichtet:
44
–
Steinbier original des Brauhauses Leikeim“ – Eigentlich wollte ich bei meinem heutigen Kurztrip nach Herzogenaurach mal ein Bier der Brauerei Heller mitbringen. Doch wie ich so durch den Einkaufsmarkt bummle um noch was zu besorgen, kann ich meine Augen nicht von dieser Flasche lösen. Allmächd, was is des. Ein
Steinbier! Das Brauhaus Leikeim braut ja richtig interessante Biere! …“ (https://www.blog-ums-bier.de/2009/05/steinbier-original-des-brauhauses-leikeim/, Mai 2009, Anlage 6);
45
– „tz-Serie: Das Geheimnis des
Steinbiers – Eines der ältesten Brauverfahren der Welt drohte in Vergessenheit zu geraten – im oberfränkischen Altenkunstadt lässt die Brauerei Leikeim es wieder aufleben (https://www.tz.de/muenchen/stadt/tz-serie-geheimnis-steinbiers-451851.html, 23. August 2009, Anlage 22);
46
– „Brauerei Leikeim/Altenkunstadt: Steinbier (Nr. 4) … Last but not least: Der ProBier-Club (www.bierclub.de) wählte das
Steinbier zum Bier des Jahres 2010. Wenn das mal kein Happy-End einer langen Odyssee ist.“, (https://bier-scout.de/brauerei-leikeimaltenkunstadt-steinbier-nr-4/, 13. Januar 2011, Anlage 18);
47
– „Geschaffen durch Feuer und Stein“ … Den Anfang unserer Serie „Auf ein Bier“ über Biere im Landkreis Lichtenfels macht ein Bier aus einer der bekanntesten Brauereien im Landkreis, das
Steinbier des Familienbrauhauses Leikeim in Altenkunstadt (Obermain Tagblatt vom 22. Januar 2016, https://www.obermain.de/lokal/lichtenfels/art2414,386289, Anlage 23);
48
– Am 3. März 2012 zeigte ein Film des Bayerischen Rundfunks unter dem Titel „
Steinbier und Kirschmännla“, wie das
Steinbier dort gebraut wird (vgl. https://www.abseits-bamberg.de/2008/08/steinbier.html, Café Abseits vom 26. August 2008, Anlage 1).
49
ccc) Diese alte Bierbrautechnik ist vor dem Anmeldezeitpunkt, dem 17. November 2016, über die Berichterstattung über die Leikeim-Brauerei hinaus Gegenstand zahlreicher Berichte in allgemein zugänglichen Medien gewesen. Neben den bereits unter aaa) und bbb) genannten Veröffentlichungen (tz-Serie; Obermain Tagblatt; Film des Bayerischen Rundfunks) und Besprechungen fachlich interessierter Bierkonsumenten (www.blog-ums-bier.de; bierscout.de) wird auf die mit Hinweis vom 30. September 2019 und mit Ladungszusatz vom 2. Januar 2020 (Bl. 151 – 153 GA) übersandte Internetrecherche des Senats hingewiesen:
50
– „hallo wollte inhaltlich darauf zurückkommen, daß versucht wird ein „
Steinbier“ zu brauen. …“ (https://hobbybrauer.de/modules.php?name=eBoard&file=viewthread&tid=3997, 20. Dezember 2006, Anlage 25);
51
– „Bier: Handwerk hat goldenen Boden … Aber auch alte deutsche Biersorten wie
Steinbier oder Gose, ein ostdeutsches Sauerbier, so Walthall, wollen sie bald nachbrauen …“ (https://archiv.berliner-zeitung.de/bier-handwerk-hat-goldenen-boden-3196238, 19. Juli 2013, Anlage 21);
52
– „Braunschweiger Studenten brauen zweitbestes Bier der Welt – Mit ihrem
Steinbier errangen zwölf Mitglieder der studentischen Braugruppe „Carl-Wilhelms-Bräu“ den zweiten Platz beim vierten internationalen Brauwettbewerb in Hamburg.“ (https://www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article151164195/Braunschweiger-Studenten-brauen-zweitbestes-Bier-der-Welt.html, 24. September 2013, Anlage 24);
