Beschluss des BGH 6. Strafsenat vom 08.08.2023, AZ 6 StR 325/23

BGH 6. Strafsenat, Beschluss vom 08.08.2023, AZ 6 StR 325/23, ECLI:DE:BGH:2023:080823B6STR325.23.0

Verfahrensgang

vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 22. März 2023, Az: 5 Ks 107 Js 2029/22

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 22. März 2023 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der Strafausspruch hält revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand.

3

Das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Halbsatz 1 StGB entnommen und einen minder schweren Fall nach Halbsatz 2 der Vorschrift verneint. Es hat zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass es „im zeitlichen Zusammenhang mit der Tat zu Bedrohungen und wenigstens einer Beleidigung durch den Geschädigten unmittelbar vor der Tat“ gegenüber dem Angeklagten kam. Diese Ausführungen lassen besorgen, dass die Strafkammer die Voraussetzungen der ersten Alternative des § 213 StGB nicht geprüft hat, bei deren Vorliegen auch im Rahmen von § 224 StGB die Annahme eines minderschweren Falls regelmäßig geboten erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 – 1 StR 128/16; Beschlüsse vom 20. März 2014 – 2 StR 27/14; vom 19. Juni 2012 – 3 StR 206/12, NStZ-RR 2012, 308; vom 27. März 2012 – 5 StR 103/12, NStZ-RR 2012, 277; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1653). Denn das Landgericht hat dazu nicht erkennbar in den Blick genommen, dass der Geschädigte den Angeklagten nach den Feststellungen „wiederholt und (…) u.a. am Tag vor der Tat“ mit dem Tod bedrohte. Nach den Bekundungen des Zeugen T.        habe der Geschädigte bei dem von ihm begonnenen Streitgespräch unmittelbar vor der Tat gegenüber dem Angeklagten zudem geäußert „Ich stecke meinen Pimmel in dich rein, in deine Leiche und wer weiß dann, wer das noch anschaut.“

4

Das Urteil beruht auf dem Rechtsfehler, weil der Senat nicht ausschließen kann, dass die Strafkammer bei Annahme eines minder schweren Falles auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte. Die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hat Bestand, weil insoweit ein Rechtsfehler nicht ersichtlich ist.

5

2. Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück, weil eine Zuständigkeit der Schwurgerichtskammer nicht mehr besteht.

  • Sander
  • Feilcke
  • Tiemann
  • Fritsche
  • von Schmettau