53
– „Bier:
Steinbier … Mit den modernen Braumethoden verschwand das
Steinbier immer mehr, bis in den letzten Jahrzehnten der Trend zu traditionellen Bieren einsetzte, in deren Zug auch das
Steinbier wieder hergestellt wurde. Als Hochburg des
Steinbieres kann man im deutschsprachigen Raum Franken und auch Baden-Württemberg ansehen.“ (https://www.kochwiki.org/wiki/Bier:Steinbier, 30. Januar 2015, Anlage 20);
54
– „Spiel mit dem Feuer: Kärntner
Steinbier“; Rekonstruktion eines Brauverfahrens – Im Gegensatz zum heutigen
Steinbier, bei dem fertige Bierwürze mit glühenden Steinen „gestachelt“ wird, wurde beim historischen Kärntner Steinbier auch die Maische nur mithilfe heißer Steine erhitzt, dafür wurde auf eine anschließende Würzekochung verzichtet. …“ (https://braumagazin.de/article/spiel-mit-dem-feuer-kaerntner-steinbier-rekonstruiert/, Sommer 2016, Anlage 5);
55
– „Die Schleppe Brauerei hat mit ihrer über 400jährigen Geschichte eine lange Brautradition. Seit dem Jahre 1607 wird vor den Toren der Stadt Klagenfurt Schleppe Bier gebraut. In einem Zehentverzeichnis der Pfarre Tultschnig aus dem Jahre 1607 wird das Anwesen „Schleppe“ erstmalig als Brauerei erwähnt. Das Bier, das damals dort gebraut wurde, war – nach Kärntner Gepflogenheit – ein
Steinbier. Das
Steinbier war schon damals Volksgetränk Nummer 1 und in jeder Munde. …“ (http://www.schleppe.at/1607-1827-schleppe.html, 2. August 2016, Anlage 26);
56
– „Brauereifest und Hammerseelauf – Mehr als Bier und Brotzeit … Im Hof der Brauerei war eine mittelalterliche Brauerei aufgebaut. Da packte der erste Braumeister von 1758, Peter Still (Stephan Brauvaricum Kalkbrenner) extra seine mittelalterliche Brauerei aus, um ein besonderes
Steinbier „köcheln“. Zu den Klängen der „Spielleut von Ammenberg“ genossen viele Gäste, die den ganzen Sonntag über den Biergarten gut füllten, am historischen Eck einen Weizenbock. So könnte der bereits 1760 verblichene Braumeister Peter Still, mit seinem Neffen, dem berühmten Pater Barnabas (beide aus Fischbach) im Schlepptau, gebraut haben. Die „Grusligen Hammerschmiedsgselln“ vom Ring der Eisenzeit passten gut dazu. …“ (https://www.onetz.de/bodenwoehr/vermischtes/brauereifest-und-hammerseelauf-mehr-als-bier-und-brotzeit-d1691084.html; 20. August 2016, Anlage 8);
57
– „Der Bier-Rebell – Braumeister Andreas Seufert … Jetzt im September gibt es den „Basaltbock“, ein sogenanntes
Steinbier. Früher waren Sudpfannen aus Holz und konnten nicht direkt beheizt werden. Das
Steinbierverfahren war die einzige Möglichkeit zum Erhitzen des Sudes in Holzgefäßen. Andreas Seufert verwendet dazu Rhöner Basalt, die er über Holzfeuer auf 800°C erhitzt und dann in die Würze lässt, um diese zum Kochen zu bringen. Am heißen Stein karamellisiert der Malzzucker und bildet eine feine Schicht. Bei der Nachgärung und Reifung des Bieres werden die karamellisierten Basalt-Säulen in die Lagertanks gehängt, der Zucker löst sich dann wieder. Das gibt dem Basaltbock dann den typischen, unverwechselbaren Geschmack. …“ (https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/zwischen-spessart-und-karwendel/craft-bier-oberelsbach-100.html, 14. September 2016, Anlage 7).
58
ddd) Hinzu kommt, dass Steinbier vor dem Anmeldezeitpunkt auch vertrieben und beworben worden ist, wie die nachfolgenden mit dem Ladungszusatz vom 2. Januar 2020 übersandten Belege verdeutlichen:
59
– Geschaffen durch Feuer und Stein – Nach einem der ältesten Brauverfahren der Welt wird die Bierwürze durch Zugabe von glühenden Steinen erhitzt. Bei diesem Brauverfahren karamellisiert ein Teil des Malzzuckers und verleiht so unserem Steinbier eine einzigartige Karamelnote. Gebraut nach dem Bayerischen Reinheitsgebot. Einzigartig, karamellig – das
Steinbier von Leikeim (https://www.bierverkostung.de/bier_1485.htm, 27. April 2008, Anlage 17; https://web.archive.org/web/20100711134826/http://www.1000getraenke.de/biertest/leikeim-steinbier-original,3237.html, 11. Juli 2010, Anlage 14; http://www.bierranking.de/index.php/biertests/item/1069-leikeim-steinbier, 12. Februar 2016, Anlage 13);
60
– „… Riesenerfolg für das Brauhaus Gusswerk aus Salzburg! Aus über 200 Bieren wurden mit dem Steinbier, dem Hanfbier und der Horny Betty gleich drei Biere von Braumeister Reinhold Barta ausgezeichnet: das
Steinbier wurde neuer Staatsmeister in der Königsklasse “Lagerbiere”, das Hanfbier gewann den Staatsmeistertitel in der Kategorie “Kreativbiere” knapp vor der Horny Betty auf Platz 2! …“ (https://www.brauhaus-gusswerk.at/tag/steinbier/, 29. Juni 2011, Anlage 11);
61
– „Steel & Oak Brewing and Freigeist Bierkultur Steinbier Lager” (https://beermebc.com/2016/11/06/steel-oak-brewing-and-freigeist-bierkultur-steinbier-lager/, 6. November 2016, Anlage 19).
62
Abgesehen davon, dass die meisten Belege aus Deutschland stammen, bestehen entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keine Bedenken, auch Belege heranzuziehen, die nicht von deutschen Internetseiten stammen. Die österreichischen und internationalen Internetseiten können im Inland aufgerufen werden, sind in deutscher bzw. englischer Sprache gehalten und richten sich auch an den deutschen Verkehr. Aufgrund der immer weiter voranschreitenden Mobilität der Verbraucher und der größeren Internationalisierung des Handels in einem geeinten Europa ist anzunehmen, dass sich der Verkehr auch für Produkte aus dem (deutschsprachigen) grenznahen Ausland interessiert (vgl. BPatG 26 W (pat) 6/15 – Urban Drinks; 26 W (pat) 545/13 – Lust auf Farbe; 33 W (pat) 38/10 – Bimber).
63
dd) Aufgrund der nachgewiesenen Berichterstattung vor dem Anmeldezeitpunkt trifft es entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht zu, dass dieses Brauverfahren nur einzelnen, wenigen Spezialisten bzw. einem „sehr kleinen, hochspezialisierten Kreis von Braukundigen, Bier-Sommeliers und studierten Brauexperten“ bekannt gewesen ist. Vielmehr ist das – wenn auch seltene – Brauverfahren mit historischem Hintergrund durch allgemeine Medienberichte breiten Bevölkerungskreisen nahegebracht worden, so dass einem erheblichen Teil der Endverbraucherkreise ein Verfahren, bei dem Bier in irgendeiner Weise unter Einsatz von Steinen gebraut wird, bekannt gewesen ist. Es muss daher davon ausgegangen, dass auch Durchschnittsverbraucher „STONE BREWING“ nicht als eine Fantasieangabe, sondern als einen im Vordergrund stehenden Sachhinweis darauf wahrgenommen haben, dass beim Brauen der so gekennzeichneten konkreten Biersorten Steine irgendeine Rolle spielen, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall ist, wie die Anmelderin selbst ausgeführt hat. Denn der Durchschnittsverbraucher kennt die genauen Herstellungsprozesse der in Rede stehenden Biersorten nicht und kann deren Brauen mithilfe von Steinen nicht ausschließen. Das Anmeldezeichen eignet sich somit bereits zur Täuschung des objektiv abgrenzbareren Verkehrskreises der Durchschnittsverbraucher.
64
ee) Das Anmeldezeichen vermittelt aber auch dem angesprochenen Fachverkehr, dem das alt hergebrachte Steinbierbrauverfahren erst recht geläufig ist, den Eindruck, es handele sich um Biere, die nach diesem Verfahren gebraut worden sind und über den damit verbundenen durch Rauch- und Karamellnoten geprägten Geschmack verfügen, obwohl dies nicht den Tatsachen entspricht, weil die nunmehr beanspruchten Biersorten ohne Steine und in anderer Weise gebraut werden.
65
aaa) Soweit im „großen Lexikon vom Bier von 1998 von Lohberg und in der „Illustrierten BIER ENZYKLOPÄDIE“ von Verhoef von 2001 die Begriffe „Steinbier“, „Steinbierbrauen“ oder „Steinbrautechnik“ nicht auftauchen, ist dem entgegenzuhalten, dass das Verfahren der Steinbierherstellung in anderen Fachbüchern zu Bier und Braukunst unter dem Begriff „Steinbier(e)“ behandelt und beschrieben worden ist (vgl. Höllhuber/Kaul, Die Biere Deutschlands, 2. Aufl. 1993, S. 143: „… Rauchenfels Steinbier … es wird nämlich mit durch glühende Grauwackensteine erhitztem Sud gebraut. …“, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2020; Kunze, TECHNOLOGIE Brauer & Mälzer, 8. Aufl. 1998, S. 681, Anlage 2; Seidl, BIER – Deutsche und Europäische Braukunst, 1997, S. 49, Anlage 3; Jackson, BIER INTERNATIONAL, 1994, S. 238 f., Anlage 4). Im Übrigen genügt die allgemeine Berichterstattung über das wiederbelebte, historische Brauverfahren vor dem maßgeblichen Anmeldetag erst recht für eine ausreichende Information der Fachkreise.
66
bbb) Damit ist das Anmeldezeichen am 17. November 2016 geeignet gewesen, auch den Fachverkehr über ein wesentliches Kriterium der Beschaffenheit und Herstellungsweise der konkret aufgeführten Biersorten zu täuschen. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Durchschnittsadressat des angesprochenen Getränkefachhandels und des Gastronomiefachverkehrs am Anmeldetag über alle Einzelheiten der verschiedenen Herstellungsverfahren sämtlicher deutscher und ausländischer Biersorten informiert gewesen ist mit der Folge, dass er die Verwendung von Steinen beim Brauvorgang dieser Bierstile sofort und mit Bestimmtheit ausschließt.
67
(1) Das kann, wenn überhaupt, nur von einem sehr kleinen Kreis von Brauexperten erwartet werden.
68
(1.1) Die Studiengänge Brau- und Getränketechnologie oder Brauwesen werden nur an wenigen deutschen Hochschulen angeboten, die jährlich nur etwa 50 Absolventen haben (https://ranking.zeit.de/che/de/studiengang/41057?wt_ref=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F&wt_t=1645885228750).
69
(1.2) Daneben gibt es sog. Bier-Sommeliers, die sich in ein- oder mehrwöchigen Kursen bei Privatanbietern nur ein Grundwissen aneignen, das sie ständig erweitern müssen (https://de.wikipedia.org/wiki/Biersommelier). Der wohl wichtigste Aspekt dieser Kurse ist dabei aber nicht das jeweilige Herstellungsverfahren, sondern vor allem die Sensorikschulung (https://www.stoertebeker.com/was-macht-eigentlich-ein-biersommelier-). Biersommelier ist zudem auch gegenwärtig noch ein relativ junges Berufsbild in Deutschland (https://brauer-bund.de/genuss/biersommeliers/). Zum Anmeldezeitpunkt war die Zahl der deutschen Biersommeliers daher noch sehr überschaubar. Bei der deutschen Meisterschaft nahmen 2017 nur ca. 70 Personen teil (https://welt-der-biere.com/2017/02/15/deutsche-meisterschaft-der-biersommeliers/).
70
(1.3) Die Spezialkenntnisse dieser wenigen Brauexperten können daher nicht dem Durchschnittsadressaten des Getränkefachhandels und Gastronomiefachverkehrs zugerechnet werden.
71
(2) Ferner ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der „craft beer“ – Bewegung, die sich mit handwerklich hergestelltem Spezialbier befasst, auch schon vor dem Anmeldezeitpunkt eine Vielzahl neuer Bierkreationen auf den Markt gelangt war (https://slow-brewing.com/blog_post/internationaler-craft-beer-award-2016/; https://www.herzgebraut.de/en/blog/post/craft-beer-box-januar-2016/), die selbst dem Getränkefachhandel und dem Gastronomiefachverkehr nicht geläufig sein konnten und bei deren Herstellung auch Steine hätten zum Einsatz gekommen sein können.
72
ff) Mit der Täuschung von Durchschnittsverbraucher und Fachverkehr wird die von der Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf die Literatur (BeckOK MarkenR/Albrecht, 28. Ed. 1.1.2022. § 8 Rdnr. 583 = BeckOK MarkenR/Albrecht, 32. Ed. 1.1.2023, § 8 Rdnr. 608 und Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 8 Rdnr. 259 = Ingerl/Rhonke/Nordemann, MarkenG, 4. Aufl., § 8 Rdnr. 259) angenommene Wesentlichkeitsschwelle von 10 % bis 15 % sogar weit überschritten. Im Übrigen
73
reicht es aus, wenn ein erheblicher Teil der angesprochenen Kreise getäuscht wird. Eine quantitative Festlegung ist weder möglich noch erforderlich.
74
c) Die Täuschungseignung ist auch ersichtlich im Sinne von § 37 Abs. 3 MarkenG, weil sie unter Zuhilfenahme des vorliegenden Recherchematerials ohne weiteres erkennbar ist (28 W (pat) 263/07 – ESTABLISHED IN 1900 dt TRADE MARK) und keine Verwendung des Anmeldezeichens in einem sachlichen Zusammenhang mit Bieren denkbar ist, die nicht täuschend wäre (vgl. BPatG 30 W (pat) 246/04 – cashbox; 26 W (pat) 36/01 – KOMBUCHA = BPatGE 45, 1, 3; 30 W (pat) 170/00 – INTERNET schnell & einfach; 30 W (pat) 517/19 – JobDate). Dies gilt auch unter Berücksichtigung einschlägiger Kennzeichnungsgewohnheiten. Bei Bieren werden Angaben auf der Vorder- und Rückseite der Flaschen-, Dosen- oder Fassetiketten angebracht. In jedem Fall wird der angesprochene Verkehr das Anmeldezeichen auf den Etiketten als Hinweis auf eine Brautechnik mit Steinen auffassen. Ein in der angemeldeten Form täuschendes Wortzeichen wird nicht dadurch eintragbar, dass möglicherweise mittels erläuternder Zusätze bei der Benutzung die Irreführungsgefahr ausgeschlossen werden könnte (BPatG 28 W (pat) 546/10 – Catz; 26 W (pat) 37/01 = BPatGE 45, 1, 3 – KOMBUCHA). Selbst wenn es zutreffen sollte, dass auf den Etiketten von Bier, das mittels Steinbrautechnik erzeugt worden ist, regelmäßig der Begriff „Steinbier“ verwendet wird, würde dies von den inländischen Verkehrskreisen nur als übersetzende und/oder wiederholende Erläuterung des Anmeldezeichens aufgefasst, sie aber nicht zur Wahrnehmung der Bezeichnung „STONE BREWING“ als Unternehmenshinweis veranlassen.
75
d) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die angemeldete Wortfolge „STONE BREWING“ zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt nicht einmal vom Fachverkehr als Eigenname verstanden worden, weshalb die Sachlage nicht von der „Kombucha“-Entscheidung des BPatG (26 W (pat) 37/01 = BPatGE 45, 1) abweicht.
76
Denn sie hat nicht nachgewiesen, dass dem inländischen Fachverkehr die Anmelderin selbst, also die S… Company, zum Anmeldezeitpunkt, dem 17. November 2016, bekannt gewesen ist. Der einzige Beleg in Form der nur informellen Einschätzung der Geschäftsführerin des Verbandes der Diplom Biersommeliers in der E-Mail vom 11. August 2020
77
„Wir können aber aus fachlicher Sicht die Lage so einschätzen, dass tendenziell die meisten Leute in Deutschland und auch in Europa,Stone Brewing‘ als Marke kennen und nicht mit der Herstellung von Steinbier assoziieren. Dies aber als informelle Einschätzung.“
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reicht dafür nicht aus. Sie ist keine offizielle Stellungnahme des Verbandes und enthält keine Begründung. Ferner handelt es sich nur um die Kenntnis eines sehr kleinen Kreises von Brauexperten und die Erklärung ist ca. vier Jahre nach dem maßgeblichen Anmeldetag erfolgt. Außerdem liegt nur bei der vollständigen Bezeichnung „Stone Brewing Company“ durch den Zusatz „Company“ ein Hinweis auf eine bestimmte Brauerei nahe, während der angemeldeten Wortfolge dieser Zusatz fehlt. Selbst wenn zutreffen sollte, dass die Beschwerdeführerin eine der zehn größten Craft Beer Brauereien in den USA ist, hat sie eine hohe Bekanntheit im Inland nicht belegt.
79
e) Ein Verständnis als Eigenname aufgrund der besonderen Kennzeichnungsgewohnheiten in den USA, wonach es üblich sei, das Wort „Brewing“ im Brauereinamen zu verwenden, kommt auch aus Sicht des Fachverkehrs nicht in Betracht. Die von der Beschwerdeführerin aufgeführten amerikanischen Brauereinamen, wie z. B. „Nebraska Brewing Company“, „Oceanside Brewing Company“, „Legend Brewing Co.“, „Maui Brewing Co.”, „Pollyanna Brewing & Destining”, „Temescal Brewing”, „Dorchester Brewing“, „Surley Brewing Co.“ oder „Anchor Brewing“ sind vom Aufbau her nicht vergleichbar, weil es sich bei den dem Wort „Brewing“ vorangestellten Personen- und Ortsnamen nicht – wie hier „STONE“ – um eine zweideutige Angabe handelt. Die wenigen Firmenbezeichnungen lassen schon mangels zeitlicher Angaben nicht auf eine allgemeingültige Kennzeichnungsgewohnheit in den USA zum Anmeldezeitpunkt schließen. Ferner lassen sie keine Rückschlüsse darauf zu, dass eine solche zumindest dem angesprochenen Fachverkehr in Deutschland zu diesem Zeitpunkt geläufig gewesen ist.
80
f) Aber selbst wenn der Durchschnittsadressat des Fachverkehrs die angemeldete Wortfolge als Namen einer (bekannten) Brauerei auffasste und/oder das konkrete Herstellungsverfahren eines jeden der nunmehr betroffenen Biersorten kennen würde, änderte dies nichts an der Täuschungsgefahr für den objektiv abgrenzbaren Verkehrskreis des Durchschnittsverbrauchers, dessen Verständnis allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (vgl. für den Fachverkehr: EuGH MarkenR 2013, 110 Rdnr. 71 – Abbott Laboratories/HABM [RESTORE]; GRUR 2010, 534 Rdnr. 30 – Prana Haus/HABM [PRANAHAUS]; GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 682 Rdnr. 26 – Bostongurka; BPatG 26 W (pat) 507/17 – SMART SUSTAINABILITY; 24 W (pat) 18/13 – CID; 26 W (pat) 550/10 – Responsible Furniture; MarkenR 2007, 527, 529 f. – Rapido).
81
g) Das Anmeldezeichen ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht mit der Wortmarke „CRISTALLO“ (BPatG Mitt. 1998, 371) vergleichbar. Dort ist eine Irreführungsgefahr verneint worden, weil das italienische Wort „CRISTALLO“ als Phantasiewort aufgefasst werden könne und der mehrdeutige Begriffsgehalt des deutschen Wortes „Kristall“, geschliffenes Glas oder eine bestimmte, von regelmäßigen Flächen gebildete Form, für die beanspruchten Kunststoffwaren für Haushalt und Küche wegen der weiten Abweichung in ihrer stofflichen Beschaffenheit nicht täuschend wirken könne.
82
h) Auch ohne gesonderten Vortrag oder Nachweise der Anmelderin geht der Senat in Übereinstimmung mit ihr davon aus, dass die Ausführungen über die von der Steinbrautechnik abweichenden Herstellungsprozesse auch für die Waren „
Scottish Ale, Braunbier, Helles Bier, Kölsch, Weizen, Light Bier, Diätbier, Alkoholfreies Bier, Roggenbier“ gelten, so dass auch insoweit aus Sicht der angesprochenen inländischen Verkehrskreise eine ersichtliche Täuschung vorliegt.
83
Aber selbst dann, wenn eine Produktion dieser Biersorten im Steinbierbrauverfahren möglich wäre, wäre zwar eine Täuschungsgefahr gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG zu verneinen, aber es wäre das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) gegeben, weil dann das Anmeldezeichen nur darauf hinweisen würde, dass es sich um (Stein-)Biere handele, die mittels dieser traditionellen Brautechnik produziert worden sind. Damit würde sich die beanspruchte Wortfolge in einer schlagwortartigen Sachaussage über Beschaffenheit und Herstellungsweise der Produkte erschöpfen und nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen wahrgenommen.
84
2. Für die zurückgewiesenen Dienstleistungen der Klasse 43 ist die angemeldete Wortfolge „
STONE BREWING“ nicht unterscheidungskräftig.
85
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932 Rdnr. 7 – #darferdas? I; GRUR 2018, 301 Rdnr. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – Pippi-Lang-strumpf-Marke).
86
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).
87
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 8 – #darferdas? I; GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – Wrigley/HABM [Doublemint]; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).
88
b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das Anmeldezeichen in Bezug auf die versagten „
Dienstleistungen zur Verpflegung; Verpflegung von Gästen in Restaurants, Bars und Cocktail-Bars“ der Klasse 43 nicht. Denn die angesprochenen Verkehrskreise haben ihm schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 17. November 2016, ohne besonderen gedanklichen Aufwand nur eine Sachaussage über deren Gegenstand entnommen, es aber nicht als betrieblichen Herkunftshinweis aufgefasst.
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aa) Die zurückgewiesenen Dienstleistungen aus dem Bereich der Gastronomie richten sich an breite Verkehrskreise (vgl. BPatG 27 W (pat) 533/18 – Outerspacedinner; 27 W (pat) 552/16 – DER POTT KOCHT; 25 W (pat) 514/13 – Wo Genuss entsteht; 27 W (pat) 547/10 – LUNCHHOUSE), nämlich sowohl an den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher als auch an gewerbliche Kunden.
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bb) Im Rahmen dieser Verpflegungsdienstleistungen der Klasse 43 können in einem Steinbrauverfahren produzierte Biere, sog. Steinbiere, angeboten werden.
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cc) Soweit sich die Beschwerdeführerin auf eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit sowohl des Elements „STONE“ als auch des Bestandteils „BREWING“ beruft, steht dem entgegen, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Anmeldezeichen in seiner konkreten Kombination „STONE BREWING“ und im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Verpflegungsdienstleistungen auf Anhieb und ausschließlich als Hinweis auf ein Bier verstehen, das in einem Brauverfahren hergestellt worden ist, bei dem Steine in irgendeiner Weise zum Einsatz kommen. Aber selbst wenn der inländische Fachverkehr „Brewing“ als Hinweis auf eine Brauerei und „STONE“ als Eigenname und/oder das Unternehmen der Anmelderin unter dieser Bezeichnung kennen würde, reicht es für die Verneinung der Unterscheidungskraft aus, wenn das Zeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – Wrigley/HABM [Doublemint]; GRUR 2004, 680 Rdnr. 38 – Campina Melkunie/Benelux-Merkenbureau [BIOMILD]; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT).
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dd) Allein der Umstand, dass die angemeldete Wortfolge „STONE BREWING“ lexikalisch nicht nachweisbar ist, steht der Annahme eines Schutzhindernisses nicht entgegen. Der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen vermittelt werden sollen. Er wird daher auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und damit nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (EuGH Mitt. 2019, 356 – Vermögensmanufaktur; BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress; BPatG 28 W (pat) 33/15 – Traumtomaten).
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ee) Dem Anmeldezeichen fehlt es auch an Besonderheiten in syntaktischer oder semantischer Hinsicht, die eine Schutzfähigkeit begründen könnten (EuGH GRUR 2004, 674 Rdnr. 98 – 100 – Postkantoor; GRUR 2004, 680 Rdnr. 39 – 41 – Campina Melkunie/Benelux-Merkenbureau [BIOMILD]; BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 13 – My World). Auch wenn es sich um eine Wortneuschöpfung handelt, fehlt es an einer ungewöhnlichen Änderung, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt. Sie ist nach deutschem Verständnis sprachüblich gebildet, weil sie dem bekannten Begriff „Homebrewing“ ähnelt. Die angemeldete Kombination beschränkt sich auf die bloße Summenwirkung beschreibender Bestandteile, weil sie im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Verpflegungsdienstleistungen nur schlagwortartig deren Gegenstand charakterisiert, nämlich Biere, die mittels Stein(en) gebraut bzw. im Stein(bier)brauverfahren hergestellt werden. Die getrennte Schreibweise hat lediglich die Funktion eines werbeüblichen Stilmittels, um zusätzliche Aufmerksamkeit zu erregen. Sie besitzt keine kennzeichnende Eigenart und vermag daher nichts
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an dem ausschließlich sachbezogenen Verständnis zu ändern (vgl. BGH GRUR 2003, 963, 965 – AntiVir/AntiVirus; 24 W (pat) 522/16 – MILK BITS; 26 W (pat) 152/09 – Info Network; 25 W (pat) 9/09 – Winter Apfel; 32 W (pat) 20/05 – Der Frauen Versteher). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann aufgrund des vorliegenden Dienstleistungszusammenhangs und mangels Sinnhaftigkeit bei den angesprochenen Verkehrskreisen nicht der unklare semantische Eindruck entstehen, dass „Steine gebraut werden“.
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ff) Die Ausführung der Wortfolge „STONE BREWING“ in Versalien kann ebenfalls keine Schutzfähigkeit begründen, weil der Verkehr an die willkürliche und nicht den grammatikalischen Regeln folgende Groß- und Kleinschreibung von Wörtern in der Werbung gewöhnt ist (BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 20 – VISAGE; BPatG 26 W (pat) 521/20 – FITAMIN; 30 W (pat) 562/17 – TRAVELNEWS; 26 W (pat) 528/17 – EASYQUICK; 24 W (pat) 8/14 – KIDZ ONLY; 30 W (pat) 56/12 – IRLAB; 26 W (pat) 2/09 – LINKRANK).
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3. Da schon die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 4 MarkenG vorliegen, kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zum Anmeldezeitpunkt für die fraglichen Waren und Dienstleistungen freihaltungsbedürftig gewesen ist.
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4. Die von der Anmelderin angeführte Voreintragung rechtfertigt keine andere Entscheidung.
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Die am 9. März 1981 für „Bier, Ale und Porter“ der Klasse 32 erfolgte Eintragung der Wortmarke „STEINLAGER“ (1 015 144) liegt schon mehr als 34 Jahre zurück, so dass ihr noch ein anderes Verkehrsverständnis zugrunde gelegt worden sein dürfte. Hinzu kommt, dass diese Voreintragung vor der Rechtsprechungsänderung durch den EuGH in den Entscheidungen zu „Doublemint” (GRUR 2004, 146 Rdnr. 32) und „BIOMILD” (GRUR 2004, 680 Rdnr. 38 – 42) ergangen ist, wonach ein Wortzeichen schon dann von der Eintragung ausgeschlossen werden kann, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen beschreibt. Vor dieser Rechtsprechungsänderung konnte man die Auffassung vertreten, dass das Wortzeichen „STEINLAGER“ mehrdeutig und daher unterscheidungskräftig ist. Denn es kann eine andere Bezeichnung für „Steinbier“ sein, aber auch ein (Bier-)Lager im Stein, wie z. B. einen Eiskeller, oder ein Lager aus Steinen bezeichnen.
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5. Auch die von der Beschwerdeführerin genannten Beschlüsse des BPatG zu „KS-Bau“ (BPatG 28 W (pat) 35/17 9 und „Urangas“ (BPatG 29 W (pat) 527/13) führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Wegen der Einzelheiten wird auf den gerichtlichen Hinweis vom 3. März 2022 Bezug genommen.
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6. Soweit die Anmelderin mit ihrem Vorbringen, dass sie als eine der zehn größten Craft Beer Brauereien in den USA dort und in der Craftbeer-Szene in Deutschland eine hohe Bekanntheit genieße, Verkehrsdurchsetzung geltend machen sollte, liegen die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vor.
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a) Die Frage, ob eine Marke sich in den beteiligten Verkehrskreisen infolge ihrer Benutzung für die Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat, ist aufgrund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beurteilen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die in Rede stehende Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware damit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 1999, 723 Rdnr. 54 – Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]; GRUR 2014, 776 Rdnr. 40 f. – Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]; BGH GRUR 2016, 1167 Rdnr. 31 – Sparkassen-Rot). Zu berücksichtigen sind dabei der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung, die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern und von anderen Berufsverbänden (EuGH a. a. O. Rdnr. 51 – Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]; a. a. O. Rdnr. 41 – Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]; BGH a. a. O. –Sparkassen-Rot). Wenn die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung besondere Schwierigkeiten aufwirft, kann die Frage der Unterscheidungskraft der Marke durch eine Verbraucherbefragung geklärt werden (EuGH a. a. O. Rdnr. 53 – Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]; BGH a. a. O. Rdnr. 32 – Sparkassen-Rot), die häufig das zuverlässigste Beweismittel zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung ist (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 32 – Sparkassen-Rot; BGH GRUR 2014, 483 Rdnr. 32 – test).
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b) Zu diesen Gesichtspunkten fehlen sowohl hinreichender Vortrag der Beschwerdeführerin als auch Nachweise. Die E-Mail des Verbands der Biersommeliers reicht dafür nicht aus.